Kleinstwasserkraftwerke: Hydroenergie aus dem Dorfbach
Eine Spielart der dezentralen Stromversorgung sind Klein- und Kleinstwasserkraftwerke, die sich bei geringen Baukosten rentabel betreiben lassen. Ein neues Konzept nutzt eine umgebaute Pumpe, die mit Rückwärtsbetrieb als kostengünstige Francis-Turbine eingesetzt werden kann. In Andelfingen hat eine Anlage im Rahmen eines BFE-Pilotprojekts ihre Funktionstüchtigkeit bewiesen.
Quelle: Benedikt Vogel
Obermühle in Andelfingen: Der Mülibach (rechts) wird in einem Kleinstwasserkraftwerk zur Stromerzeugung genutzt. Peter Eichenberger reinigt von Zeit zu Zeit den Einlauf. Ein Grobrechen ermöglicht Kleinsäugern wie Mäusen und Igeln den Ausstieg aus dem Kanal, ein Lochblech dient als Fischschutz.
Von Benedikt Vogel*
Andelfingen liegt im Herzen des Zürcher Weinlands. Gut 2000 Menschen leben hier am Ufer der Thur, die wenig später in den Rhein mündet. Mindestens so wichtig wie der Fluss war in der Geschichte des Dorfes die Quelle, die südlich zwischen Heiligberg und Mühleberg entspringt und durch einen Grundwassersee gespeist wird. Die Andelfinger haben diese zuverlässige Quelle über Jahrhunderte zum Betrieb von Getreidemühlen genutzt und darauf ihren Wohlstand gebaut. Die Obermühle mit dem markanten Treppengiebel wurde im Jahr 1308 erstmals erwähnt. 1972 stellte sie den Betrieb ein und wurde später in ein Wohnhaus mit einem Laden und Büroräumen umgebaut. Heute arbeitet hier unter anderem die Spitex.
Über Jahrhunderte floss der Mülibach bei der Obermühle über ein oberschlächtiges Holzrad. In den 1940er-Jahren wurde dieses durch eine Francis-Turbine ersetzt, eine kompakte Metallturbine mit Schaufeln, die radial von aussen angeströmt werden. Das ist die Geschichte der Obermühle – und es ist zugleich ihre Gegenwart. Denn seit Dezember 2018 ist hier wieder eine Turbine in Betrieb. Dabei handelt es sich um ein neues Konzept einer umgebauten Pumpe, die rückwärts betrieben als kostengünstige Francis-Turbine (PaT-Francis-Konzept) eingesetzt werden kann. Sie treibt nicht eine Mühle an, sondern erzeugt Strom, der ins lokale Stromnetz eingespeist wird.
Im Dorf findet das Kleinstwasserkraftwerk viel Anerkennung. Es gibt aber auch Leute, die argwöhnen, mit einer Leistung von nur 2,5 Kilowatt (kW) sei «das Betteln versäumt». Wasserbauingenieur Peter Eichenberger von der Hydro Engineering GmbH in Andelfingen war verantwortlich für die Gesamtplanung der Anlage. Er sagt: «Klar liegen wir an der unteren Grenze der Leistung, die für ein Kleinwasserkraftwerk sinnvoll ist. Aber wir wollten das neuartige PaT-Francis-Konzept an einer Kleinstanlage testen und so die finanziellen Risiken, die bei einer Pilotanlage immer bestehen, möglichst klein halten.»
Quelle: Benedikt Vogel
Das Kleinstwasserkraftwerk ist in einem Container untergebracht. Turbine und Generator ruhen auf Gummilagern, die Bewohner und Beschäftigte im Mühlengebäude vor Vibration und Schall schützen. Lauter als erwünscht sind die Ventilatoren des Frequenzumrichters (rechts im Bild).
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