08:23 BAUPRAXIS

Dynamik und das Denkmal: Wie in Andermatt weitergebaut wird

Geschrieben von: Manuel Pestalozzi (mp)
Teaserbild-Quelle: Manuel Pestalozzi

Die Europäischen Tage des Denkmals fanden in diesem Jahr am 12. und 13. September unter dem Motto «Weiterbauen» statt. Die Innerschweizer Kantone führten im Vorfeld eine gemeinsame Auftaktveranstaltung durch. Sie luden ein nach Andermatt, wo derzeit energisch weitergebaut wird und das Bewahren und die Entwicklung in enger Nachbarschaft zu verfolgen ist.

Andermatt The Chedi

Quelle: Manuel Pestalozzi

Blick über Andermatt in Richtung Schöllenen. Die Hotelanlage «The Chedi» ist an den dunklen Dächern zu erkennen. Dahinter erhebt sich das neue Quartier Andermatt Reuss.

Andermatt ist eine Art alpines Olten: Zwischen drei Pässen und einer Schlucht kreuzen sich im Ort und seinem Umfeld eine Nord-Süd und eine Ost-West-Verbindung durchs Hochgebirge. Der Verkehr spielte für das Dorf im Urserental seit je eine prägende Rolle. Die Gotthardtunnels führten zwar zu einer Entlastung und einer gewissen Marginalisierung. Aber an einem schönen Spätsommersamstag herrscht, wie sich bei der Anreise zur Auftaktveranstaltung feststellen liess, auf der Strasse permanent fliessender bis stockender Kolonnenverkehr. Auch die Waggons der Matterhorn Gotthard Bahn sind gut gefüllt; am neuen Bahnhof «Andermatt Central», der die Fahrgäste in ein geräumiges unterirdisches Passagensystem leitet, herrscht reger Betrieb.

Dynamik ist auch ein konstanter Faktor bei der Ortsentwicklung von Andermatt. Zuerst befand sich das Dorf beim Eintritt in die Schöllenenschlucht. Nach dem Abholzen des dortigen Schutzwalds zwecks Bau und Unterhalt der Stege durch die Schlucht verlagerte sich der Ortskern am Ende des Mittelalters nach Süden, unter den Schutzwald des Gemsstocks. Am ursprünglichen Standort erstreckt sich jetzt unterhalb der alten Kirche das Kasernenareal.

Verkehr und Militär waren in Andermatt lange wichtige Brotgeber. Beide verloren substanziell an Bedeutung. Deshalb gesellt sich nun der Tourismus dazu, was vor allem dem Investor Samih Sawiris aus Ägypten zu verdanken ist. Zahlreiche Neubauten sind geplant oder bereits realisiert – hinzu kommt ein ganzes neues Quartier mit Schwerpunkt Freizeit und Erholung: Andermatt Reuss. Für Personen, welche an der Pflege des baukulturellen Erbes interessiert sind, öffnet sich in Andermatt somit ein faszinierendes Spannungsfeld.

Das «alte Andermatt»

Beim Bahnhof empfing Thomas Brunner, Denkmalpfleger des Kantons Uri, zahlreiche Angereiste zu einem Rundgang, dem ersten Teil der Auftaktveranstaltung. Er hatte eine Begehung des «alten Andermatt» organisiert, des Siedlungsgebiets südlich der Bahnstrecke durchs Urserental. Brunner wies schnell darauf hin, dass Andermatt im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (Isos) eingetragen ist. Der Isos-Bericht von 1994 enthält neben konkreten Erhaltungszielen den Erhaltungshinweis, dass ein weiteres Überbauen des Grünraums zwischen dem Bahnhof und den alten Siedlungsgebieten strikte zu vermeiden und dieses Gebiet als Freifläche oder Parkanlage zu erhalten sei. Die erste Etappe des Rundgangs zeigte, dass mit «The Chedi» dieser Erhaltungshinweis weitgehend hinfällig ist.

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