16:38 BAUPRAXIS

«Growing Pavilion»: Fassadenplatten aus Myzel

Teaserbild-Quelle: Lukas Hochenleitter und Kompagnie, Gemeinfrei, Wikimedia

Dass die Rinde von Camembert und Fassadenplatten Gemeinsamkeiten haben können, zeigte an der «Dutch Design Week»in Eindhoven der «Growing Pavilion»: Seine Hülle bestand unter anderem aus Myzel oder vielmehr Pilz.

Pavillon von aussen.

Quelle: Dutch Design Week

Fassade aus Pilz: der «Growing Pavilion» an der «Dutch Design Week».

«Das Myzel ist die Gesamtheit aller Hyphen, der fadenförmigen Zellen eines Pilzes oder Bakteriums», heisst es auf Wikipedia. Einzeln ist das Myzel von blossem Auge kaum sichtbar. In der Regel lassen sie sich erst erkennen, wenn sie besonders dicht sind. Dies gilt zum Beispiel für den Schimmel auf der abgelaufenen Marmelade ebenso wie für die feine Pilzschicht auf einem Camembert.

Ganoderma-Pilze, gehäckselte Äste und Zweige

Entfernt an letzteres erinnerte der zylinderförmige «Growing Pavilion», den der Künstler Pascal Lebouq in Zusammenarbeit dem Designbüro Krown Design entworfen und an der vergangenen «Dutch Design Week» in Eindhoven präsentiert hatte. Ihr auffälliges Aussehen verdankte die Fassade Pilzen: Sie setzte sich aus Holzrahmen zusammen, die mit pflanzlichem Abfall – etwa gehäckselten Ästen und Zweigen – gefüllt worden waren. Diese Masse hatte man mit dem Myzel von Ganoderma-Pilzen oder Lacksporlingen versehenen, die sich darauf ausbreiteten und gleichzeitig die Pflanzenabfälle zusammenhielten.

Vom Lampenschirm zur Fassade

Die besondere Kraft des Myzel bestehe darin, dass es beliebig formbar sei, heisst es in der Dokumentation zum Pavillon. Die Möglichkeiten sind beinahe unbegrenzt, sie reichen vom Lampenschirm über Stühle bis hin zur Fassadenplatte. Dafür wird das mit dem Myzel versehene Material in eine Form gepackt, wie bei dem Pavillon.

Damit der Pilz gedeihen und sich ausbreiten kann, werden die Formen für vier bis fünf Tage in einen dunklen Raum gestellt und so abgedeckt, dass nur eine sehr geringe Sauerstoffzufuhr möglich ist. In dieser Zeit beginnen die Sporen zu wachsen, indem sie in das Material eindringen. Dabei entsteht eine Art organisches Netz, dass alles zusammenhält. Danach wird das Pilzwachstum gestoppt. Das heisst, die Pilze werden entfernt und die verfestigten Formen bei 80 Grad Celsius während zweier Tage getrocknet.

Ein «fantastisches Material» entdecken

Die Idee hinter dem Pavillon: «Es gibt viele biobasierte Materialien, aber sie lassen sich auf den Blick nur schwer als solche erkennen, und sie bleiben oft im Probestadium stecken», so Leboucq gegenüber dem Design-Newsportal dezeen.com. Er habe mit dem Pavillon dafür sorgen wollen, dass ein grosses Publikuem «dieses fantastische Material» entdecken können. (mai)

Ausführliche Informationen und die Dokumentation (englisch und niederländisch) zum Pavillon und den verwendeten Materialien als PDF zum Download auf https://companynewheroes.com/project/the-growing-pavilion/

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