12:08 BAUPRAXIS

Platten statt Gitter: Leichtbaumaterialien werden steif wie nie

Teaserbild-Quelle: ETH Zürich/Marc Day

ETH-Wissenschaftler haben eine neue Konstruktionsweise entwickelt, die Leichtbaumaterialien maximale Steifigkeit verleiht. Statt einer herkömmlichen Gitterstruktur verwendeten sie eine Plattenstruktur – und das bei gleichem Gewicht und Volumen.

Der 3D-Druck wird es in Zukunft ermöglichen, Materialien mit äusserst komplexen inneren Strukturen herzustellen. Das ist auch für die Leichtbauweise interessant, lassen sich so doch Materialien mit einem möglichst grossen Anteil an inneren Hohlräumen entwickeln und die gleichzeitig äusserst stabil sind. Doch dafür müssen die inneren Strukturen sehr effizient aufgebaut sein. Wie es in einer Mitteilung der ETH heisst, haben Forscher nun eine neue innere Struktur entwickelt, die Kräfte statt nur aus einer aus allen drei Dimensionen aufnimmt und die gleichzeitig extrem steif ist.

Dafür wichen sie vom Gitterprinzip ab. „Es ist schon sehr alt und wird schon lange bei Fachwerkhäusern, Stahlbrücken und Stahlbrücken wie dem Eiffelturm angewandt“, weiss Dirk Mohr, Professor für numerische Materialmodellierung in der Fertigung und Leiter des Forscherteams. Durch Gitter kann man durchsehen, weshalb sie als optimale Leichtbaustrukturen angesehen werden. Die Wissenschaftler verwendeten stattdessen aber eine Plattenstruktur, wobei Gewicht und Volumen gleich blieben wie beim Gitterprinzip. „Mit Computerberechnungen und experimentellen Messungen konnten wir zeigen, dass Plattenstrukturen bis zu drei Mal steifer sind“, so Mohr. Das gilt übrigens nicht nur für die Steifigkeit (Widerstand gegen elastische Verformung), sondern auch für die Festigkeit (Widerstand gegen irreversible Verformung). Zuerst, so heisst es im Communiqué weiter, haben die Wissenschaftler die Strukturen am Computer entwickelt und dabei ihre Eigenschaften berechnet. Danach stellten sie im 3D-Druck im Mikrometermassstab diese Strukturen aus Kunststoff her.

Ein Gedankenexperiment, um das Prinzip besser zu verstehen: Man stelle sich zwei Würfel mit sehr dünnen Aussenwänden vor. Im ersten dienen über Kreuz angeordnete Gitterstäbe als Verstrebung, im anderen Platten. Gewicht und Materialvolumen sind identisch. Wird auf den Gitter-Würfel von oben Kraft ausgeübt, nimmt einer von drei Gitterstäben sie auf. Die anderen zwei tragen nichts zur Stabilität bei, werden aber benötigt, falls die Kraft von einer anderen Seite einwirkt. Wird auf den Platten-Würfel Kraft ausgeübt, tragen zwei von drei Platten zur Stabilität bei.

Der Zeit voraus

Nun ist es aber derzeit noch so, dass die Herstellung im 3D-Druckverfahren sehr teuer ist. „Stellt man solche Strukturen heute additiv aus Edelstahl her, kosten sie pro Gramm so viel wie Silber“, verdeutlicht Mohr. Der Wissenschaftler ist aber überzeugt: „Sobald additive Fertigungstechnologien für die Massenproduktion bereit sind, wird es zum Durchbruch kommen.“ Den Leichtbau, der heute aus Kostengründen praktisch nur im Flugzeugbau und in der Raumfahrt Anwendung findet, könne dann auch für ein breites Spektrum von Anwendungen genutzt werden, bei denen das Gewicht eine Rolle spielt. „Wenn die Zeit reif ist und Leichtbaumaterialien dereinst im grossen Massstab hergestellt werden, wird man dafür diese Plattenstrukturen verwenden“, so der ETH-Professor. (pd/mt)

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