Fondation Beyeler: Wie man ein Museum flutet
Die Fondation Beyeler in Riehen hat ihre Frontscheiben eingebüsst. Denn die unteren Räume, in denen sonst hochkarätige Kunst ausgestellt ist, wurden temporär geflutet, für die Installation «Life» von Olafur Eliasson. Es brauchte dafür 2500 Quadratmeter Folie, man sie zum Abdichten von Flachdächern einsetzt.
Mehrere Räume der Fondation Beyeler in Riehen stehen unter Wasser. Ausnahmsweise ist das kein Fall für die Pumpen der Feuerwehr und die Versicherung. Giftgrün eingefärbt flutet es mehrere Ausstellungsräume. Die Glasfassade ist verschwunden, sodass das Wasser direkt aus dem Teich ins Gebäude fliessen kann. Und niemand unternimmt etwas dagegen.
Im Gegenteil, alles volle Absicht. Die Vorarbeiten für die Flutung dauerten acht Wochen. In dieser Zeit wurde die Glasfassade entfernt und der Boden abgedichtet. Auch die Alarmanlage musste lernen, dass im Moment alles etwas anders ist als gewohnt. «Die etwa 2,5 Meter hohen und 1,5 Meter breiten Scheiben wurden mit Hilfe eines Glasmontagekrans entfernt. Sie sind im Moment eingelagert und werden beim Rückbau der Ausstellung wieder eingesetzt», erzählt Dorothee Dines, Pressesprecherin der Fondation Beyeler. «Der Boden von acht Ausstellungsräumen wurde mit Folie, wie sie zum Abdichten von Flachdächern verwendet wird, abgedichtet. Dafür wurden etwa 2500 Quadratmeter der Folie verschweisst.»
Anschliessend wurde der Wasserspiegel des Teichs, der normalerweise auf Bodenniveau des angrenzenden, verglasten Ausstellungsraums liegt, angehoben. Sein Wasser steht nun etwa acht Zentimeter hoch in den Räumen.
Stege aus Borkenkäferholz
Quelle: Silva Maier
Stege aus Käferholz ermöglichen den Zugang für das Publikum.
Auf dem zum Museumseingang hin flach abfallenden Weg passieren die Besucher normalerweise dem Seerosenteich. Glaswände vom Boden bis zur Decke lassen später aus dem Inneren den Blick auf das Spiel des Lichts auf der Wasserfläche zu und weiten den Blick bis zum Park. Die sind nun weg und das Teichwasser flutet die Museumsräume.
Olafur Eliasson auf diese Weise für einige Wochen die Natur und somit auch den Teich in die Mauern des Museums einladen. Der Künstler will das Museum zur Umgebung zu öffnen, zu den Pflanzen, Insekten und Vögeln des Parks. Die Grenzen sollen buchstäblich verschwimmen. Es soll eine mit allen Sinnen erlebbare, grenzüberschreitende Erfahrung werden. Drinnen und Draussen. Diese während der Pandemie so entscheidenden Zustände, lösen sich in hier einfach auf.
Wasserpflanzen wie Entenfutter
Quelle: Silva Maier
Ein leuchtend grüner Teppich: Die Wasserpflanzen wurden sorgfältig ausgewählt.
Im Wasser treiben Wasserpflanzen. Einige stammen aus dem ursprünglichen Teich, viele andere wurden von Vogt Landschaftsarchitekten hinzugefügt. Günther Vogt und Olafur Eliasson kennen sich von früheren gemeinsamen Arbeiten. Daher erhielt Vogt plötzlich einen Anruf von Eliasson, der ihm für sein neues Projekt ins Boot holen wollte: «Ich brauche für Wasserpflanzen. Aber welche, die nicht so grossflächig sind. Eher so wie Entenfutter.»
Vogt erarbeitete eine Liste von Pflanzen, die ihm geeignet erschienen. Eliasson räumt bereitwillig ein, er habe daraus nicht nach botanischen Aspekten gewählt: «Ich habe die Pflanzen eigentlich nach ihrer Grünheit gewählt. In völliger Unwissenheit hab ich immer wieder gefragt: Günther, hast du nicht was noch hellgrüneres?»
Wenn die Natur die Fondation Beyeler erobert
Anfangs erweckte Eliassons Installtion den Eindruck, die Natur habe das Museum erobert. «Die Ausstellung bietet Erfahrungen, die zutiefst gestaltet sind», sagt Eliasson. «Das leuchtend grüne Wasser, das den grössten Teil des Raumes einnimmt, wurde mit Uranin angereichert, einem ungiftigen Farbstoff, der normalerweise zur Untersuchung von Wasserströmungen dient.» Fast magische Wirkung entfaltet das Ganze nachts. Die Museumstechniker haben 300 Schwarzlichtröhren installiert und so fluoresziert das Wasser tiefgrün, während die darin schwimmenden Wasserpflanzen alle Farbe verlieren und schwarz erscheinen.
Ab Mitte Juli werden die Fenster wieder eingesetzt und der Seerosenteich vor dem Museum in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Die achtwöchigen Rückbauarbeiten werden bei laufendem Betrieb des Museums erfolgen und sind für den Künstler wie eine Art Performance Teil des Projekts.
Olafur Eliasson
Der dänisch-isländische Künstler Olafur Eliasson (geb. 1967) ist bekannt für Installationen, die die Art und Weise herausfordern, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und mitgestalten. Bereits für «Green river» färbte Eliasson sechs Flüsse mit Uranin ein. «The weather project», eine leuchtende, in Nebel gehüllte, konstruierte Innensonne, nahm 2003 die Turbinenhalle der Tate Modern in London in Beschlag und lockte zwei Millionen Besucher an. 2014 füllte er für «Riverbed» einen Flügel des dänischen Louisiana Museum of Modern Art mit Steinen und Wasser und ahmte so einen Fluss in einer felsigen Landschaft nach. Für «Ice Watch» brachte er arktische Gletschereisblöcke in die Innenstädte von Kopenhagen (2014), Paris (2015, anlässlich der COP21-Klimakonferenz) und London (2018).
Weitere Informationen: www.olafureliasson.net