Ökologisches Bauen: Wärmedämmen mit Backsteinen
Seit Jahren werden Gebäudefassaden im Wärmedämmverbundsystem erstellt. Oft kommt es aber zu Kondenswasserbildung. Eine Alternative: Das neue Kismur-Fassadensystem. Es basiert auf zwei Backsteinschalen und erfüllt statische, bauphysikalische und ökologische Anforderungen.
In den letzten Jahren wurden in vielen Kantonen die Energievorschriften für Gebäude verschärft. Der zulässige Verbrauch an Heizöl-Äquivalenten pro Quadratmeter beheizter Fläche und Jahr wurde drastisch gesenkt und liegt etwa 30 Prozent unter den bisherigen Anforderungen. Die effektivste Methode, dieses Ziel zu erreichen, ist eine gute Dämmung der Aussenwände. Die Fassaden von Neubauten wie auch Sanierungsobjekten bestehen zu gut 90 Prozent aus Wärmedämmverbundsystemen (WDVS). Die Dämmplatten oder -lamellen werden dabei mit einem Zementkleber aussen an die Fassade geklebt. Darüber wird eine Armierungsschicht eingeputzt, die als Grundlage für den späteren Aussenputz dient. Das System hat sich bewährt.
Die gut gedämmten Aussenfassaden helfen nicht nur Heizenergie zu sparen, sie wirken sich dabei auch positiv fürs Portemonnaie aus. Und doch sind sie nicht unbedenklich. Denn die Wärmedämmung wird direkt auf die Aussenwand montiert. Oft kommt es an den Kontaktflächen zu Kondenswasserbildung, was bereits nach kurzer Zeit an der Maueroberfläche in Form von Flecken oder Schimmelbildung sichtbar wird.
Zudem sind viele Dämmmaterialien hinsichtlich ihrer ökologischen und gesundheitlichen Wirkung und der Brandgefahr bedenklich. Der Brand des Grenfell Towers in London im letzten Jahr hat die Problematik von Kunststoffisolationen in den Blickpunkt gerückt. Eine Alternative bietet die Keller Vertriebs AG seit diesem Jahr mit dem neuen Kismur-Fassadensystem. Das System der Backsteinfassade wurde gemeinsam mit Forschern der Hochschule Luzern (HSLU) entwickelt.
Quelle: Keller AG Ziegeleien
Das Kismur-Fassadensystem besteht aus einer inneren, 15 Zentimeter starken Swiss-Modul-Tragschale und einer äusseren, 36,5 Zentimeter starken Imbrex Z7-Dämmschale. Durch eine geprüfte Metall-Verbindung mit der Tragschale kann die selbsttragende Dämmschicht einen Teil der Schubkraft übernehmen.
Bewährtes neu kombiniert
Das rein mineralische System besteht aus zwei kombinierten diffusionsoffenen Schalen. Die verwendeten Backsteine sind keine Innovation. Sie werden bereits seit vielen Jahren im Werk der Keller Ziegeleien in Paradies TG hergestellt. Der handelsübliche Grossblockstein und der Swiss Modul werden für das Fassadensystem nur neu kombiniert. Möglich machte diese Weiterentwicklung die Zusammenarbeit mit den Forschern der HSLU. Die Keller Vertriebs AG, die ein Tochterunternehmen der Keller AG Ziegeleien ist, realisieren regelmässig gemeinsam mit Wissenschaftlern und Fachleuten der ETH und Fachhochschulen Projekte im Rahmen von Innosuisse-Forschungsprojekten. Die Schweizer Agentur für Innovationsförderung unterstützt wissenschaftsbasierte Innovationsprojekte zwischen Unternehmen, vor allem KMU, und Forschungspartnern. Das vorangegangene gemeinsame Projekt beschäftigte sich mit dem Thema «Mauerwerk und Ausdruck».
«Wir suchten nach einem neuen System, um besser zu bauen, und das alles mit einer optimalen Sicherheit und Bauphysik, ökologisch, nachhaltig und mit tiefen Lebenszykluskosten», berichtet Mike Pfeiffer, Bereichsleiter Verkauf und Fassaden der Keller Systeme AG. Gleichzeitig sollte das neue Fassadensystem möglichst einfach planbar und gut verbaubar sein sowie den heutigen Anforderungen bezüglich Ökologie, Bauphysik, Brandverhalten und Lebenszykluskosten entsprechen. Weiter ist das Kismur-Fassadensystem prädestiniert für thermische Fassadensanierungen.
«Es gibt bereits viele Systeme auf dem Markt, die sich etabliert haben und sich vor allem auf das Material konzentrieren», berichtet Architekt Uli Herres, Projektleiter des Forschungsteams des Instituts für Technik und Architektur der HSLU. Statt sich auf den einzelnen Baustein zu konzentrieren, suchte das Team aus Ingenieuren, Bauphysiker, Bauökologen und Architekten nach einem konstruktiven Konzept, dass ausschliesslich aus Backsteinen realisierbar ist. Das interdisziplinäre Team traf sich regelmässig und testet neue Ideen bei realitätsnahmen Simulationen im Prüfstand der HSLU.
Harte Schale, luftiger Kern
Ein Ziel der Forscher war es, eine wärmedämmende Backsteinfassade entwickeln, die ganz ohne Kunststoff auskommt. Zudem gab es die Vorgabe, dass die Schweizer Vorschriften betreffend Wärmedämmung eingehalten werden mussten. Nachhaltigkeit stand im Mittelpunkt, der Minergiestandard wurde hingegen bewusst vernachlässigt. 20 Varianten wurden insgesamt getestet. Das Resultat erwies sich als einfach und leicht ausführbar: Der innenliegenden, 15 Zentimeter starken Swiss-Modul-Tragschale wird ein 36,5 Zentimeter starker, sich selbst tragender Imbrex-Z7-Leichtbaubackstein vorgesetzt.
Die Dämmschale wird nicht zur Lastabtragung benötigt, kann aber durch die geprüfte Verbindung mit der Tragschale einen Teil aus Erdbeben entstehender Schubkraft übernehmen. Das Ergebnis ist ein vollständig mineralisches Fassadensystem, das überdurchschnittlich anpassungs- und widerstandsfähig sowie langlebig ist. Alle Systemwerte, Statik, Bauphysik und Ökologie basieren auf Backsteinen aus der Keller-Produktion, diese sind entsprechend nachgewiesen und geprüft. Das Kismur-Fassadensystem ist für den Mehrgeschossbau entwickelt.
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