18:00 BAUPRAXIS

Adelboden: Fast freie Sicht aufs Mittelmeer im Freibad

Geschrieben von: Silva Maier (mai)
Teaserbild-Quelle: Miriam Fluri, gsk.ch

Das Schwimmbad Gruebi in Adelboden ist ein Architekturjuwel: 1931 im Geist des Neuen Bauens errichtet, leuchtet es seit Kurzem wieder in alter Farbenpracht. Die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte hat ihm einen Führer gewidmet, der auch seine Sanierung ausführlich beleuchtet.

Im Sommer lädt in Adelboden ein kleines Architekturjuwel zur Zeitreise: das 1931 eröffnete Schwimm- und Sonnenbad aus der Feder von Beda Hefti. Als Verfechter des Neuen Bauens konzipierte der Architekt und Bauingenieur nicht nur eine mondäne Anlage, sondern hat auch ein Zeitdokument geschaffen, das von der damaligen Sportbegeisterung erzählt und von Adelboden als internationaler Winter- und Sommerferienort. Die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK) hat dem Bad ein Band der „Schweizerische Kunstführer“-Reihe gewidmet. Neben Entstehung und Geschichte des Bades thematisiert das Büchlein ausführlich die jüngst abgeschlossene Sanierung.

In den 1920er-Jahren wandelten sich Mode und Lebensstil. Anstelle nobler Blässe waren ein sonnengebräunter Teint und ein sportlicher Körper gefragt. Aktivitäten im Freien oder vielmehr Licht, Luft und Sonne rückten ins Zentrum der Freizeit- und Ferienkultur. Dies prägte auch den Fremdenverkehr in Orten wie Adelboden. Nachdem der Tourismus während des Ersten Weltkrieges eingebrochen war, erblühte er danach erneut. Befördert wurde diese Entwicklung unter anderem durch eine neue Anbindung für den motorisierten Verkehr an Frutigen, aber auch durch die Skirennen und -springen, die ab 1918 wieder durchgeführt wurden. Und zehn Jahre später gab es in Adelboden elektrische Strassenlampen. Auf der Höhe der Zeit war auch die Idee des Kur- und Hoteliervereins, ein Schwimmbad zu bauen.

Sand aus Marseille

Die Pläne wurden relativ schnell in die Tat umgesetzt, das nötige Startkapital stellten vierzehn Hoteliers bereit. Mit dem Projekt beauftragte man Beda Hefti, der zuvor schon andere Bäder entworfen hatte, unter anderem in Gstaad, Murten oder Engelberg. Die Vision der Intianten: Mittelmeeratmosphäre umgeben von einer malerischen Bergkulisse.

Hefti entwarf dazu ein sorgfältig in die Landschaft eingebettetes 50-Meter-Becken, dessen Rand ein Strand säumte, für den man aus Marseille Sand importiert haben soll. Für die kleinsten Besucher legte er ein rundes Becken, mit einem schattenspendenden Laubengang auf der einen Seite, an. Weil neben dem Schwimmen noch andere körperliche Ertüchtigungen geboten werden sollten, wurde die Anlage mit einem Musikpavillon ausgestattet, damit die Gäste im Takt turnen konnten.

Zusätzlich zum Strand sorgten die Farben für sommerliche Stimmung: Hefti hatte die gesamte Anlage inklusive des Kassenhäuschens und der Garderoben in kräftigen Farben konzipiert, vor allem in Orange, Gelb, Ultramarinblau und Grün. Dass die Strahlkraft jener Anstriche ungebrochen ist, liegt daran, dass Beda auf Mineralfarben setzte. Allerdings waren sie im Laufe der Jahre mit Dispersionsfarbe übertüncht worden, die im Zuge der Sanierung entfernt wurde.

Pavillon und Sprungturm wieder da

Überhaupt hatte das Bad im Laufe der Zeit sein Gesicht stark verändert, unter anderem verschwand der Musikpavillon Mitte der 70er Jahre, nachdem sein eigenwillig auskragendes Betondach eingeknickt war. Des Weiteren hatte man das kreisrunde Kinderbassin ersetzt, die Garderobennischen zugemauert, den Sprungturm abgebaut und das 50-Meter-Becken zu einem Pool von 25 Metern verkleinert.

Mit der Sanierung hat das Bad wo möglich seine alte Gestalt zurück erhalten. Auf dem kleinen Hügel steht wieder ein Pavillon, der mit seiner Form zwar an den alten gemahnt, aber klar ersichtlich neu ist. Dasselbe gilt für den neuen Sprungturm. Vorhandenes wurde teils aufwendig saniert, wie etwa die grün glasierten Kacheln in den Kinderduschen, die sich zum Teil von einer dicken Kalkschicht verbargen.

Dass das Sonnen- und Freibad heute wieder seine ursprünglicher Eleganz zurückbekommen hat, dürfte daran liegen, dass das Bad und seine Geschichte gut dokumentiert sind. Als besonders einmalig und ergiebige Quelle hätten sich die bauzeitlichen Baupläne herausgestellt sowie die vielen historischen Fotoaufnahmen, ist im Führer zu lesen. Zudem lieferten Lokalhistoriker und der ehemalige Bademeister Informationen.

Das Schwimm- und Sonnenbad in Adelboden erscheint am 30. September

Verlag: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte
ISBN: 978-3-03797-602-9
Preis: 13 Franken
Weitere Infos und Bestellung auf www.shop.gsk.ch

Geschrieben von

Chefredaktorin Baublatt

Ihre Spezialgebiete sind Architekturprojekte, Kultur- und Wissenschaftsthemen sowie alles Schräge, was im weitesten Sinn mit Bauen zu tun hat.

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