Neue «HiLo»-Unit am Nest eröffnet: Leichtbau und moderne Technik
Am Mittwoch wurde in Dübendorf die neue «HiLo»-Unit am Forschungsgebäude «Nest» von Empa und Eawag eröffnet. Teil der Unit sind unter anderem ein doppelt gekrümmtes Betondach, eine selbstlernende Gebäudetechnik sowie eine adaptive Solarfassade.
Quelle: Roman Keller
Die Unit «HiLo» thront auf der obersten Plattform des Forschungs- und Innovationsgebäudes «Nest» auf dem Empa-Campus in Dübendorf.
Der Name der neuen Unit lautet «HiLo» und steht für «High
Performance – Low Emissions». Das zweistöckige Gebäudemodul verbinde
Bauprinzipien aus dem Mittelalter mit Baumethoden der Zukunft und wurde mit
modernsten Design- und Fabrikationsmethoden geplant und gebaut, teilten die
Empa und die ETH Zürich am Mittwoch mit. Ziel ist es, gemeinsam mit
Industriepartnern Leichtbauweisen zu erproben und sie mit intelligenten, adaptiven
Gebäudesystemen zu kombinieren.
Vor diesem Hintergrund ist unter anderem eine neuartige Leichtbau-Gewölbedecke Teil der neuen Unit, für die sich die Forscher der Block Research Group der ETH um Philippe Block, Professor für Architektur und Tragwerk, von alten Kathedralen-Baumeistern inspirieren liessen. Diese hätten es verstanden, Strukturen zu schaffen, die sich selbst tragen, heisst es in der Mitteilung.
70 Prozent weniger Material für Leichtbau-Decke
Augenfälligstes Element des neuen Gebäudemoduls ist ein doppelt gekrümmtes Betondach. Seine Tragfähigkeit ergibt sich aus der Geometrie und einem zweischaligen Aufbau. So besteht das Dach aus zwei Betonschichten, die durch ein Gitter aus Betonrippen und Stahlanker verbunden sind. Gebaut wurde es mit Hilfe einer flexiblen Schalung aus einem gespannten Seilnetz und einer Membran, auf die der Beton aufgespritzt wurde. Mit dieser Bauweise liessen sich laut Empa und ETH grosse Mengen Beton und Schalungsmaterial einsparen.
Das Ziel, mit möglichst wenig Material auszukommen, setzten sich die Forscher auch für die Zwischenböden im Modul. Dank der gewölbten Rippenstruktur spare die Leichtbau-Deckenkonstruktion von «HiLo» im Vergleich zu herkömmlichen Betondecken mehr als 70 Prozent Material ein. Möglich wird dies durch die intelligente Geometrie der Decken: Das Gewölbe mit Aussteifungsrippen verleiht den dünnen Decken ihre Tragfähigkeit. Die digitalen Fertigungsmethoden der Elemente würden es zudem ermöglichen, Lüftung, Kühlung und Niedertemperatur-Heizung in die gerippte Gewölbedecke zu integrieren und somit weiteres Material und Volumen einzusparen.
Adaptive Solarfassade und selbstlernende Gebäudetechnik
Teil der neuen Unit ist daneben auch eine adaptive Solarfassade, die von der Gruppe um Arno Schlüter, Professor für Architektur und Gebäudesysteme an der ETH, entwickelte wurde. Diese besteht aus 30 Photovoltaik-Modulen, die sich nach der Sonne ausrichten können. Die flexiblen Module lassen sich neben der Stromproduktion auch dafür nutzen, um den Sonneneinfall im dahinterliegenden Raum zu steuern, um etwa passiv zu heizen, oder den Kühlungsbedarf zu senken.
Die Solarfassade ist laut Mitteilung Teil einer Reihe innovativer Komponenten der eingebauten Gebäudetechnik für eine effiziente Regulierung des Raumklimas. Während des Betriebs wird so etwa das Zusammenspiel der einzelnen Technologien unter Einbezug der Benutzer durch die Forscher mittels «Machine Learning» laufend optimiert, um zu untersuchen, wie komfortable Innenraumbedingungen mit möglichst wenig Energie und Emissionen erzielt werden können.
Erprobung unter realen Bedingungen
Mit der neuen Unit wollen die Forscher unter realen Bedingungen erproben, wie der Bau und Betrieb von Gebäuden möglichst energie- und ressourcenschonend gestaltet werden kann, während gleichzeitig eine attraktive Architektur und ein hoher Komfort für die Bewohner gewährleistet wird. «HiLo» ist das mittlerweile achte Modul im Forschungsgebäude auf dem Campus der Empa und Eawag in Dübendorf. (mgt/pb)
Die Empa bietet auf ihrer Webseite eine virtuelle Tour durch die neue Unit an.
Der Bauprozess hinter dem Betondach. (Video: ETH Zürich)
Bilder der fertiggestellten «HiLo»-Unit
Quelle: Roman Keller
Der offene Hauptraum der Unit mit Blick gegen Westen.
Quelle: Roman Keller
Der offene Hauptraum der Unit mit Blick gegen Westen.
Quelle: Roman Keller
Die Hauptstütze der selbsttragenden Dachkonstruktion.
Quelle: Roman Keller
Ansicht aus dem Obergeschoss in Richtung Westen.
Quelle: Roman Keller
Der Büroraum auf der Ostseite mit Blick auf die Adaptive Solarfassade und die Leichtbau-Deckenkonstruktion.
Quelle: ETH Zürich / Architecture and Building Systems
Blick hinter die Wand: Die Unit ist mit dem zentralen Energy-Hub des «Nest»-Gebäudes verbunden.
Quelle: ETH Zürich / Architecture and Building Systems
Die Lüftungsanlage von «HiLo».
Quelle: ETH Zürich / Architecture and Building Systems
Die Nutzer können das Raumklima über ein Tablet steuern.
Bilder vom Bauprozess der «HiLo»-Unit
Quelle: ETH Zürich, Block Research Group / Juney Lee
Als Primärstruktur der Schalung des doppelt gekrümmten «HiLo»-Daches wurde ein gespanntes Kabelnetz verwendet.
Quelle: ETH Zürich, Block Research Group / Juney Lee
Die eigentliche Schalungsschicht lag auf dem Kabelnetz und bestand aus einem dünnen Gewebe.
Quelle: ETH Zürich, Block Research Group / Juney Lee
Die erste Schicht Beton wird auf die Textilschalung gesprüht.
Quelle: Roman Keller
Die fertige doppelt-gekrümmte Dachschale.
Quelle: ETH Zürich, Block Research Group / Stefan Liniger
Die fertige doppelt-gekrümmte Dachschale.
Quelle: ETH Zurich, Block Research Group / Juney Lee
Schalung für die Leichtbau-Gewölbedecke mit Aussteifungsrippen auf der Westseite.
Quelle: ETH Zürich, Architecture and Building Systems / Gearoid Lydon
Bei der Installation der Deckenschalung sind die integrierten Heiz- und Kühlleitungen sichtbar.
Quelle: ETH Zürich, Block Research Group / Juney Lee
Ansicht der Leichtbau-Gewölbedecke mit Aussteifungsrippen nach dem Betonieren.
Quelle: ETH Zürich, Digital Building Technologies / Georgia Chousou
Montage der 3D-gedruckten Schalungsteile für die Leichtbau-Gewölbedecke auf der Ostseite.
Quelle: ETH Zürich, Architecture and Building Systems
Die Installation der adaptiven Solarfassade.