Klimawandel macht das Holz leichter
Im Zuge der steigenden Temperaturen wird Holz weniger dicht und leichter. Damit sinkt seine Stabilität und sein Brennwert. Dies haben Wissenschaftler der TU München bei der Analyse von Holzproben aus den letzten knapp 150 Jahren herausgefunden.
Quelle: wiol5, Pixabay
Buchen gehören ebenfalls zu den Bäumen, deren Holz weniger dicht und damit leichter geworden ist.
Für die Studie hat das Team um Hans Pretzsch, Professor für Waldwachstumskunde der TU München (TUM) insgesamt über 30‘000 Holzproben von mehreren hundert Bäumen untersucht und jeden einzelnen Jahresring mit Hilfe eines Hightech-Verfahrens untersucht. Dies geschah über eine Hochfrequenzsonde, die jede Probe in Hundertstelmillimeterschritten abtasten kann. „Damit messen wir das spezifische Gewicht des Holzes in einer Genauigkeit und Auflösung, die bis vor Kurzem nicht denkbar war“, erklärt Pretzsch. Die Proben stammen laut TU München von den ältesten Waldversuchsflächen Europas und beinhalten gängige europäische Baumarten, wie Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen. „Wir kennen die Geschichte jeder einzelnen Fläche, jedes einzelnen Baumes, sehr genau“, führt Pretzsch aus. So konnte sein Team ausschliessen, dass die Ergebnisse davon beeinflusst sind, dass ein Wald oder vielmehr der Standort der Bäume heute anders als vor hundert Jahren bewirtschaftet wird.
Bis zu zwölf Prozent leichter
Die Untersuchungen zeigten, dass das jährlich wachsende Holz seit 1900 um acht bis zwölf Prozent leichter geworden ist. Derweil hat sich das Volumenwachstum der Bäume im selben Zeitraum in Mitteleuropa um 29 bis hundert Prozent beschleunigt. Das heisst: Heute wird ein höheres Holzvolumen produziert, allerdings weist dieses heute eine geringere Substanz auf als noch vor einigen Jahrzehnten. „Vielleicht mutmassen nun manche, dass das schnellere Wachstum an sich schon die Ursache für unsere Beobachtungen sein könnte“, sagt Peter Biber, Mitautor der Studie. Bei manchen Baumarten sei es tatsächlich so, dass breitere Jahresringe tendenziell auch leichteres Holz hätten. „Diesen Effekt haben wir aber berücksichtigt. Die Abnahme der Holzdichte, von der wir jedoch sprechen, hat andere Ursachen.“
Die Ursachen sehen Pretzsch und sein Team im langfristigen Temperaturanstieg, hervorgerufen durch den Klimawandel und der damit zusammenhängenden Verlängerung der Vegetationszeit. Aber auch in den Stickstoffeinträgen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie. Darauf deuten für Fachleute etliche Details hin, etwa ein Rückgang der Spätholzdichte und eine Zunahme des Frühholzanteils in den Jahresringen.
Entscheidend für Holzbau und energetische Nutzung
Leichteres Holz ist weniger stabil und sein Brennwert ist geringer. Dies ist für zahlreiche Verwendungen entscheidend, vom Holzbau bis zur energetischen Nutzung. Ist das Holz lebender Bäume weniger stabil, erhöht sich so das Risiko von Wind- und Schneebruch in Wäldern.
Als wichtigstes Ergebnis der Studie für Praxis und Politik erachten die Wissenschaftler, dass sie zeigt, dass die aktuelle klimawirksame Kohlenstoffbindung der Wälder überschätzt wird, wenn sie mit den bislang üblichen, veralteten Holzdichten berechnet wird. „Immer noch führt das beschleunigte Wachstum auch zu einem Mehr an Kohlenstoffbindung“, sagt Pretzsch. „Auf die Wälder von Mitteleuropa hochgerechnet liegt aber die traditionelle Schätzung um zehn Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr zu hoch.“ (mai/mgt)