Baugrundverfestigung mit dem Soilcrete-Verfahren
Das Bauen in schwierigen Böden erfordert technisch ausgeklügelte Lösungen zur Baugrundverfestigung. Das Soilcrete-Verfahren der Keller-MTS AG ermöglicht neben Bauwerksunterfangungen für angrenzende Baugruben gleichzeitig die Abdichtung der Baugruben gegen eindringendes Grundwasser.
Quelle: Claudia Bertoldi
Gut 40 bis 50 Minuten dauert das Bohren, Schneiden und Soilcretieren einer Säule auf der Baustelle in Geroldswil.
Seit Anfang Mai stehen im Zentrum von Geroldswil ZH hohe Bauzäune. Die Limmattaler Gemeinde plant eine neue Zentrumsüberbauung, die 2020 fertig sein soll und 35 Millionen Franken kostet. Gestartet wurde mit dem sogenannten Baufeld Ost. Hier soll ein Gebäude mit einer zweigeschossigen Tiefgarage mit 150 Einstellplätzen, einem Coop und einer Apotheke im Sockelgeschoss sowie 27 Wohnungen in den Obergeschossen entstehen.
Vorerst ist die ehemalige Chilbiwiese der Gemeinde, deren Umzonung im Juni 2013 von der Gemeindeversammlung umgezont worden ist, aber eine grosse Baugrube. Gut sichtbar ragen über die Baustellenabsperrung ein grosser gelber Silo und Gestänge. Sie werden für die Arbeit eines kleinen Teams der Spezialtiefbauer der Keller-MTS AG benötigt, das mit die Grundlage für den zukünftigen Bau legt. Dabei handelt es sich um eine übersichtliche, kompakte Anlage und ein Bohrgerät, mit denen die vier Männer in den darauf folgenden Tagen einen Teil der Baugrube absichern werden.
Das Unternehmen mit Sitz in Ennetbaden wird jeweils dann gerufen, wenn es schwierig wird. Dies gilt auch in diesem Fall, denn das neue Gebäude soll teilweise direkt an eine bestehende Bebauung mit Tiefgarage angebaut werden. Hier sind Unterfangungen und die Abdichtung der Baugrube nötig. Die restliche Baugrube wird mit Spundwänden von einem anderen Bauunternehmen gesichert.
Quelle: Claudia Bertoldi
Zement oder Betonit werden im Mischer mit Wasser vermengt und im Vorratsbehälter zwischengelagert. Von dort aus gelangt die Zementsuspension zur Pumpe und wird mittels Hochdruckpumpe in das Bohrloch gepresst.
Schneller Auf-und Abbau
Rund zwei Tag hat die Montage der Anlage gedauert. Es ging recht zügig vorwärts, da in der grossen Baugrube genügend Bewegungsfreiheit vorhanden ist. Schwieriger wäre der Auf- und Abbau in beengten Verhältnissen, wenn beispielsweise in Kellerräumen, Schächten oder im Tunnel gearbeitet werden muss. Die Baustelleneinrichtungen für das Soilcrete-Verfahren bestehen aus Vorratsbehältern, Silo und einer kompakten Misch- und Pumpanlag, die über Schlauch- und Steuerleitungen mit dem Bohrgerät verbunden sind. Auf dieser Baustelle wird maximal bis in eine Tiefe von zehn Metern gebohrt. Die Aufrüsthöhe variiert in Abhängigkeit der Bohrgeräte und reicht von zwei Metern in Kellerräumen bis zu 35 Metern im Freien.
Gut eingespielte Teams arbeiten zusammen. Sie bestehen aus einem Maschinisten, Bohrhelfer, Pumpenfahrer und dem Polier. Nach dem Aufbau der Anlage werden zunächst zwei Probesäulen an verschiedenen Standorten der Baugrube ausgeführt. Die Bohrpunkte befinden sich in der Regel in schmalen, mit Pumpen ausgerüsteten Rücklaufgräben. Von dort fördert die Pumpe überschüssiges und später erhärtendes Wasser-Boden-Zementgemisch zu Absetzbehältern oder -becken. In Geroldswil ist dies nicht immer der Fall. Phasenweise wird hier das flüssige Rücklaufmaterial direkt mit einem Saugwagen am Bohrrand abgesaugt.
