11:11 BAUPRAXIS

IOC-Hauptsitz Lausanne: Neue Stufen des Olymps

Teaserbild-Quelle: Itten + Brechbühl SA

Vor 125 Jahren wurde das Internationale Olympische Komitee gegründet. Pünktlich zum Jubiläum konnte das IOC in Lausanne Ende Juni ein neues Hauptquartier beziehen, das mit Kurven und Voluten punktet. Unangefochtener Blickfang ist die zentrale Treppe im Herzen des «Olympic House».

Vollkommen überrascht ist, wer das Innere des brandneuen «Olympic House» betritt. Natürliches Tageslicht durchflutet warm und sanft den neuen Lausanner IOC-Hauptsitz. In dieser Kathedrale aus Glas und Stahl ist alles leicht und subtil. Auf den ersten Blick scheint sogar der zentral gelegene Treppenaufgang dezent.

Mit Eichenholz verkleidet, verbindet er auf elegante, nüchterne und harmonische Weise die verschiedenen Stockwerke des 17 Meter hohen Gebäudes. Die vom Geländer verborgenen Treppenläufe beginnen rechts, senkrecht zum Haupteingang. Und es ist genau dort, am Fusse dieser Treppe, wo der Besucher zunächst sprachlos ist.

Entworfen wurden die fünf verschlungenen olympischen Ringe, welche für die Vereinigung der fünf Erdteile und das Zusammenkommen von Athleten aus der ganzen Welt stehen, von Pierre de Coubertin. Dieses olympische Symbol wurde vom dänischen Architekturbüro 3XN neu interpretiert, indem es zu einer wahren Skulptur, einem Design-Meisterwerk umgestaltet wurde.

In einer unwahrscheinlich erscheinenden Mechanik strebt die gänzlich aus Ellipsen bestehende Zentraltreppe einem unerreichbaren Fluchtpunkt zu. Über ein Atrium, welches ein Oberlicht mit einem Durchmesser von 13 Metern krönt, verbindet sie sämtliche Etagen. Die Treppe ist das Herzstück des Gebäudes, die Verbindung oder das Band, welches das Gemeinschaftsgefühl fördert und zu den Ausstellungsräumen, der Cafeteria und den um dieses Schmuckstück der Ingenieurskunst angeordneten Tagungsräumen führt.

Um das statische und dynamische Verhalten dieser Treppe zu berechnen, deren Öffnungen auf jedem Stockwerk leicht versetzt sind, modellierten sie die Ingenieure zunächst digital. Gar nicht so einfach, wenn jede Treppe aus einer geneigten Scheibe mit zwei halbkreisförmigen Treppenläufen besteht und jeder Ring gegenüber dem anderen Stockwerk exzentrisch angeordnet sein soll.

Dadurch wird natürlich auch die Treppenöffnung auf jeder Ebene verschoben. Zu Beginn integrieren sich die fünf Öffnungen von jeweils 16 Metern Durchmesser in einen grossen Kreis mit einem Durchmesser von 26 Metern. Und das alles, natürlich ohne irgendeinen vertikalen Träger. Um die erforderliche Versteifung zu erreichen, entschieden sich die Planer für ein gemischtes System aus Stahlträgern, verbunden mit einer äusserst hochleistungsfähigen Faserbetondecke, auf der die Treppe an jeder Kante aufliegt. Die gesamte statische Höhe der Decke beträgt 60 Zentimeter (Decke: 12 Zentimeter; Stahlträger: 48 Zentimeter).

Für das zentrale Treppenhaus des Lausanner Olympiahauses liess sich das dänische Architekturbüro 3XN von den olympischen Ringen inspirieren.

Quelle: IOC, Adam Mork

Für das zentrale Treppenhaus des Lausanner Olympiahauses liess sich das dänische Architekturbüro 3XN von den olympischen Ringen inspirieren. 

BIM: 3D in Echtzeit

Die Umsetzung der monumentalen Treppe, aber auch des gesamten Olympiahauses mit seiner geschwungenen und schraubenförmigen Fassade, erforderte den Einsatz von Modellierungsprotokollen und -tools wie Rhino, Dynamo und Revit, wobei die gesamte architektonische BIM-Koordination in Revit erfolgte.

Das 3D-Modell, welches in Echtzeit zwischen Kopenhagen und Lausanne mit teilweise fünfzehn Personen gleichzeitig entwickelt wurde, ermöglichte eine effiziente und konstruktive Zusammenarbeit. Die Bauingenieure untersuchten auch das Tragwerkskonzept mithilfe eines 3D-Modells, das alle für die Beschreibung des Gebäudes notwendigen Informationen enthält: physikalische Eigenschaften, grafische und textliche Informationen.

Das vom 3XN-Konsortium und den Schweizer Architekten Itten + Brechbühl SA entworfene neue IOC-Hauptquartier erstreckt sich über eine Fläche von 17 000 Quadratmetern anstatt über 5000 Quadratmeter, wie dies der frühere Verwaltungssitz tat. Im «Olympic House» arbeiten derzeit rund 500 Angestellte die bis vor kurzem auf vier verschiedene Standorte in Lausanne verteilt waren. Ausgelegt ist es jedoch für bis zu 600 Mitarbeitende.

Seitdem das Thema eines neuen Verwaltungssitzes aufgekommen ist, hat Marie Sallois, IOC-Direktorin für Entwicklung, Organisation, Marke und Nachhaltigkeit, die Projektleitung seitens der Bauherrin inne. «Es standen sämtliche Optionen offen, sogar die Möglichkeit, mit dem IOC ins Ausland zu gehen», erklärt sie. «Schliesslich erwies sich die Entscheidung für eine Zentralisierung aller Bereiche am Ufer des Genfersees als die interessanteste Lösung. Mit diesem Olympia­haus können wir die Kosten optimieren und die Zusammenarbeit zwischen unseren Teams stärken. Nachdem diese Option genehmigt wurde, haben wir einen internationalen Architekturwettbewerb gestartet.»

Mit seinen zueinander dezentrierten Treppenöffnungen und dem kompletten Verzicht auf vertikale Träger ist es ein technisches Meisterwerk.

Quelle: Itten + Brechbühl SA

Mit seinen zueinander dezentrierten Treppenöffnungen und dem kompletten Verzicht auf vertikale Träger ist es ein technisches Meisterwerk.

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