Grosswärmepumpen: Nachhaltigkeit im Verbund
Während Wärmepumpen fürs Einfamilienhaus Standard sind, kommt die Technologie immer mehr auch bei grossen Gebäuden oder Wärmeverbünden zum Einsatz. Tatsächlich sind zahlreiche Modelle für Leistungen von 500 Kilowatt und hohe Vorlauftemperaturen auf dem Markt.
Die Schweiz, Deutschland und Österreich nehmen in der europäischen Wärmepumpenvereinigung eine zentrale Rolle ein. Alle haben mit einem ähnlichen Klima und denselben Umweltproblemen zu tun, und auch die Ansprüche an den Komfort in Wohn- und Arbeitsräumen sind vergleichbar. «Landesübergreifende Lösungen bezüglich Technik sind sinnvoll», sagt Beat Vonlanthen, Präsident Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS). Die FWS blickt deshalb bei ihrem Fachkongress über Grosswärmepumpen über die Landesgrenzen hinaus. «Wir wollen eine Plattform bieten für den regelmässigen Austausch beim Know-how und den Erfahrungen mit der nachhaltigen Wärmepumpentechnik.»
Bei Wärmepumpen denken viele noch an Anlagen im Keller von Einfamilienhäusern, mit einer fossilfreien Wärmeerzeugung für Wohnen und Warmwasser. Doch inzwischen gibt es auch bei grossen Wärmepumpen zahlreiche Geräte auf dem Markt. «Gross-Wärmepumpen sind bereits Stand der Technik», wie Claudio Müller, der Leiter Technik Klima /Kälte bei der CTA AG, ausführt. Sein Referat widmet sich der Frage: «Sind Luft-Wasser-Wärmepumpen mit einer Leistung von 500 Kilowatt (kW) in Städten möglich?»
Lösungen mit Pumpen «ab Stange» Der Ingenieur stellt als Antwort mehrere Projekte aus dem Portfolio des Unternehmens vor. Bei zwei Anlagen in Slowenien wurden Wärmepumpen-Konzepte umgesetzt, bei denen die Verdichter um die 400 kW Leistung liefern. «Gerade bei Vorlauftemperaturen von 35 bis 50 Grad Celsius sind diese standardisierten Maschinen äusserst effizient.»
Ein weiteres Projekt ist ein Schulareal, in dem für Heizung und Brauchwarmwasser gut 500kW Heizleistung erzeugt werden müssen, «wobei wir dies in erster Linie mit Standard-Wärmepumpen erreichen». Sinnvoll sei zur Erhöhung der Effizienz die Kombination von standardisierten und massgefertigten Wärmepumpen. Konkret setzt man zwei Wärmepumpen «ab Stange» ein, die zusammen die 500 kW Heizleistung erbringen und die Vorlauftemperatur für die Heizung herstellen. «Fürs Brauchwasser benötigen wir rund 70 Grad Celsius Wassertemperatur und knapp 150 kW Leistung.» Hierfür wurde eine Wärmepumpe mit Kolbenverdichter mit Drehzahlregulierung massgefertigt, die das heisse Wasser erzeugt. Ein Unterkühlerkreislauf erhöht die Effizienz der Anlage.
Generell hält Müller die Kombination der Geräte für sinnvoll, da Standard-Wärmepumpen in einem gewissen Temperaturbereich effizient arbeiten, aber nach oben hin eingeschränkte Einsatzgrenzen haben. «Für Warmwasser von 60 bis 90 Grad ist oft ein Kolbenverdichter mit Flüssigkeitsunterkühlung besser geeignet. Wobei gilt: Je höher die Nutztemperatur, desto grösser ist die Unterkühlung, die erreicht werden kann.»
Mit Luft als Wärmequelle ist im städtischen Umfeld auch einiges möglich, erfolgreiche Projekte belegen dies: «Das Augenmerk liegt dabei bei der Grösse der Luftkühler für die Wärmegewinnung und bei der Schallemission durch die Luftumwälzung.»
Quelle: Marcel Müller
Die Grundwasser-Wärmepumpe der Stadt Zürich versorgt unter anderem die Hardau-Hochhäuser mit Wärme. Die Energiezentrale in der Hardau hat eine Leistung von 3,4 Megawatt und zählt zu den grössten Anlagen der Schweiz.
HFO als Kältemittel
CTA-Verkaufsleiter Christoph Brechbühler bestätigt, dass Grosswärmepumpen sich auch auf längere Sicht rechnen. Er schildert ein Projekt in Biel, bei dem ein Quartier aus dem Grundwasser mit Wärme versorgt wird. Zwei Wärmepumpen mit je zwei drehzahlregulierten Hubkolbenverdichtern liefern jeweils eine Heizleistung von 650 kW, die mit einer Wärmeerzeugung mit Gas kombiniert werden. Der Erdgaskessel hat eine Leistung von 1100 kW. «Die Konzeption der Anlage in einem Wärmeverbund erfolgte nach einem Vergleich der Vor- und Nachteile der verschiedenen Technologien und Kältemittel.»
Man entschied sich für eine Anlage mit dem klimafreundlichen Kältemittel Hydrofluorolefine (HFO). Es ersetzt die klimaschädigenden Fluorwasserstoffe oder Fluorchlorkohlenwasserstoffe. Die Anlage arbeitet hoch effizient, die Verdichter erreichen eine Leistungszahl von 3,45 und versorgen das Quartier über einen Wärmeverbund zu 80 Prozent mit Wärme aus erneuerbarer Energie.
Eine grosse, zentrale Anlage ermöglicht den Planern auch ein optimales Einpassenin die Umgebung, sprich die ideale Platzierung der aussen aufgestellten Geräte. Wenn all diese planerischen Vorarbeiten gemacht und die optimale Lösung evaluiert sind, sieht Brechbühler deshalb den Einsatz grosser Wärmepumpen in Städten als realisierbar an. «Um auf unsere Kernfrage zurückzukommen: Sind solche 500 kW leistenden Luft-Wasser-Wärmepumpen in Städten möglich? Ganz klar ja. Die Einsatzmöglichkeiten sind gross und werden einzig durch den Platz begrenzt.»
Hundert Grad erneuerbar
Ein weiterer Bereich, den die moderne Wärmepumpentechnik abdecken kann, sind Hochtemperatur-Wärmepumpen für industrielle Anwendungen. «Heute verwendet die Industrie meist fossile Brennstoffe, also Gas oder Öl, um höhere Temperaturen zu erzielen», führt Cordin Arpagaus von der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs (NTB) aus. Er unterstreicht, dass hohe Temperaturen über 100 Grad Celsius auch mit elektrisch angetriebenen Wärmepumpen machbar sind. Kommerzielle Wärmepumpen sind verfügbar.
Die Industrie braucht Dampf für Prozesse und hierfür eine Temperatur von 100 Grad. «Das ist das Thema. Wenn wir diese hundert Grad erneuerbar und effizient herstellen können, haben wir etwas in der Hand.» Denn dieser Dampf kann mit Kompressoren zu Hochdruckdampf hochkomprimiert werden.
In der Industrie gibt es zugleich grosse Mengen an anfallender Abwärme. «Diese Wärmequellen können wir nutzen, um die niedrige Temperatur auf das gewünschte Temperaturniveau hochzutransformieren.» Das kann innerbetrieblich erfolgen, oder auch unter Verknüpfung mehrerer Industrien.
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