Grüner Beton mit Hilfe von Cyanobakterien
Mit Cyanobakterien oder Blaugrünbakterien Beton herstellen, der keine CO2-Emissionen verursacht: Ein Forschungsteam des deutschen Fraunhoferinstituts hat im Rahmen des Projekts «BioCarboBeton» ein umweltfreundliches Verfahren zur Herstellung von biogenen Baumaterialien entwickelt.
Quelle: Fraunhofer FEP
Photobioreaktor im Labor des Fraunhofer FEP im zur Kultivierung von Cyanobakterien unter definierten Licht-, Temperatur- und Gasbedingungen.
Bei der Technologie, welche die Fachleute des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) und des Fraunhofer-Instituts für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) entwickelt haben, fällt nicht nur kein Kohlenstoffdioxid an. Sondern das klimaschädliche Gas wird auch noch genutzt und im Material gebunden.
Dafür sorgen Cyanobakterien respektive Blaugrünbakterien: Die zur Fotosynthese fähigen Bakterienkulturen bilden im Wechselspiel von Licht, Feuchtigkeit und Temperatur Kalkstein, das heisst Stromatolithen respektive biogene Sedimentgesteine. Solche habe es bereits vor 3,5 Milliarden Jahren gegeben, was die Robustheit dieses biologischen Prozesses zeige, heisst es dazu in der Medienmitteilung des Fraunhofer Instituts. Wie schon damals werde beim Prozess der Mineralisierung CO2 aus der Atmosphäre fixiert und im biogenen Gestein gebunden. - Diesen natürlichen Prozess hat das Team um Matthias Ahlhelm vom IKTS und um Ulla König vom FEP gewissermassen nachgebildet.
Aus der Bakterienlösung wird fester Stoff
In einem ersten Schritt wurden die lichtempfindlichen Cyanobakterien zur Erzeugung von Biomasse in einer Nährlösung kultiviert, dabei beeinflussten Intensität und Farbe der eingesetzten Lichtquelle ihre Fotosynthese und ihren Stoffwechsel. Damit es in der Bakterienlösung zur Mineralisierung nach dem Vorbild der Stromatolithen kommt, wurden Calciumlieferanten wie Calciumchlorid zugegeben. Dann stellten die Forschenden eine Mischung aus Hydrogelen und verschiedenen Füllstoffen - zum Beispiel unterschiedliche Sandsorten wie Meer- oder Quarzsand - her. Durch zusätzliches Einspeisen von CO2, erhöhte man den Gehalt an gelöstem Kohlendioxid und unterstützte gleichzeitig den Prozess.
Quelle: Fraunhofer IKTS
Lebendes Baumaterial:. Das Grün entsteht durch das Chlorophyll der lebenden Bakterien.
Schliesslich wurde das Bakterien-Mischmaterial in eine Form gefüllt. Diese ist idealerweise lichtdurchlässig: So werden der Stoffwechsel und die Fotosynthese der Bakterien weitergeführt und nicht gestört. Mit der anschliessenden Mineralisierung härtete das Material dann aus. Die Bakterien-Mischmasse kann auch in Form gebracht werden, in dem sie aufgesprüht, geschäumt, stranggepresst oder additiv gefertigt wird.
«Bio-Baustoffe aus Cyanobakterien enthalten keine giftigen Substanzen»
Alternativ lassen sich auch poröse Substrate herstellen, die man erst nachträglich mit der Cyanobakterienkultur behandelt. Wie Matthias Ahlhelm erklärt, ist ein derart entstehender Festkörper während des Prozesses noch porös. Dringt Licht in sein Inneres, treibt dieses die Kalkstein-Mineralisierung voran. «Durch Entzug von Licht und Feuchtigkeit oder durch Änderung der Temperatur stoppen wir den Prozess», so Ahlhelm. «Alle Bakterien sterben dann vollständig ab. So entsteht ein Festprodukt auf Basis von biogenem Calciumcarbonat und Füllstoffen, das beispielsweise als Ziegel benutzt werden kann. Die Bio-Baustoffe aus Cyanobakterien enthalten keine giftigen Substanzen.»
Quelle: Fraunhofer IKTS
Mineralisierter fester "Porenstein".
Ziel des «BioCarboBeton»-Projektes ist es, Stoffe mit unterschiedlichen Materialeigenschaften und Festigkeiten zu ermöglichen. Dies, damit auch die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft angewandt werden können: So könnten industriellen Abfallgase als Quellen für Kohlendioxid dienen. Aktuell wird mit Biogas gearbeitet. Und das Calcium liesse sich aus Basalten und Minenabfällen gewinnen, aber auch aus Milchresten von Molkereien. Als Füllmaterial liesse sich neben Sand den Forschern zufolge auch zerkleinerter Bauschutt oder nachwachsende Ressourcen verwenden. Dies wiederum ermöglicht Produkte für unterschiedliche Anwendungsszenarien erzeugen: Sie reichen potenziell vom Dämmmaterial über Ziegel und Verschalungsverfüllung bis hin zum Mörtel oder Fassadenputz, der nach dem Auftragen aushärtet. - Matthias Ahlhelm und Ulla König sind überzeugt, das dieses Verfahren zeigt, «welch enormes Potenzial in der Biologisierung der Technik liegt».
Nachdem das Team der Forschenden den Prozess am Fraunhofer IKTS und am Fraunhofer FEP etabliert und erprobt hat, arbeitet es nun an der Skalierung der Mengen und Bestimmung der gewünschten Festkörpereigenschaften. Ziel sei es, den Herstellern zu ermöglichen, die umweltfreundlichen Bio-Baustoffe schnell und wirtschaftlich in den erforderlichen Mengen zu produzieren. (mgt/mai)
Den Original-Artikel auf der Website des Fraunhofer Instituts lesen: www.fraunhofer.de