Pfahlbauten im Thunersee: Fundstücke im Bernischen Historischen Museum
Vor rund 3000 Jahren gab es am Thunersee Pfahlbausiedlungen. Ihre Überreste wurden erst 2015 entdeckt. Mittels Rettungsgrabungen wurden die stark von der Erosion bedrohten Funde dokumentiert und je nach dem geborgen. Ab heute wird eine Auswahl der Funde im Bernischen Historischen Museum in der Ausstellung «Archäologie aktuell. Berner Funde frisch aus dem Boden» präsentiert.
Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Carlos Pinto
Das untere Thunerseebecken mit dem Schloss Schadau im Hintergrund. Der 2020 ausgegrabene Bereich der bronzezeitlichen Fundstelle ist rot umrahmt.
Reste von Pfahlbauten aus der Bronzezeit bekannt. Die Siedlungsreste sind stark von Erosion bedroht, weshalb die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2020 und 2024 Rettungsgrabungen durchführt. Eine Auswahl der schönsten Funde ist ab dem 28. März 2024 in der neuen Ausgabe der Ausstellungsreihe «Archäologie aktuell. Berner Funde frisch aus dem Boden» im Bernischen Historischen Museum (BHM) zu sehen.
Als der Sporttaucher Daniel Rubin dem Archäologischen Dienst des Kantons Bern 2014 eine Tasche voller Bronzeobjekte überreichte, war die Überraschung gross. Rubin hatte er die Gegenstände auf dem Grund des Thunersees gefunden, in der Nähe von Schloss Schadau und damit den ersten Pfahlbaufund im See gemacht. Die Gegenstände, die er zutage gefördert hatte, sind typisch für die späte Bronzezeit. Vergleichbares ist von Seeufersiedlungen des Mittellandes bekannt – bis dahin aber nicht vom Thunersee.
Pfähle, archäologische Schichten und Bronzeobjekte
Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Daniel Steffen
Tauchgrabung in der bronzezeitlichen Fundstelle am Grund des Thunersees. Quadratmeterweise werden die Seesedimente abgetragen, Schichten sowie Pfähle dokumentiert und Funde geborgen.
Schliesslich nahm die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes einen
ersten Augenschein vom Fundort, die Fachleute fanden hier Pfähle,
archäologische Schichten und weitere Bronzeobjekte vor. Untersuchungen
ergaben schliesslich, dass sich die Überreste über eine Fläche von mehr
als 15’000 Quadratmetern oder zwei Fussballfelder erstrecken sowie von
verschiedenen Siedlungen unterschiedlichen Alters stammen – aus der Zeit
von 1600–1550 v. Chr. und von 1050–950 v. Chr. Allerdings leiden die
zum Teil weit über 3000 Jahre alten Zeitzeugen Insbesondere im Bereich
der Schifffahrtsrinne: Sie sind stark von Erosion bedroht. Die
archäologischen Schichten seien komplett zerstört und von den Pfählen
sei meist nur noch die Spitzen erhalten, heisst es dazu in der
Medienmitteilung des BHM.
Tauchgrabungen in der Fahrrinne der Kursschiffe
Um
Siedlungsreste vor der endgültigen Zerstörung zu sichern, führte die
Tauchequipe des Archäologischen Dienstes daher im Jahr 2020 und in
diesem Jahr 2024 Rettungsgrabungen durch. Weil die Fundstelle in der
Fahrrinne der Kursschiffe liegt, ist solches allerdings nur während der
Seeabsenkung möglich. – Die noch verbliebenen Siedlungsreste wurden dazu
unter Wasser von Taucherinnen und Tauchern dokumentiert sowie die
übrigen Funde wie Keramik, Waffen, Werkzeuge und Schmuck aus Bronze
geborgen.
Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Daniel Steffen
Ein Taucher präsentiert eine in der bronzezeitlichen Fundstelle am Grund des Thunersees entdeckte Bronzenadel. Der Fund ist in der Ausstellung «Archäologie aktuell» zu sehen.
Wie aus den 2020 ausgegrabenen und bereits mittels
Dendrochronologie datierten Hauspfähle der älteren Siedlung hervorgeht,
haben die Menschen in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Dörfern um
1590 v. Chr. und um 1550 v. Chr. einst am Thunersee gelebt. Einzelne
Pfahlreihen waren wohl Teil von Umzäunungen oder Palisaden gewesen. Dies
erlaube wertvolle Erkenntnisse über die Lebensweise der damaligen
Menschen am Thunersee, schreibt das BHM.
Im Museum zur Tauchgrabung abtauchen
Ab heute können nun Interessierte im Bernischen Historischen Museum in die Welt der Unterwasserarchäologie eintauchen: Interviews mit Projektbeteiligten geben Einblick in die Tauchgrabungen sowie die Methode der Dendrochronologie. Eine Medienstation ermöglicht zudem eine Wissensvertiefung in diese einzigartige Grabungsweise. Für Unterwasseratmosphäre sorgen zudem Wellenprojekion und eine passende Geräuschkulisse, wie der Mitteilung weiter zu entnehmen ist. Thomas Pauli-Gabi, Archäologe und Direktor des Bernischen Historischen Museums meint dazu: «Wir freuen uns sehr, mit dieser Ausstellung für einmal mitten im Museum quasi unter Wasser abzutauchen und die frischen Funde aus dem Thunersee präsentieren zu dürfen.» (mai/mgt)
Weitere Informationen zur Ausstellung «Archäologie aktuell. Berner Funde frisch aus dem Boden» auf https://www.bhm.ch/de/ausstellungen/aktuelle-ausstellungen
Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner
Bronzezeitliche Funde der Tauchgrabung 2020 im Thunersee. Einige davon sind in der Ausstellung «Archäologie aktuell» zu sehen.