Busludscha-Denkmal: Rettung einer sozialistischen Architekturikone
Das Busludscha-Denkmal in Bulgarien wird nicht saniert und restauriert, sondern lediglich vor dem weiteren Verfall bewahrt. Zurzeit wird es von einem Team der TU München konserviert und gesichert, sodass man es dereinst wieder besuchen kann.
Als wären hier in fernen Zeiten Ausserirdische gelandet und hätten ihr Raumschiff danach den Elementen überlassen: Das Busludscha-Denkmal auf dem Gipfel des Chadschi Dimitar im Herzen von Bulgarien erinnert an eine fliegende Untertasse. Mit dem Gabäude wollte der bulgarische Staat einst der sozialistischen Bewegung des Landes gedenken, 1981 ist es zur Feier des 1300-jährigen Geburtstags der Staatsgründung eingeweiht worden.
Doch mit dem Sturz der Regierung in den Jahren 1989/90 verfiel das Monument zusehends. Der Beton korrodierte, die gigantischen Mosaike, die in seiner Kuppelhalle von einem Durchmesser von 60 Metern das Sowjetreich verherrlichten, verloren ihren bunten Glanz und durch einst die zum Teil zerborstene Kuppel leuchtet längst der Himmel. Auuserdem wurde diese Ikone der sozialistischen Architektur im Nachkriegseuropa zunehmend Opfer von Vandalismus. Dies auch, weil sie für viele in Bulgarien mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden sein dürfte.
„Dark Tourism“ und Architekturinteressierte
Video von Filhine-Trésarrieu Vincent. Mehr Infos zum Video auf Vimeo.
Schliesslich ist das Monument derart baufällig geworden, dass man es für die Öffentlichkeit sperrte und seine Eingänge verbarrikadierte. Das ändert sich zurzeit: Der Zeitzeuge, der im Laufe der Zeit zum Anziehungspunkt für Freunde des „Dark Tourism“ und Architekturinteressierten geworden ist, wird konserviert und soll wieder begehbar werden. Hinter dem ambitionierten Projekt steht ein Team der TU München (TUM) unter der Leitung von Thomas Danzl, ebenfalls mit dabei sind die Buzludzha Project Foundation und Icomos Deutschland.
„Ich denke es ist wichtig, dieses Gebäude zu erhalten, damit es als Mahnmal wirken kann. Wir brauchen das“, sagt Uwe Brückner von der TUM, der auch an dem Projekt mitarbeitet, in einem Video der Buzludzha Project Foundation. „Wenn wir alles eliminieren, was wir in der Vergangenheit nicht gemocht haben oder auf der sogenannten dunklen Seite gestanden hat, dann gibt es auch keine Bereitschaft mit Vergangenheit umzugehen.“
Die Spuren des Zerfalls erhalten: Konservieren statt restaurieren
Thomas Danzl sieht es ebenfalls so. Auch Bauten, die mit heutigen politischen Verhältnissen nicht mehr vereinbar sind, „sind selbstverständlicher Teil unserer Geschichte, Teil unserer Identität. Ein Tilgen von Geschichte ist nicht immer von Vorteil.“ Deshalb wird das Busludscha-Monument auch nicht restauriert und in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt, sondern lediglich konserviert.
In diesem Fall bedeutet dies laut Danzl, dass man „das
Gewordene der Ruine“ anerkennt und ein Gleichgewicht von Erhalt und kontrolliertem
Verfall sucht. Das heisst, mit minimalinvasiven Mitteln seinen aktuellen
Zustand erhält. Denn das Monument erzählt laut Danzl mehr als nur eine
Geschichte aus dem einstigen Ostblock.
„Das Material erzählt uns auch die Geschichte des Vandalismus in den 1990er Wende-Jahren durch Bulgarinnen und Bulgaren, die sich mit dem Regime nicht mehr identifizierten“, so Danzl. „Und es erzählt uns von einer Jugendkultur und deren Mitteln der Aneignung mit Graffitis oder der Idee mit Quads durchs Gebäude zu preschen. Die Aneignung geschieht auf vielerlei Arten. Diese Geschichten sind als Ganzes wie ein Buch zu lesen. Wir wollen nicht unbedingt Antworten geben, sondern Fragen aufwerfen und diese Fragen moderieren.“
Ein Wettbewerb für ein Schutzdach?
Um das sozialistische „Ufo“ zu retten, wurden zunächst ein Schutzdach aus Metall und eine Schutzeinhausung mit Textilien errichtet, mit Hilfe von Helfern, die das Team um Danzl über die Sozialen Medien rekrutierte. „Die Winderosion ist jetzt ausgeschlossen, der direkte Wassereintrag ist vollkommen unterbunden und unsere neuesten Monitoring-Ergebnisse haben gezeigt, dass es auch frostfrei ist“, sagt Danzl. Damit habe man eine Atempause. Allerdings soll auch diesen Sommer mit weiter an der Sicherung gearbeitet werden.
Zudem soll das Monument auch für die Zukunft attraktiv gemacht werden. „Dazu brauchen wir ein richtiges Dach. Jetzt haben wir nur ein Schutzdach. Es wird die Aufgabe eines internationalen Wettbewerbs sein, vielleicht sogar eine ökologisch nachhaltige Hülle aus regenerativen Energien zu schaffen, die den Schutz des Gebäudes gewährleistet“, erklärt Danzl. „Es sollte eine clevere Möglichkeit gefunden werden, um eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen.“
Während das Gebäude nach und nach gesichert wird, startete die Buzludzah Foundation eine Kampagne: „Buzludzah‘s Unwritten Stories“, indem Zeitzeugenberichte über Bau und Geschichte des Monuments gesammelt wurden. Damit sollte einerseits das Wissen in Erzählungen und Erinnerungen über das Denkmal festgehalten, andererseits auch den Dialog zwischen den Generationen gefördert werden. (mai)
Internettipp: Website zum Projekt www.buzludzha-project.com
Die Zitate von Thomas Danzl stammen aus einem Interview, das die TU München kürzlich veröffentlichte. Das Interview findet sich unter diesem Link.