Grundlagen für klimagerechtes Bauen der Zukunft erarbeitet
Hitzewellen werden künftig häufiger, intensiver und länger. Für die Planung von Gebäuden sind Informationen in Form von Klimaszenarien deshalb unerlässlich. Der SIA hat gemeinsam mit MeteoSchweiz, dem Bafu, der HSLU und der Zürcher Baudirektion erstmals stündliche Datensätze erarbeitet.
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Krane im Sonnenuntergang, Symbolbild.
Gebäude, die heute errichtet werden, sind während ihrer
Lebensdauer klimatischen Veränderungen ausgesetzt, heisst es in einer
Mitteilung des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) vom Dienstag. Um Gebäude auch für ein zukünftig wärmeres Klima optimal planen zu
können, seien spezifische Grundlageninformationen in Form von Klimaszenarien
deshalb unerlässlich.
Künftiges Innenraumklima abschätzen
Der SIA hat vor diesem Hintergrund gemeinsam mit
MeteoSchweiz, dem Bundesamt für Umwelt (Bafu), der Zürcher Baudirektion und der
Hochschule Luzern (HSLU) erstmals stündliche Datensätze erarbeitet, die auf den
Klimaszenarien CH2018 basieren. Damit liege nun eine schweizweite Grundlage
vor, die es Planenden im Gebäudesektor erlaube, Abschätzungen zum künftigen
Innenraumklima vorzunehmen sowie Heiz- und Kühlsysteme optimal zu
dimensionieren, heisst es.
Die Hochschule Luzern hat mit den neuen Klimadatensätzen so
etwa das Innenraumklima für Wohngebäude mit dem heute üblichen Fensteranteil
berechnet. Dabei zeigte sich gemäss SIA, dass die konsequente Nachtauskühlung
immer wichtiger wird. Zudem werde in städtischen Wohngebäuden eine Kühlung
notwendig sein, wenn das Gebäude nicht an das künftige Klima angepasst geplant
wird.
Heute bilden die Klimadaten des Merkblatts
SIA 2028 «Klimadaten für Bauphysik, Energie- und Gebäudetechnik» eine wichtige Grundlage zur Abschätzung des thermischen
Komforts im Innenraum und zum Energiebedarf. Im Zuge von verschiedenen Projekten von MeteoSchweiz, der Zürcher Baudirektion, vom Bafu, dem SIA und der HSLU wurden diese nun um die Klimaszenarien erweitert.
Daten zu Klimaszenarien frei erhältlich
MeteoSchweiz hat dafür im Rahmen des Projekts «Klimaangepasstes
Bauen – Grundlagen für die Zukunft» stündliche Grundlagendaten erstellt, welche
das mögliche zukünftige Klima an Standorten in der Schweiz gemäss den
Klimaszenarien CH2018 abbilden. Berechnet wurden hierbei stündliche, physikalisch
konsistente Daten von Temperatur, Feuchte, Wind und Strahlung. Diese
repräsentieren typische Jahre (Design Reference Years) und warme Sommerjahre («1
in 10 Jahren Ereignisse») der Zukunft.
Die Daten sind für die Zeiträume 2020 bis 2049
und 2045 bis 2074 an 45 Stationen in der Schweiz erhältlich, wobei zwei
unterschiedliche Entwicklungen der globalen Treibhausgasemissionen betrachtet
wurden: kein Klimaschutz (RCP8.5) und konsequenter Klimaschutz (RCP2.6).
Grundlage für diese Arbeit bilden die lokalen Datensätze aus CH2018. Für vier
Städte wurde zudem der städtische Wärmeinseleffekt berücksichtigt. Die
neuen Daten sind über https://map.geo.admin.ch
frei erhältlich. Pro Station liegen insgesamt sechs verschiedene, zukünftige
Jahre vor.
Grundlage für Gebäudesimulationen
In Zusammenarbeit mit dem Pilotprojekt A.15 «Aktuelle Klimadaten für Bauplanende» des Pilotprogramms zur Anpassung an den Klimawandel wurden ausserdem die neu erstellten Grundlagendaten iterativ mittels Gebäudesimulationen getestet. Aus dieser Zusammenarbeit leiten sich laut MeteoSchweiz wichtige Anwendungsempfehlungen für Gebäudeplaner zur korrekten Verwendung der Daten ab.
Ebenso ergeben sich aus den Testsimulationen erste Erkenntnisse zum thermischen Komfort für verschiedene Gebäudetypologien. In Abhängigkeit des Untersuchungsziels – Nachweis sommerlicher Wärmeschutz, Energiebedarfsermittlung oder Auslegung der Gebäudetechnik – können die unterschiedlichen Klimadaten differenziert in Gebäudesimulationen eingesetzt werden.
Die Testsimulationen lieferten laut MeteoSchweiz
grundlegende Erkenntnisse zum künftigen Energiebedarf und dem zu erwartenden
thermischen Komfort in den verschiedenen Gebäudekategorien Wohnen, Verwaltung
und Schule an unterschiedlichen Standorten. So konnten auch wesentliche
regionale Unterschiede in den Ergebnissen bestimmt werden. Etwa für Gebäude im
Schweizer Mittelland, südlich der Alpen oder an höher gelegenen, alpinen
Standorten respektive im städtischen oder ländlichen Gebiet, welche zu abweichenden Strategien bei der Gebäudeplanung führen können.
Wichtiger Beitrag zur Klimaanpassung
«Ein früher Einbezug neuer Daten in die Projektplanung bietet Planenden die Möglichkeit, aktiv auf Klimaveränderungen einzugehen. Was heute geplant und gebaut wird, optimiert damit Komfort und Lebensqualität auch in Zukunft», so SIA-Präsident Peter Dransfeld. Die neuen Daten und Erkenntnisse sollen nun schrittweise in die Normen und Merkblätter des SIA einfliessen, insbesondere in das Merkblatt SIA 2028 «Klimadaten für Bauphysik, Energie- und Gebäudetechnik». (pb/mgt)
Linktipps
Der SIA bietet Tools, Hilfsmittel und Software zur nachhaltigen Energienutzung im Gebäudebereich: www.energytools.ch
Weitere Informationen zu den «Klimaszenarien Raumklima» auf MeteoSchweiz:
www.meteoschweiz.admin.ch