Nach der Überprüfung aller Herstellungsparameter an den Probekörpern kann die eigentliche Produktion beginnen. 150 Soilcrete-Körper müssen auf einer Länge von insgesamt fast 90 Metern entlang der bestehenden Bebauung geneigt in den Boden eingebracht werden. Jeweils zwei Jettingsäulen von 1,5 Metern Durchmesser stehen in einer Doppelreihe nebeneinander. Die beim bestehenden Bauwerk angrenzenden Säulen haben eine Länge von 8,4 Metern. Die davorstehende 2,8 Meter hohe Säulenreihe verstärkt den mittleren Bereich.
Quelle: Claudia Bertoldi
Maschinenführer Gerhard Gruber ist der «Herr des Bohrgeräts» und verfügt über einen eindrücklichen Erfahrungsschatz.
Viel Gefühl fürs schwere Gerät
Nun geht’s endlich an die Arbeit. «Wenn alles gut läuft, benötigen wir pro Bohrpunkt ungefähr eine Stunde Arbeitszeit. Dabei ist eine gute Vorarbeit des Poliers besonders wichtig», erläutert Maschinenführer Gerhard Gruber. Der Österreicher ist der «Herr des Bohrgeräts» und verfügt über einen eindrücklichen Erfahrungsschatz. In ganz Europa war er auf Baustellen der Keller AG im Einsatz, vor kurzem erst beim noch einige Jahre andauernden Bau des Brennerbasistunnels bei Klausen auf Südtiroler Gebiet.
Gut 40 bis 50 Minuten dauert das Bohren, Schneiden und Soilcretieren in diesem Fall. «Bei besonderen Bodenverhältnisses kann es einige Minuten länger dauern. Die weitere Zeit wird für das Einrichten des Gestänges und das Umsetzen nach vollendetem Bohrvorgang benötigt», erklärt Gruber. Jede vierte Säule wird erstellt, also jeweils drei Punkte ausgelassen. Gut zwei Tage härten die Baukörper aus, zeitigstens dann kann eine weitere Säule in unmittelbarer Nähe ausgeführt werden. Über regelmässig entnommene Rücklaufproben wird die Zementaushärtung überprüft.
Langsam, mit viel Gefühl täuft Gruber das Bohrgestänge mit dem Düsenmonitor und der Bohrkrone ab. Der Baugrund ist meist nicht homogen, auch hier in drei Schichten aufgebaut: Dem kiesigen Rückzugsschotter folgt eine Lage aus Sand und Schluff. Bei vier Meter Tiefe trifft Gerhard Gruber auf die Moräne mit Schwemmsand. Den Übergang zwischen den Materialschichten erkennt der erfahrene Maschinenführer am Verhalten seines Bohrgeräts und aus den Erkenntnissen der Probesäule – und reguliert dann den nötigen Druck.
Quelle: Claudia Bertoldi
Der Saugwagen zieht das anfallende Wasser-Boden-Zementgemisch aus dem Umfeld der Bohrlöcher ab.
Ein Spülstrom aus Suspension unterstützt den Vorgang und hält den Raum um das Gestänge für den Abfluss der Bohrspülung offen. Das Bohrgestänge wird bis zu einer Maximaltiefe von zehn Metern abgeteuft. Danach wird vom Bohren zum Jetten umgeschaltet. Der im Bereich des Bohrlochs anstehende Boden wird mit einer Zementsuspension mit 400 bar erodiert und injiziert.
Unter ständiger Kontrolle des Drucks werden mehrere Hundert Liter pro Minute eingebracht. Der enorme Druck ist auch an den Hochdruckleitungen zu erkennen, die in diesem Moment regelrecht pulsieren. Gleichzeitigt wird überflüssiges Rücklaufmaterial an die Oberfläche gespült.
