15:48 BAUPRAXIS

Entflechtung Wylerfeld: Ein neuer Bahntunnel für Bern

Geschrieben von: Pascale Boschung (pb)
Teaserbild-Quelle: Pascale Boschung

Auf den stark befahrenen Bahnstrecken im Osten von Bern braucht es mehr Möglichkeiten zur Umgehung von Kreuzungskonflikten. Im Rahmen des Projekts «Entflechtung Wylerfeld» entsteht zwischen den Bahnhöfen Bern und Wankdorf ein neuer Tunnel. Dieser ermöglicht das Kreuzen der Züge auf verschiedenen Ebenen.

900 Züge täglich – so viele befahren die Bahnstrecken Olten–Bern, Biel–Bern und Thun–Bern. Und alle laufen im Osten der Schweizer Hauptstadt im Wylerfeld zusammen. Bei dieser grossen Anzahl ist es unvermeidlich, dass sich die Fahrwege der Züge teilweise überschneiden. Genau da kommt das vom Bundesamt für Verkehr, dem Kanton Bern und den Schweizerischen Bundesbahnen SBB entwickelte Projekt «Entflechtung Wylerfeld» ins Spiel. Dieses soll das dortige Nadelöhr entlasten. Dazu ist ein neuer Bahntunnel vorgesehen, der den Zügen das Kreuzen auf verschiedenen Ebenen ermöglicht.

Spezialtiefbau mit Microtunneling

«Die gesamte Baustelle der Entflechtung ist knapp zwei Kilometer lang», erklärt Michel Martig, Baumeister bei der Arge Wylerfeld. Seit bald zweiJahren ist die Gemeinschaft – bestehend aus der Frutiger AG, Thun und der Marti AG, Bern – hieram Werk. Denn das Projekt umfasst nicht nur den Bau des grossen Tunnels vom Bahnhof Bern bis zur Haltestelle Bern Wankdorf. Auch zahlreiche kleinere Vorarbeiten wie beispielsweise das Erstellen mehrerer Stollen unter dem Gleisgeflecht sind Teil desProjekts. Aus diesem Grund ist die gesamteBaustelle in vier Lose unterteilt, von denen momentan drei in der Umsetzung sind.

Das Los 1 beinhaltet Spezialtiefbau-Arbeiten, die die Arge Wylerfeld übernimmt. Unter dem Bahntrasse werden dazu drei neue Querungen mit der Bohrtechnik Microtunneling gebaut. Bei dieser unterirdischen Baumethode wird unter anderem der Unterbruch der Gleise unnötig – für das verkehrsgeplagte Wylerfeld ein Segen.Der eigentliche Bahntunnel, also das vierte Los der Entflechtung, wird dann tief unter den jetzigen Bahngleisen Platz finden. Tatsächlich bestehen diese Querungen aber bereits, müssen jetzt jedoch neu gebaut werden, damit sie später unterhalb des Bahntunnels liegen.

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Positionierung der Stauffacherbrücke vom 8. Februar 2018.

Zwei Brücken abgebrochen

Das zweite Los übernimmt die Strabag AG aus Schlieren. Die Firma erstellt das gesamte Bahntrasse neu. Dazu gehören unter anderem die Entwässerung, neue Mastfundamente und der gesamte Gleisaufbau. Diese Bauarbeiten werden voraussichtlich diesen Dezember fertiggestellt sein.

Die Arge Wylerfeld ist auch für das Los3 verantwortlich. Dazu gehört der Ersatz der grossen Stauffacherbrücke und der kleineren Scheibenbrücke. Denn beide Übergange müssen für das Vorhaben abgebrochen und neu gebaut werden, da ihre Spannweite aufgrund des zusätzlichen Platzbedarfs für die Unterwerfung nicht mehr ausreicht. «Die Scheibenbrücke ist bereits fertig», erzählt Martig. Und auf den Ersatz der kleinen Schwester folgte der Abbruch der Stauffacherbrücke. «Bereits im Februar 2017 wurde die erste, vorfabrizierte Bogenhälfte der neuen Brücke eingehoben», erzählt Jonas Bucher, Bauführer der Arge Wylerfeld. Rund ein Jahr später war die Brücke aber noch nichtfertiggestellt. Denn die fertig montierten Stahlbogen hatten in einem ersten Schritt auf einerprovisorischen Konstruktion östlich der alten Brücke Platz gefunden und mussten noch in die richtige Position gebracht werden (siehe Video oben).

Das Herzstück zum Schluss

Das vierte und letzte Los wird das Herzstück der Entflechtung Wylerfeld sein: Der grosse Tunnel zwischen dem Bahnhof Bern und der Haltestelle Wankdorf. Die Ausschreibung dafür fand gerade erst statt. Der Baustart wird voraussichtlich Anfang 2019 erfolgen. Das Bauwerk des Hauptloses wird rund 872Meter lang sein und im Westen mit einer 290Meter langen Rampe beginnen. Der eigentliche Tunnel ist tatsächlich aber nur 300Meter lang und endet ebenfalls mit einer 282Meter langen Rampe.

Das Gesamtprojekt der Entflechtung Wylerfeld kostet rund 270MillionenFranken. Das Projekt ist zudem Teil des Bahnausbauprogramms «Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur» (ZEB).

Die ausführliche Baustellenreportage zum Projekt «Entflechtung Wylerfeld» erscheint im Baublatt Nr. 8 vom 23. Februar 2018.Interessieren Sie sich für ein Baublatt-Abonnement?

Geschrieben von

Redaktorin Baublatt

Zeichnet, schreibt und kreiert gerne. Themenbereiche: Bauprojekte sowohl international als auch regional, News aus Wissenschaft, Forschung, Technik, Architektur und Design.

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