Luzern: Bauarbeiten haben die Felssturzgefahr im Gebiet Gütsch nicht ausgelöst
Im Gebiet Gütsch droht ein 13’000 Tonnen schwerer Felsbrocken abzubrechen. Dies hat jedoch nichts mit den Bauarbeiten beim Schlössli Schönegg zu tun, wie heute an einer Medienorientierung der Stadt Luzern zu erfahren war. Die im Fels festgestellte Kluft sei viel mehr ein «Kind der Eiszeit».
Wie Geologe Beat Keller an der Medienorientierung von heute vormittag erklärte, kommen Spalten und Kluften wie diese in der Region Luzern immer wieder vor. Sie sind laut dem Experten in der Eiszei entstanden, als sich der Reussgletscher zurückbildete. Durch Glück habe man die Kluft aber während der Bauarbeiten Mitte August entdecken können.
Bei der Beurteilung des 13'000 Tonnen schweren Felsbrockens stellte sich heraus, dass dieser sehr sensitiv auf Veränderungen reagiert. In der Folge stellte man die Bauarbeiten beim Schlössli ein und installierte als Sofortmassnahme ein automatisiertes Alarmsystem. Gestern zeigten neue Analysen, dass sich die Felsmasse jederzeit ohne Vorwarnung lösen könnte. In der direkten Gefahrenzone liegen der Gütschweg, das SBB-Portal des Gütschtunnels, talseitige Parkplätze sowie das Schlössli Schönegg. Dieses drohe zwar nicht hinabzustürzen, sondern lediglich beschädigt zu werden, hiess es.
Auch Notschlafstelle und vier Wohnhäuser sind bedroht
Ebenfalls bedroht sind auch die Notschlafstelle sowie vier Wohnhäuser. Laut Keller sind jedoch nur die bergseitig liegenden Wohnungen gefährdet. - Die Stadt informierte einen Grossteil der Anwohner an einer Veranstaltung gestern Abend über die Gefahr. Die Anwohner, die nicht erreicht werden konnten, sollen im Laufe des heutigen Tages informiert werden. Ihnen wird der permanente Aufenthalt in ihren Wohnungen verboten. Wie viele Anwohner genau betroffen sind, ist laut Keller unklar. Es handle sich um schätzungsweise 20 bis 25 Personen.
Als Sofortmassnahme werden am Freitagnachmittag Stahlpalisaden mit einem Helikopter eingeflogen, erklärte Beda Müller, Bereichsleiter Siedlungsentwässerung und Naturgefahren der Stadt Luzern. Diese sollen die Gefahr reduzieren und das Schadenspotential im Ereignisfall mildern. Die langfristigen Felssicherungsmassnahmen starten Ende diesen Monats und dauern laut Keller voraussichtlich bis Ende Jahr. Konkret soll die absturzgefährdete Felspartie mit verankerten Betonriegel und Spritzbetonwänden gesichert werden. Zusätzlich ist vorgesehen, sie mit einem Bodennetz abzudecken. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 1,6 Millionen Franken.
Bei Gefahr Sperrung der SBB-Bahnlinie beim Gütschtunnel
Weil die Umsetzung der Massnahmen dennoch einige Zeit beansprucht, wurde ein Alarmierungskonzept für den Ereignisfall erarbeitet: Mit dem Überwachungs- und Alarmsystem werden Bewegungen der Felsmasse gemessen. Werden kritische Bewegungen wahrgenommen, wird ein Alarm ausgelöst und die Anwohner werden mit Warnleuchten und -hörnern gewarnt. Derweil wird in einem Ereignisfall die SBB-Bahnlinie beim Gütschtunnel automatisch gesperrt. Bei dieser handelt es sich um die
Hauptzufahrt zum Bahnhof Luzern. Wie die SBB gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone SDA erklärten, beobachtet man die Lage genau und ist in engem Austausch mit den zuständigen Stellen bei der Stadt Luzern. Laut SBB existieren Ersatz-Konzepte für den Bahnhof Luzern, die bei Bedarf an die Situation angepasst und umgesetzt werden könnten.
Letztmals herrschte im Gebiet Gütsch beim Sagenmattquartier Felssturzgefahr im Januar 2016: Eine rund 20 Meter hohe Felspartie sei innert weniger Stunden rund 1,5 Millimeter in Bewegung geraten, hiess es damals. Es bestand die Gefahr, dass sich ein Felsbrocken lösen und auf die Siedlung niedergehen könnte. Sicherheitshalber wurden daher 125 Bewohner eines Wohnblockes evakuiert. Laut Keller hätte die damalige Situation jedoch nichts mit der Situation heute zu tun. (sda/mai)