Anwendung in fast jedem Baugrund
Die Erosionsweite des Düsenstrahls im Baugrund reicht je nach Bodenbeschaffenheit, Verfahrensart und verwendeter Flüssigkeit bis zu 3,5 Meter oder mehr. Nach dem Aushärten erhält der Soilcrete-Körper statisch nutzbare Eigenschaften. lm Gegensatz zu herkömmlichen Baugrundverfestigungsverfahren kann diese Methode in allen Lockergesteinen aber auch bei Ton angewandt werden. Die Festigkeit ist von der Art und der Menge des Zementanteils sowie den verbleibenden Bodenanteilen in der Soilcrete-Masse abhängig.
Die Abdichtungswirkung gegen Wasserzutritt wird durch spezielle Suspensionsrezepturen, gegebenenfalls unter Zusatz von Steinmehl oder Bentonit erreicht. Bei der Herstellung werden die Prozessdaten elektronisch aufgezeichnet und ein Herstellungsprotokoll erstellt. Ebenso können die Bohrachsen in einem zusätzlichen Arbeitsschritt vermessen und dargestellt werden.
Drei unterschiedliche Verfahren
Das Soilcrete-Verfahren bietet drei Versionen: Beim Single-Direktverfahren wird ins Bohrloch reine Zementsuspension mit einer Austrittsgeschwindigkeit von mindestens 100 Meter pro Sekunde zum gleichzeitigen Schneiden und «Soilcretieren» des Bodens eingebracht. Es wird für kleine bis mittlere Säulendurchmesser eingesetzt.
In Geroldswil kommt das Doublex-Verfahren zur Anwendung. Es sieht beim Einfüllen des Materials eine zusätzliche Druckluftzufuhr zu Erhöhung der Erosionsleistung vor, die für einen stärkeren Strahl sorgt. Dies ermöglicht grössere Säulendurchmesser, auf Baufeld Ost betragen sie 1,50 Meter. Das Verfahren wird in den meisten Fällen angewendet. Es dient zur Herstellung von Lamellenwänden, Unterfangungen sowie Dichtwänden oder -sohlen.
Bei sehr tonigen, dichten oder bindigen Böden kommt das Triplex-Verfahren zum Einsatz. Das anstehende Material wird vorgeschnitten und der Hohlraum unterhalb der Wasserdüse zeitgleich mit Zementsuspension verfüllt.
Rund vier Wochen vor Ort
Der Jetting-Vorgang ist beendet und die Säule erstellt. Das überflüssige, an der Oberfläche austretende Rücklaufmaterial wird noch während des Arbeitsprozesses von einem Saugwagen abgesaugt. Das Material wird später auf der Deponie entsorgt. Nun wird das Bohrgestänge wieder ausgefahren, dabei per Wasserschlauch vom anhaftenden Material gereinigt.
Das grosse Bohrgerät ist dennoch sehr flexibel und kann zügig umgestellt werden. Bereits nach wenigen Minuten ist es an der neuen Einsatzstelle bereit für die nächste Bohrung. Die Standorte aller mit dem Soilcrete-Verfahren zu fertigenden Baukörper sind bereits an der Mauer der bestehenden Nachbarbebauung markiert. Sie werden aber nochmals von Polier Angelo Panebianco und Bohrhelfer Miguel Viegas ausgemessen und überprüft. Dies ist für Gruber die Gelegenheit für eine kurze Kaffeepause mit Kollegen Claudio Andreoli, der die Pumpe bedient. Keine fünf Minuten vergehen, dann kommen auch die beiden anderen Kollegen in den engen Baucontainer. Kurze Lagebesprechung, und schon geht’s wieder an die Arbeit.
Der Einsatz auf den Baustellen ist zeitlich knapp bemessen, in Geroldswil sind rund vier Wochen eingeplant. Die Männer haben keine normale Arbeitswoche, denn der Arbeitstag wird oft durch die Produktionsabfolge geprägt. Die langen und harten Tage im Spezialtiefbau, weit weg von zu Hause und den Familien, werden mit verlängerten Wochenenden wieder kompensiert.