Die Decke des Tempels von Esna ist fertig restauriert
Die Überreste des südlich von Luxor gelegenen Tempels von Esna im gleichnamigen Ort bergen einen Schatz: viele astronomische Darstellungen, darunter ein farbenprächtiges reliefartiges Deckengemälde. Letzteres wurde in den letzten fünf Jahren sorgfältig restauriert, nun sind die Arbeiten abgeschlossen.
Quelle: Roland Unger, eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Was man heute noch vom Tempel von Esna sieht, ist lediglich die Vorhalle, oder vielmehr der Proanos.
Vom Tempel in Esna hat lediglich die Vorhalle oder der sogenannte Pronaos die Zeit überdauert, allerdings vollständig. Mit einer Läng von 37 Metern, einer Breite von 20 und einer Höhe von 15 Metern sind ihre Masse eindrücklich. Der Sandsteinbau ist unter dem römischen Kaiser Claudius (in den Jahren 41 bis 54) vor das eigentliche Tempelgebäude gesetzt worden und dürfte dieses in den Schatten gestellt haben. Wohl habe die Lage im Stadtzentrum dazu beigetragen, dass die Vorhalle erhalten geblieben und nicht wie andere Gebäude während der Industrialisierung Ägyptens als Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial genutzt worden sei, heisst es in der Medienmitteilung der Universität Tübingen, die den Tempel im Rahmen eines gemeinsamen Projektes mit dem ägyptischen Ministerium für Tourismus und Altertümer zusammen mit ägyptischen Fachleuten restauriert.
Seit neustem sind die Arbeiten an der Decke abgeschlossen: In den letzten fünf Jahren ist sie von 30 Restauratorinnen und Restauratoren unter Leitung der von Ahmed Emam gereinigt worden und hat damit ihre ursprüngliche Farbigkeit zurückerhalten. Sie zeigt Gottheiten, mythologische Figuren und Darstellungen von Sonne, Mond, Sternbildern und unterschiedlichsten astronomischen Konstellationen. Bei den Arbeiten gelangten neben den Farben auch beinahe 200 Tintenaufschriften wieder ans Licht, von denen man zuvor nichts gewusst hatte. Dank ihnen liessen sich laut den Archäologen zahlreiche Darstellungen erstmals identifizieren.
Der Lauf der Sonne, die Mondphasen und der erste Tag des Jahres
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Nach der Reinigung leuchten die Farben wieder: Orion, Sothis - oder Sirius - und Anukis (von links nach rechts). Über ihnen die Himmelsgöttin Nut, die die Abendsonne verschluckt.
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Kaum etwas zu sehen: der Bereich der Decke vor der Restaurierung.
„Die
thematische Breite der Darstellungen unterstreicht die grosse
Bedeutung, die der Astronomie im alten Ägypten zukam“, meint Daniel von
Recklinghausen, Ägyptologe der Universität Tübingen. Die Decke ist in
insgesamt sieben Abschnitte aufgeteilt, die unterschiedlichen Themen
gewidmet wind: Dies gilt zum Beispiel für den täglichen Lauf der Sonne,
die Mondphasen, die verschiedenen Nachtstunden oder auch für den ersten
Tag des neuen Jahres.
Wie von Recklinghausen erklärt, spielt im
zuletzt freigelegten Abschnitt die Darstellung der Gottheiten Orion,
Sothis und Anukis eine wichtige Rolle. Orion steht stellvertretend für
das gleichnamige Sternbild. Neben ihm ist Sothis zu sehen, damit wird im
Altägyptischen das Sternbild Sirius bezeichnet. „Sirius ist im
Jahresverlauf 70 Tage lang am Sternenhimmel unsichtbar, bis er im Osten
wieder aufgeht“, erklärt Christian Leitz vom Institut für Alte Kulturen
des Orients an der Universität Tübingen. „Dieser Zeitpunkt war im alten
Ägypten der Neujahrstag und kündigte zugleich den Beginn der jährlichen
Nilüberschwemmung an.“ Derweil war die Göttin Anukis im Verständnis der
Ägypter verantwortlich für den Rückgang der Nilflut rund 100 Tage später
verantwortlich.
Gelb und Rot in Esna, Weiss und Helblau in Dendara
Laut der Universität Tübingen besitzt Ägypten nun mit der fertig gestellten Restaurierung in Esna “zwei herausragend erhaltene astronomische Decken in Tempeln”. Die andere Decke befindet sich im Tempel von Dendara, rund 60 Kilometer nördlich von Luxor. Allerdings unterscheiden sich die beiden Reliefs stark voneinander: Während in Dendara die Farben Weiss und Hellblau dominieren, sind es im Tempel von Esna Gelb und Rot.
„Mit dem Abschluss der Deckenrestaurierung hat das Projekt sein erstes und vielleicht wichtigstes Etappenziel erreicht“, sagt Leitz. „In den kommenden Jahren wollen wir vor allem die Innenwände des Pronaos sowie die verbleibenden Säulen vom Russ befreien.“ (mgt/mai)
Hier geht es zur Website zum Projekt: https://uni-tuebingen.de/
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Gott mit vier Widderköpfen, nach dem der Schmutz entfernt worden ist.
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Vor der Restaurierung: Ein Gott mit vier Widderköpfen, möglicherweise eine Darstellung des Sonnengottes in der sechsten Tagesstunde.
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Der Südwindes als Löwe mit vier Flügeln und einem Widderkopf - nach der Reinigung.
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Der Südwind als Löwe - vor der Reinigung.
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Auch diese mythologische Figur verbarg sich unter einer Schmutzschicht: eine Schlange mit zwei Menschenköpfen, aus deren Schwanz ein Baum wächst.
Quelle: Ahmed Amin/Ministry of Tourism and Antiquities (MoTA)
Die Schlange mit zwei Menschenköpfen - vor der Reinigung.