BFE-Demonstrationsprojekt: Propan heizt und kühlt
Bei den in Wärmepumpen eingesetzten Kältemitteln geht der Trend von synthetischen Fluorwasserstoffen hin zu natürlichen Fluiden wie Ammoniak, CO2 oder Propan. Ein vom Bundesamt für Energie unterstütztes Demonstrationsprojekt in Oberwinterthur nutzt nun eine reversible, also zwischen Heiz- und Kühlbetrieb umschaltbare Luft-/Wasser-Wärmepumpe auf der Basis von Propan in Bürogebäude.
VonBenedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)*
In einer knapp zweijährigen Messkampagne hat die Propan-Wärmepumpe in dem nach Minergie-P-Standard errichteten Neubau ihre Funktionstüchtigkeit bewiesen. Das realisierte Heiz- und Kühlsystem eignet sich insbesondere für sehr gut gedämmte Neubauten an Standorten, wo keine geothermischen Wärmequellen (Erdsonden oder Grundwasser) zur Verfügung stehen.
Wärmepumpen haben sich in den letzten gut zwanzig Jahren als bevorzugte Technik für eine energiesparende, CO2-arme Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser etabliert. Ein zentraler Bestandteil von Wärmepumpen ist das Kältemittel, das dazu dient, der Umwelt (Luft, Boden) bei niedrigem Druck Wärme zu entziehen und diese – durch einen Kompressor auf das gewünschte Temperaturniveau gebracht – an den Heiz- bzw. Warmwasserkreislauf abzugeben. Das Kältemittel ist ein Schlüsselelement für die gute Funktionsweise einer Wärmepumpe. Idealerweise kann ein Kältemittel viel Wärmeenergie transportieren, ist weder giftig noch umweltschädigend – und erfüllt eine Reihe weiterer Materialeigenschaften, die den Einsatz in einer Wärmepumpe ermöglichen.
Klimaschädliche Kältemittel vermeiden
Die Anforderungen an Kältemittel haben sich im Laufe der Zeit verändert. Lange wurden synthetische Kältemittel wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW, HFCKW) bevorzugt. In den 1980er Jahren wurden sie wegen ihres Beitrags zur Zerstörung der Ozonschicht verboten – und in der Folge mehr und mehr durch Fluorkohlenwasserstoffe (FKW, HFKW) ersetzt. Diese chlorfreien Kältemittel haben zwar sehr gute thermodynamische Eigenschaften für den Wärmepumpenkreislauf, weisen jedoch ein hohes Treibhausgaspotential (Global Warming Potential/GWP) auf. So hat das Kältemittel R410A, das oft in Luft/Wasser-Wärmepumpen eingesetzt wird, ein GWP von 2090. Problematisch ist das erst, wenn durch Leckagen Kältemittel entweicht. Um die Gefahr durch die weltweit stark wachsende Zahl von Wärmepumpen und Kälteanlagen zu minimieren, sind heute Kältemittel mit sehr geringem GWP gefragt.
Eine Lösung sind sogenannt natürliche Kältemittel wie Ammoniak (R-717; GWP 0), CO2 (R744; GWP 1) oder Propan (R-290; GWP 3). CO2, das bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in der Kältetechnik eingesetzt wurde, ist heute in der Gewerbekühlung erste Wahl. In Wärmepumpen kann CO2 nur dann effizient eingesetzt werden, wenn eine relativ grosse Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf gegeben ist (wie es bei der Warmwassererzeugung der Fall ist). Ammoniak wiederum kommt nur in Grossanlagen zum Einsatz, da es zwar sehr wirkungsvoll, aber giftig ist, was einen grösseren Sicherheitsaufwand erfordert. Eine interessante Alternative für kleinere und mittelgrosse Anlagen ist deshalb Propan.
Quelle: Benedikt Vogel
Projektverantwortlicher Stefan van Velsen von der 3-Plan Haustechnik AG vor der Luft-/Wasserwärmepumpe mit ihren vier Kompressoren. Diese erlauben einen Betrieb im Lastbereich zwischen 15 und 100 Prozent.
«Sehr gute» Jahresarbeitszahl
Propan zeigt gute Eigenschaften bei Wärmepumpen, die eine relativ kleine Temperaturdifferenz überbrücken müssen, wie das bei Niedertemperatur-Heizungen für exzellent wärmegedämmte Gebäude der Fall ist. Es eignet sich zudem sehr gut für Kälteanlagen, wo es wegen seiner leichten Entflammbarkeit mit entsprechender Sicherheitsausrüstung in mittleren und grossen Anlagen eingesetzt wird. Ein Demonstrationsprojekt des Bundesamts für Energie hat nun aufgezeigt, dass dieser Wärmepumpen-Typ für die reversible Beheizung und Kühlung in einem mittelgrossen Bürogebäude sinnvoll eingesetzt werden kann. Eine 50 kW-Wärmepumpe der Schweizer Firma Scheco – umschaltbar zwischen Heiz- und Kühlbetrieb – wurde im November 2017 im Neubau des Ingenieur- und Planungsbüros 3-Plan Haustechnik AG in Oberwinterthur in Betrieb genommen. Unterdessen liegen die Ergebnisse der knapp zweijährigen Messkampagne vor, welche das Institut für Solartechnik (SPF) der Hochschule für Technik Rapperswil von November 2017 bis Juni 2019 durchgeführt hat, begleitet von Wissenschaftlern der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering) in Winterthur.
Ein wichtiges Ergebnis der Studie lässt sich in einer einzigen Ziffer zusammenfassen: der Jahresarbeitszahl (JAZ) 3, mit der die Wärmepumpe im Heizbetrieb arbeitet (Kühlbetrieb: 2.8). Die Wärmepumpe liefert also dreimal mehr Wärme im Vergleich zu dem Strom, den sie für Kompressoren, Sekundäraggregate (Kühlmittel-Pumpen, Ventilatoren) und das Abtauen verbraucht. «Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick nicht herausragend wirken, doch tatsächlich ist JAZ 3 ein sehr guter Wert, wenn man berücksichtigt, dass die Anlage wegen der speziellen Gebäudekonstruktion nur dann überhaupt zum Heizen bzw. Kühlen betrieben werden muss, wenn es draussen sehr kalt oder sehr warm ist, diese also ein ausgeprägtes Spitzenprofil aufweist», sagt der Projektverantwortliche Stefan van Velsen (3-Plan Haustechnik AG) und ergänzt: «Das Kältemittel Propan ist mit ein Grund für dieses gute Ergebnis, denn mit einem synthetischen Kältemittel wie R410A wären wir rund 5 Prozent schlechter.» Die Jahresarbeitszahl darf nicht mit der (auf die Maschine bezogene) Arbeitszahl verwechselt werden. Letztere liegt beim vorliegenden Projekt bei 4.6 (Heizbetrieb) bzw. 5.8 (Kühlbetrieb).
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