Burgdorfer Brückenbautag: Geplanter Unterhalt garantiert Sicherheit
An vielen Brücken nagt der Zahn der Zeit. Seit ihrem Bau haben sich Verkehrsvolumen und -last oft stark erhöht. Der erste Burgdorfer Brückenbautag zeigt, wie Planer und Ingenieure die Sicherheit Schweizer Brücken gewährleisten können.
Ob auf Schiene oder mit dem Auto, wer in der Schweiz unterwegs ist, quert unzählige Kunstbauten. Aufgrund der geografischen Lage wäre ein Vorwärtskommen ohne diese Übergänge undenkbar. Beeindruckend sind dabei zumeist Brückenbauten, die Täler überspannen oder am Abgrund entlang verlaufen. Wegen ihrer exponierten Lage werden an die technischen Meisterwerke der Ingenieure auch ästhetisch hohe Ansprüche gestellt.
Es verwundert deshalb kaum, dass gut projektierte Brücken teilweise auch nach über hundert Jahren noch voll funktionstüchtig sind. Ihre sogenannte «Lebensdauer», eine zutreffendere Bezeichnung wäre «angenommene Nutzungsdauer» haben sie manchmal erreicht oder sogar überschritten.
Fachleute bestätigen ihnen aber nach gründlichen Inspektionen den weiteren Bestand und volle Funktionstüchtigkeit. Eine gute Planung und Bauausführung mit regelmässige Kontrollen und Instandhaltungsarbeiten bilden die Basis dafür.
«Die Schweiz hat überproportional viele Brücke im Vergleich zu anderen Ländern. Das ist auch ein Grund dafür, dass die Fachkräfte über ein sehr hohes Niveau bei der Entwicklung und den verwendeten Technologien verfügen», eröffnete Dirk Proske, Professor an der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau in Burgdorf anlässlich des ersten Burgdorfer Brückenbautags.
Die Sicherheit der Brückenbauwerke steht dabei an erster Stelle. Bei gutem Unterhalt wird angesetzt, dass Brücken 75 bis 90 Jahre lang benutzt werden können. Dass eine Brücke versagt, wie es im letzten Jahr in Genua der Fall war, ist in der Schweiz nahezu unvorstellbar.
Natürlich sind die Brückenbauer und Infrastrukturbetreiber nicht vor Katastrophen gefeit. Erdrutsche, Überschwemmungen, Beben oder Feuer, aber auch der Anprall eines Fahrzeugs an einen Brückenpfeiler können ein bisher stabiles Bauwerk zum Einsturz bringen.
Netz mit 3500 Brückenbauwerken
Das Astra und die SBB haben auf ihren Netzen die höchste Anzahl von Brückenbauwerken zu verzeichnen, Tendenz zunehmend. Die Basis, um bildet das Erhaltungsmanagement. «Das Astra ist für ein Nationalstrassennetz von 1859 Kilometern Länge sowie dessen Ausbau und Erhaltung zuständig», berichtet der Fachverantwortliche Kunstbauten, Abteilung Strassennetze Astra, Dimitrios Papastergiou.
Das komplexe Netz umfasst auf 15 Prozent der Netzlänge insgesamt 4577 Kunstbauten, dazu gehören rund 3500 Brücken. Fazit: Alle Kunstbauten, also auch Brücken, können gefahrenlos passiert werden. Es existiert kein Bauwerk, das sich in einem alarmierenden Zustand befindet, bei dem also das schlimmste Ereignis, ein Einsturz, zu erwarten wäre.
Die Aussage basiert auf den regelmässigen Kontrollen, die vom Astra vorgenommen werden. Denn die Nationalstrassenverordnung sieht in Kapitel 4, Art. 46, vor, dass das Astra für einen technisch ausreichenden und kostengünstigen Unterhalt zu sorgen und periodisch den Zustand der Strassenlage zu überprüfen hat.
Weiter heisst es: «Es plant Unterhaltmassnahmen langfristig. Die Massnahmen sind so zu koordinieren, dass die Leistungsfähigkeit der Nationalstrassen sichergestellt ist und die Anzahl der Baustellen auf einem Abschnitt möglichst gering gehalten werden kann.» Konkret bedeutet es, dass jedes Bauwerk mindestens alle fünf Jahre inspiziert werden muss.
Quelle: zvg
Die beiden Brücken des Viaduc de Chillon wurden mit Ultrahochleitungs-Faserbeton verstärkt.
Guter Allgemeinzustand
Nach den Statistiken von 2018 zum Zustand der Kunstbauten auf den Nationalstrassen weist ein Viertel keine oder sehr geringfügige Schäden auf und wird mit Note 1 bewertet. In einem akzeptablen Zustand (Note 2), mit unbedeutenden Schäden ohne Auswirkungen auf die Sicherheit und die Funktionstüchtigkeit, befinden sich weitere 63 Prozent der Kunstbauten.
10 Prozent der Kunstbauten sind beschädigt und unter Note 3 eingestuft. Die Sicherheit ist gewährleistet, doch sie werden verschärft überwacht. Nur zwei Prozent der Bauwerke waren in einem schlechten Zustand (Note 4). Die grossen Schäden haben aber keine Auswirkung auf die Trag- oder Verkehrssicherheit. An diesen Bauten sind mittelfristig Arbeiten einzuplanen.
Der Zustand der Brücken ist gut. Papastergiou führt dies auf eine angemessene Unterhaltsstrategie zurück. Doch gleichzeitig weist er auf das steigende Alter hin, 48 Prozent der Brücken wurden zwischen 1960 bis 1975 erbaut. Das bedeutet, dass sich deren Zustand verschlechtern wird und in den kommenden Jahrzehnten eine Welle von Instandsetzungsmassnahmen und Ersatzbauten zu erwarten ist.
«Dabei muss entschieden werden, ob neu gebaut oder eine Instandsetzung vorgenommen werden soll. Reine Instandsetzungen werden nur vorgenommen, wenn keine Kapazitätserweiterung geplant ist und sich die Instandsetzung kostengünstiger als ein Neubau erweist», so Papastergiou. In den vergangenen Jahren wurden im Schnitt 20 Brücken aus Gründen der Kapazitätserweiterung ersetzt.
Prioritäten setzen
«Es wird aufgrund der Kapazität und finanziellen Belastung in 15 bis 20 Jahren nicht möglich sein, alle diese vor 1975 erbauten Brücken gleichzeitig zu ersetzen oder instand zu setzen. Deshalb muss die langfristige Unterhaltsstrategie weiterentwickelt werden. Einerseits sind Prioritäten für die Massnahmen zu setzen, andererseits muss es ein Konzept zur Verlängerung der Restnutzungsdauer der Bauwerke erarbeitet werden», betont Papastergiou.
Eine gute Zustandserfassung braucht vertrauenswürdige und korrekte Grundlagen und die einheitliche Prüfung mit Zertifizierung von Bauwerksinspektoren. In anderen Ländern wie Grossbritannien und den USA, bestehen dazu bereits Standards. Das Astra arbeitet an einer derartigen IT-Dokumentation.
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