Nachhaltiger Beton dank Kokos, Reis oder Cassava
Die Herstellung von Beton ist energieintensiv und umweltbelastend. Daher untersuchen Wissenschaftler der deutschen Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), ob pflanzliche Reststoffe aus der Landwirtschaft für die Betonherstellung geeignet sind.
Quelle: BAM, Michael Danner
Der Stoff für den «Bio-Beton»: Reisschalen, Asche von Cassava-Schalen, Karroo-Gum und Kokosfasern.
Zementklinker ist ein wesentlicher Bestandteil von Zement, der im Beton als Bindemittel eingesetzt wird. Dessen Produktion bei hohen Temperaturen ist mit hohen Kohlendioxidemissionen verbunden. Daher ist die Reduktion von Zementklinker ein Ansatzpunkt bei der Suche nach nachhaltigem Beton. Doch welche pflanzlichen Stoffe könnten helfen, den Klinker zu ersetzen oder wirksamer zu verwenden? Und welche würden als Basis für chemische oder mineralische Zusatzstoffe garantieren, dass wichtige Eigenschaften des Betons wie das Fliessverhalten, die Festigkeit oder die Dauerhaftigkeit bestehen bleiben?
Nachwachsende Rohstoffe für den Massivbau
«Wir experimentieren unter anderem mit Kokosfasern, Akaziensaft oder Cassava-Schalen und prüfen, wie belastbar der ‹Bio-Beton› im Vergleich zu herkömmlichen Mischungen ist», erklärt Forscher Wolfram Schmidt aus dem BAM-Fachbereich Baustofftechnologie. Anregungen, mit welchen pflanzlichen Stoffen sich das Experimentieren lohnt, ergeben sich oftmals aus Kooperationen mit afrikanischen Kolleginnen und Kollegen. Cassava sei etwa ein Tipp aus Nigeria gewesen. Im westafrikanischen Land gehört die Pflanze, die auch Maniok genannt wird, zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Weltweit ist Nigeria der grösste Cassava-Produzent. Gegessen wird die stärkehaltige Wurzelknolle, als Reststoffe fallen grosse Mengen der Schalen an. Gleichzeitig ist Beton in Nigeria ein stark nachgefragter Baustoff, für dessen Herstellung leicht verfügbare Rohstoffe gesucht werden.
Aus den Cassava-Schalen lässt sich die anhaftende Reststärke gewinnen. Wird diese als Zusatzmittel für den Beton verwendet, verbessert sich dessen Verarbeitungseigenschaften. Der Zement kann wirksamer genutzt werden. Werden danach die Schalen der Wurzelknollen verbrannt, kann diese Asche aufgrund ihres hohen Anteils an reaktivem Siliziumdioxid als nachhaltiger Zementersatz verwendet werden. Das verbessert die Ökobilanz dieses «Bio-Betons» im Vergleich zu herkömmlichem Beton. Aus bisher ungenutzten Ressourcen lassen sich so gleichzeitig chemische Zusatzmittel und mineralische Zementersatzstoffe gewinnen. Die Nutzung der Cassava-Schalen bringt aber noch einen weiteren Pluspunkt: Die Verbrennungsenergie bei der Ascheproduktion kann beispielsweise für die Ziegelherstellung genutzt werden.
Von Afrika lernen
In Deutschland wächst zwar kein Cassava, aber auch hier und in anderen westlichen Ländern ist die Bauwirtschaft auf der Suche nach neuen, möglichst nachhaltigen Rohstoffen für die Betonproduktion. «Aus unserer Grundlagenforschung und den Erfahrungen, die wir bei der Zusammenarbeit mit unseren afrikanischen Partnern sammeln, werden wir einiges auf die Gegebenheiten in hochtechnisierten Ländern übertragen können», ist sich Schmidt sicher. Vielleicht ersetzen dann in der Zukunft pflanzliche Komponenten die chemischen Zusatzstoffe im Hochleistungsbeton. Die nachhaltige Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe in der Bauwirtschaft wäre nicht nur ein Beitrag zum Umweltschutz, sondern auch eine mögliche zusätzliche Einkommensquelle für die Landwirte. (pd/gd)