13:28 BAUPRAXIS

Hat "Starchitektur" nicht nur Bilbao vergoldet?

Teaserbild-Quelle: Willian Justen des Vasconellos, unsplash, gemeinfrei

Bilbao war schon länger vom wirtschaftlichen Niedergang gezeichnet, als die Bagger für den Bau des Guggenheim Museums auffuhren. Das änderte sich als es fertig war: Frank Gehrys Werk lockte scharenweise Kulturinteressierte und Architekturfreunde an. Das Bauwerk löste in der baskischen Hauptstadt einen wirtschaftlichen Boom aus. Sie wandelte sich von der serbelnden Industriemetropole zur Kulturstadt.

Immer wieder hoffen Politiker und Stadtplaner bei Projekten, an denen berühmte Architekten mitwirken, auf einen solchen Effekt. Doch kann „Starchitektur“ die Entwicklung einer Stadt tatsächlich beeinflussen oder sie gar bleibend verändern? Forscher der TU München sind mit Kollegen der Hafencity-Universität und der TU Berlin im Rahmen einer Studie dieser Frage auf den Grund gegangen.

Für ihre Untersuchung nahmen sie drei Fälle unter die Lupe: Jean Nouvels Kultur- und Kongresszentrum in Luzern, Peter Cooks Kunsthaus Graz und Zaha Hadids Wissenschaftszentrum Phaeno im deutschen Wolfsburg. Weil diese Bauten seit über 15 Jahren bestehen, konnten die Wissenschaftler auch deren Langzeitauswirkungen analysieren; das heisst, wie wirtschaftliche Faktoren, die Gestaltung der Gebäude und gesellschaftliche Effekte zusammenspielen. Dabei stellten sie fest, dass die sich die Projekte zwar ökonomisch positiv auswirken können, indem sie touristische und kulturelle Angebote erweitern, aber dass dies nicht zu einer Neupositionierung der jeweiligen Stadt geführt hat.

Allerdings räumt Projektleiterin Nadia Alaily-Mattar von der TU München ein, dass nicht alle ökonomischen Effekte sofort sichtbar sind. „In Wolfsburg ist mit der Realisierung von Phaeno das Selbstbewusstsein der Politiker und der lokalen Verwaltung gestiegen.“ Dieser soziale Effekt könne langfristig auch positive ökonomische Effekte auf die Stadt haben.

Räumliche Relationen verschieben

Fest steht laut der Studie aber, dass „Starchitektur“ die räumlichen Relationen einer Stadt verschieben kann. Dies geschah bei allen drei Objekten. Beim KKL bedeutet dies etwa, dass der Bau die Verschmelzung von Stadt und Landschaft fördert. Dies dürfte an der Lage des Konzerthauses liegen, aber auch daran, dass es laut Studie andere Wahrzeichen wie die Kappelbrücke nicht konkurrenziert. Ähnliche Auswirkungen stellten die Wissenschaftler in Wolfsburg fest: Das Phaeno-Gebäude wurde auf einem Areal errichtet, dass zuvor wenig belebt war und dass dank Zaha Hadids Werk nun besser in die Stadt integriert worden ist. Derweil verbindet das Kunsthaus in Graz als eine Art Brücke zwei Stadtteile, die vor dem Bau getrennt wahrgenommen und sozial unterschiedlich bewertet worden sind.

Solche strukturellen Veränderungen seien die nachhaltigsten Effekte der Projekte, sagt Alaily-Mattar. Wirtschaftliche und sozio-kulturelle Wirkungen sind laut Alaily-Mattar oft temporär. Die Effekte, die sich in der Untersuchung herauskristallisiert haben, sind hingegen stabil und weniger vom „Star-Faktor“ abhängig. Daraus schliesst die Wissenschafterin, dass mit dem Wunsch, mit Star-Architektur eine Wirkung zu erzielen, die Architektur an sich darüber nicht vergessen werden darf. Denn: „Neben ökonomischen und soziokulturellen Effekten ist der Einfluss von Star Architektur auf die Stadt auch räumlich.” (mai)

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