ETH-Modell sagt Geschwindigkeit von Korrosion in Stahlbeton vorher
Wie schnell korrodiert Stahl in porösen Materialien wie Beton? Bisherige Berechnungsmodelle deckten sich nur unvollständig mit empirischen Befunden. ETH-Forscher haben nun eine verblüffend einfache und dabei präzise Analysemethode gefunden.
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Bewehrungsstahl, Symbolbild.
Sie könnte die Grundlage bieten für die Herstellung von ökologischen Baumaterialien, die mit weniger CO2-Ausstoss produziert werden können als herkömmlicher Beton aus Portlandzement. Beton ist laut den Forschern direkt nach Wasser weltweit der meistverwendete Stoff. Alternative Baumaterialien haben daher ein hohes Potenzial für die Senkung der Treibhausgase.
Solche CO2 senkenden Materialien gibt es zwar, aber sie verfügen über eine tiefere Alkalireserve als Beton. «Dies bedeutet, dass die modernen klimafreundlichen Betone ihre korrosionsschützende Wirkung, also den hohen pH-Wert, rascher verlieren», erklärt Ueli Angst, ETH-Professor für Dauerhaftigkeit von Werkstoffen. Darin eingelagerte Stahlbauteile rosten also schneller.
Aber wie schnell? Bisher galt, dass Stahl in ganz nassem und ganz trockenem Beton am wenigsten korrodiert, das heisst, dass er am meisten gefährdet ist, wenn Sauerstoff und Wasser gleichermassen vorhanden sind. Ein gross angelegter Versuch in den USA in den 1920er Jahren zeigte aber, dass vergrabene Stahlteile in den nassesten Böden am schnellsten korrodierten.
Geschwindigkeit von Korrosion vorhersagen
Das Team um Ueli Angst hat dieses Rätsel nun gelöst und ein neues, bestechend einfaches Modell entwickelt, das soeben in der Zeitschrift «Nature Materials»veröffentlicht wurde: Es kommt nicht nur auf das Verhältnis von Sauerstoff und Feuchtigkeit an, sondern auch auf die Fläche, mit welcher der Stahl an Poren grenzt, die sich mit Wasser füllen können. Denn nur da kann er rosten. «Dort, wo das Metall mit den Feststoffen in Kontakt ist, läuft keine Korrosion ab.»
Die Forschenden entwickelten ein theoretisches Modell, das diese Zusammenhänge quantifiziert. Damit kann aufgrund der Porenstruktur des Mediums und der Feuchtebedingungen die Korrosionsgeschwindigkeit vorhergesagt werden. «Mit diesem Modell können wir nicht nur unsere eigenen Messungen, sondern auch experimentelle Daten aus den letzten 50 Jahren erklären», wie Angst betont, «und zwar unabhängig davon, ob das poröse Medium nun Beton, Erdboden, oder Holz ist».
Quelle: Claudia Bertoldi
Archivaufnahme September 2018: Eindringende Chloride verursachten im Parkhaus des Einkaufszentrums Sihlcity in Zürich schwerwiegende Korrosionsschäden.
Erstmals genaue Prognosen möglich
Korrosion müsse nicht zwingend zu Schäden an Bauwerken führen, sofern sie langsam ablaufe. Ein gewisses, geringes Mass an Bewehrungskorrosion kann laut Angst während der Lebensdauer eines Bauwerks in Kauf genommen werden.
Dazu fehlte bis anhin jedoch die wissenschaftliche Berechnungsgrundlage.«Mit unserem Modell können wir nun quantitative Aussagen dazu machen, wie die Korrosion in unterschiedlichen Betonsorten und Umgebungsbedingungen abläuft». Diese Erkenntnisse könnten zu nachhaltigeren Bauten führen. (sda/pb)
* Fachartikelnummer DOI: 10.1038/s41563-019-0439-8