09:50 BAUPRAXIS

Giebelbilder der Kapellbrücke: «Restaurieren verlangt Geduld und Präzision»

Geschrieben von: Claudia Porchet (cet)
Teaserbild-Quelle: Denkmalpflege Stadt Luzern

Die Bilder auf der Kapellbrücke sind kunsthistorisch bedeutend und gehören zu den Wahrzeichen der Stadt Luzern. Doch der Brand vor 30 Jahren zerstörte 86 Tafeln. Der Restaurator Marco Rebel hat viele davon wieder hergestellt.

Marco Rebel Restauriert Giebelbilder der Kapellbrücke

Quelle: Denkmalpflege Stadt Luzern

Marco Rebel beim Restaurieren eines Giebelbildes der Luzerner Kapellbrücke.

Am 18. August 1993, vor dreissig Jahren, stand die Luzerner Kapell­brücke in Flammen. Der Brand zerstörte zwei Drittel der einzigartigen Dreieckbilder. Marco Rebel konnte jedoch die meisten der Tafeln retten. «Die Giebel­bilder sind in ganz unterschiedlichem Zustand zu uns gekommen», erinnert sich der Restaurator. 

«Weiter vom Brandherd entfernte ­Bilder wiesen keine oder kaum Schäden aus. Je näher die Bilder beim Feuer waren, desto schlechter war ihr Zustand». Es gab verkohlte Bilder, die bloss noch eingerahmte schwarze Bretter waren. Doch die teils angesengten Bilder wurden alle restauriert und mit eingelagerten Bildern ergänzt, insgesamt 63 an der Zahl.

Arbeitsprozesse 

Marco Rebel arbeitet mit einem feinen Staubbesen, mit dem er zunächst die Spinnweben entfernt. Wattestäbchen dienen der exakten Beseitigung von Verunreinigungen wie Vogel- und Insektenkotspuren auf der Bildoberfläche, Pinsel dem Auftragen von Festigungsmittel bei losen Malschichtstellen. 

Erst dann, wenn die Malschicht wieder auf dem Untergrund ­befestigt ist, folgt die Retusche mit alterungsbeständiger Farbe. Die bei der Restaurierung verwendeten Farben sind reversibel, das heisst, sie können jederzeit wieder von der Bildoberfläche entfernt werden. Das verwendete Farbpigment ist dennoch alterungsbeständig und lichtecht. 

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Quelle: Marco Rebel

Auf den Dreieckbildern der Spreuer­brücke ist der Tod allgegenwärtig. Die Motive symbolisieren den Totentanz.

Der ganze Prozess wird schliesslich fotografiert, um den Zustand vor, während und nach dem Bearbeiten festzuhalten. Mit dem Streiflicht sieht der Restaurator oft ­ältere Konturen durchschimmern. Die UV-Lampe zeigt bisherige Retuschen, und die Infrarot-­Kamera macht Veränderungen wie Übermaltes oder Vorzeichnungen sichtbar und dringt tiefer in die Malschicht ein als UV-Licht. 

«Grundsätzlich gefällt es mir, fein und genau zu arbeiten», präzisiert Marco Rebel. «Spannend ist auch die wissenschaftliche Tätigkeit, etwa Materialzusammensetzungen genauer zu analysieren mit dem Mikroskop oder der Kamera. Die verschiedenen Techniken faszinieren mich.»

Regelmässige Kontrollen

Die Bilder der Kapellbrücke werden zweimal jährlich, im Frühling und im Herbst, kontrolliert. «Fällt ein Bild durch Schäden auf, dann melde ich das der städtischen Denkmalpflege.» Diese entscheide dann mit der kantonalen Denkmalpflege, welche Bilder restauriert werden sollen und welche nicht. Die Kontrollen sind wichtig, denn die Tafeln sind Gefahren ausgesetzt. 

Holzkäfer zum Beispiel sind ungebetene Gäste. Die Insekten legen ihre Eier ins Holz. «Holzwurmbefall wird mit Stickstoff begast, was keinen Einfluss auf die Malerei hat», erklärt Marco Rebel. Vogelkot oder Spinnen sind ebenfalls unerwünscht. «Spinnweben kleben zum Teil sehr hartnäckig auf den Bildoberflächen.» Feuchtigkeit und Licht spielten ebenfalls eine Rolle. Grundsätzlich hänge der Zustand ­eines organischen Materials von vielen Faktoren ab.

Marco Rebel

Quelle: Marco Rebel

Marco Rebel reinigt ein Bild mit einem Wattestäbchen.

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Quelle: Denkmalpflege Luzern

«Jakobs Traum von der Himmelsleiter»: 1552 begann man, die Hofbrücke mit einem in Europa ­einzigartigen biblischen Bilderzyklus auszustatten.

Geheimnisvolle Giebelbilder 

Der Bilderzyklus der Kapellbrücke entstand im 17. Jahrhundert und zeigt Szenen aus der Geschichte der Eidgenossenschaft sowie das Leben der Luzerner Stadtheiligen Leodegar und Mauritius, wie auf der Website kapellbrücke.com zu lesen ist. 

Auf den Gemälden links unten befindet sich jeweils das Stifterwappen mit ­Namen und darunter, in altdeutscher Schrift, der Text zum Bildthema. «Die Bilder sind voller Symbole, die man heute kaum mehr ­versteht, jemand aus der damaligen Zeit jedoch sofort verstanden hätte», meint Marco ­Rebel. «Kleider bilden ein dankbares Hilfsmittel, um den Stand zu zeigen. Die Reichen und Mächtigen sind prunkvoll dargestellt, während Handwerker und Bauern einfach daherkommen». Ein Bild hat ihn besonders beeindruckt: «Der Bader» aus dem Zyklus «Totentanz der Spreuer­brücke». Hier sehe man, wie einer Person Blut abgenommen beziehungsweise zur Ader gelassen werde, um sie zu heilen.

Die Bildinhalte seien faszinierend, aber leider fehle oft die Zeit, sich noch tiefer in das Thema einzuarbeiten. «Schliesslich liegt meine Aufgabe als ausgebildeter ­Restaurator erstrangig darin, mich mit der Malerei und deren Technik auseinander zu setzen und für eine optimale Konservierung und Restaurierung der Bildtafeln zu sorgen.»

Mehr über die Arbeit von Marco Rebel erfahren Sie auf seiner Website www.rebel.ch

Arbeit an Giebelbild der Spreuerbrücke

Quelle: Marco Rebel

Arbeit an «Der Baumeister», einem Giebelbild der Spreuerbrücke.

Geschrieben von

Redaktorin Baublatt

Claudia Porchet ist Philologin und interessiert sich für Architekturgeschichte, Kunst am Bau und Design. Ebenso begeistern sie neue Forschungsresultate aus allen Bereichen. Zudem ist sie für die Kolumnen zuständig und steht deshalb in Kontakt mit allen grossen Verbänden.

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