Neue Nest-Unit «Sprint»: Vom Rückbau zum effizienten Re-Use
Im Empa-Forschungszentrum Nest in Dübendorf startet diese Woche der Bau der neuen Unit «Sprint». Die Büroeinheit soll grösstenteils aus wiederverwendeten Materialien realisiert werden und neue Massstäbe für ein kreislaufgerechtes Bauen setzen.
Quelle: Empa
Die Büroräumlichkeiten der neuen Unit «Sprint» werden auf der untersten Plattform des Nest-Gebäudes in Dübendorf gebaut.
Die Wiederverwendung von Materialien und Bauteilen stellt einen effizienten Ansatz zum Schliessen von Kreisläufen dar und bildet damit eine wesentliche Grundlage für die Erreichung der CO2-Ziele, wie die Empa am Dienstag mitteilt. Doch obwohl das «Re-Use»-Konzept bei Bauprojekten heute bereits Anwendung finde, würden beim Rückbau und der Material-Wiederverwendung Fragen zu Normen und Garantieleistungen aufkommen.
Genau hier soll die neue Nest-Unit «Sprint» ansetzen. Konkret sollen im Projekt möglichst allgemeingültige Lösungen gefunden werden, um die Wiederverwendung von Baumaterialien zu vereinfachen. Hierzu arbeiten verschiedene Akteure aus Forschung, Wirtschaft und Öffentlicher Hand zusammen. Die Empa vereine damit erstmals den Ansatz der Wiederverwendung und die Marktanforderungen des schnellen und flexiblen Bauens, so Enrico Marchesi, Projektverantwortlicher seitens Nest.
Die neue Unit soll aufzeigen, dass diese Bedürfnisse zusammen erfüllt werden können. Dieser Tage findet der Spatenstich am Nest in Dübendorf statt. Die Unit wird auf der untersten Plattform des Forschungszentrums installiert und liefert gemäss Empa «Covid-konforme Büroräumlichkeiten». Die Fertigstellung der Einheit ist für Sommer 2021 vorgesehen.
Ist Re-Use günstiger als Neumaterial?
Das Team hat sich gemäss Mitteilung bereits bei der Planung der «Sprint»-Unit mit dem Re-Use-Prozess und seinen Herausforderungen beschäftigt. So habe sich am Anfang unter anderem die Frage gestellt, welchen Mehrwert wiederverwendetes Material biete und ob es günstiger als Neumaterial sei, wie die Empa weiter mitteilt.
Das Wiederverwenden von Materialien werde oft mit tieferen Kosten assoziiert, erklärt Oliver Seidel vom Baubüro in situ AG. Doch der Mehrwert liegt gemäss dem Architekten und Planer woanders: Das Re-Use-Konzept ist nachhaltiger. Hinsichtlich der Qualität gebe es zudem keine Einbussen. Im Gegenteil: Je nach Material könne man sogar von einem Qualitätszuwachs sprechen.
Die Vorteile bei der Planung eines Rückbaus und der Wiederverwendung von Materialien liegen laut Empa auf der Hand. Unter anderem wird der Bauprozess dynamischer und zeitlich flexibler, weil hierbei die Detailstudie bereits im Vorprojekt beachtet werden muss – also früher als bei den standardmässigen Planungsphasen. Dadurch könnte beispielsweise das Vorhaben definiert und gleichzeitig gebrauchte Materialien gesucht und auf ihre Einsatzfähigkeit geprüft werden.
Ein Design für die einfache Rückgewinnung
Die «Sprint»-Unit folgt gemäss Empa zudem dem sogenannten «Design for Disassembly»-Ansatz. Darunter versteht man ein Design, das bereits den Rückbau mitberücksichtigt sowie eine Bauweise, die zukünftige Änderungen und Demontagen zur Rückgewinnung von Systemen, Komponenten und Materialien erleichtert. Mit dem Ansatz wird sichergestellt, dass Gebäude am Ende ihrer Lebensdauer so effizient wie möglich in einen weiteren Zyklus überführt werden können.
Denn nicht alle heute verbauten Gebäudekomponenten und Materialien lassen sich einfach rückbauen. Umso wichtiger sei es deshalb, dass die heutigen Gebäude so gebaut werden, dass deren Bestandteile wieder in Kreisläufe zurückgeführt werden können, so Kerstin Müller, Geschäftsführerin der Bürobau in situ ag und der Zirkular GmbH. Die Architektin sieht im Re-Use-Konzept eine Chance: Mit der Wiederverwendung könnten lokal Arbeitsplätze geschaffen und ökologische sowie baukulturelle Werte erhalten werden.
Während des Baus und der späteren Nutzung der «Sprint»-Unit werden die Chancen und Herausforderungen des Re-Use-Prozesses fortlaufend dokumentiert und auf der Projekt-Webseite veröffentlicht. Die Büroeinheit beim Nest soll damit dazu beitragen, die Wiederverwendung markttauglicher zu machen. (mgt/pb)