Fachbuch: Wie wurde die Cheops-Pyramide gebaut?
Die Cheops-Pyramide ist die älteste und grösste der drei Pyramiden von Gizeh. Die gleichzeitig höchste Pyramide der Weltbirgt immer noch viele Geheimnisse.Vor allem der Bau, die Techniken und das System der Grabanlage beschäftigt Forscher und Wissenschaftler weiterhin.
Die Cheops-Pyramide wurde gemeinsam mit den benachbarten Pyramiden der Pharaonen Chephren und Mykerinos während der 4. Dynastie im Alten Reich etwa 2620 bis 2580vorChristus errichtet. Die Gizeh-Pyramiden sind das einzige noch existierende der Sieben Weltwunder der Antike. Ursprünglich wies die Cheops-Pyramide eineSeitenlänge von 230,33Metern auf und erreichte eine Höhe von 146,59Meter. Sie ist genau nach den vier Himmelsrichtungenausgerichtet. Als Baumaterial diente örtlich vorkommender Kalkstein, für einige Kammern wurde Granit verwendet.
Bereits im Baublatt 05/2019 wurde ein Buch zur Baukonstruktion der Cheops-Pyramide vorgestellt. Eine neue Publikation von Günter Fischer widmet sich erneut diesem Thema. Diese stützt mit umfangreichen Berechnungen die Theorie eines umlaufenden Saumpfades als Materialrampe.
Baugeschichtliche Experimente
Anders als Bernhard Kerres in seinem Werk «In der Mitte der Pyramide» leitet Günter Fischer in seinem 72 Seiten umfassenden Band seine Überlegungen nicht mit einer umfangreichen Einführung in die altägyptische Baugeschichte ein. Vielmehr setzt er beim Leser eine gewisse Grundkenntnis der Thematik voraus und steigt unmittelbar in pragmatische Überlegungen der Machbarkeit ein.
Hierbei bezieht er sich insbesondere auf baugeschichtliche Experimente, bei denen versucht wurde, Kalksteinquader verschiedener Grössen mit Menschenkraft auf Schlitten und auf Rundhölzern zu bewegen. Er kommt dabei zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass die von romantischen Vorstellungen der Historiker oft verbrämten Theorien bei einer Verifizierung in mathematischer, logistischer oder mechanischer Hinsicht durchweg versagen. Kernargument ist dabei vor allem die unfassbar kurze Bauzeit, die Historiker durchweg mit nur 25 Jahren ansetzen.
In dem ausgesprochen wissenschaftlich angelegten Werk des Diplom-Mathematikers und promovierten Diplomingenieurs, der heute an der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) in Köln tätig ist, wird rechnerisch der Nachweis erbracht, dass der Pyramidenbau über einen Saumpfad erfolgte. Dessen Breite definiert er mit «3b», wobei er «b» als die durchschnittliche Steinbreite festlegt. Ferner geht er davon aus, dass sich diese Materialrampe spiralförmig wie ein Schneckenhaus um die Pyramide nach oben wand.
Charakteristika des Saumpfades
Günter Fischer gibt sich überzeugt, dass bei einer Neigung von knapp 21 Grad das erforderliche Steinmaterial hinreichend zügig nach oben transportiert werden konnte. Auch die übergrossen Steinformate der Grabkammern wären damit logistisch zu bewältigen gewesen. Zudem war auf der Rampe der Einsatz von Zugtieren möglich. Die von ihm vorgeschlagene Wegbreite besass sogar eine seitliche Absturzsicherung, durch dort temporär abgelegte Steinquader.
Grundsätzlich ist der Buchautor ein Anhänger der Eimerkettenmethode. Hier bezieht er sich auf die vorindustrielle Löschmethode mit Wassereimern. Wasser lässt sich dadurch schneller zu einem Brandherd transportieren, als wenn jeder Einzelne den gesamten Weg vom Brunnen zum Feuer überwinden muss. So ermüden die Personen weniger schnell, da nur das Eimergewicht und nicht der Körper zu bewegen ist.
Dementsprechend stellt er die These auf, dass ein Zuggespann einen Stein jeweils nur von einem Rampenabschnitt zum nächsten bewegte und diesen dort an das nächste Team übergab. Für diese Theorie spricht die konstruktive Pyramidengeometrie, die aus exakt 200 Steinlagen besteht. Sobald der Saumpfad die nächsthöhere Ebene erreicht, ergibt sich automatisch ein für die Steinübergabe geeigneter, horizontaler Wegabschnitt. Dies wiederholt sich auf jeder Pyramidenflanke, insbesondere im unteren Drittel, das allein zwei Drittel des erforderlichen Baumaterials aufnimmt.
Infolge der pyramidalen Zuspitzung reduziert sich die Podestanzahl pro Flanke jedoch deutlich, bis allein die Eckpunkte verbleiben. Mit Hilfe dieser definierten Steinübergabepunkte, so Günter Fischer, lassen sich auch gegenläufige Verkehrsbewegungen vermeiden. Unbeladene Gespanne in Abwärtsrichtung müssen keine unter Last aufwärtsziehenden Gespanne passieren. Einen weiteren Vorteil dieses Procedere sieht er in der gleichförmigen Besetzung der Baustelle am Morgen und deren Verlassen am Abend.
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