Autonomes Beschattungssystem mit Kiefernzapfen-Prinzip
Eine ETH-Doktorandin hat ein neuartiges Beschattungssystem konzipiert, dass sich am Funktionsprinzip von Kiefernzapfen orientiert. Das spezielle System benötigt keinen Strom, ist anpassungsfähig und stellt sich im Tagesverlauf selbständig ein.
Im Sommer heizen sich Gebäude besonders stark auf und selbst nachts lässt sich die Wärme kaum mehr aus dem Haus bringen. Diesem Problem hat sich die Bauingenieurin und ETH-Doktorandin Chiara Vailati angenommen, wie die ETH Zürich auf ihrer Homepage berichtet. Sie entwickelte ein neuartiges Beschattungssystem, dessen Ziel es ist, den Wärmeertrag in Gebäuden und damit den Kühlungsbedarf zu reduzieren. Das System sollte dabei aus umweltfreundlichen Materialien sein, wenig Energie verbrauchen und niedrige Installations- und Wartungskosten aufweisen.
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit bei Professor Ingo Burgert am Institut für Baustoffe der ETH Zürich konnte sie bereits einen ersten Prototyp ihrer Idee herstellen. Das Besondere am System: Es braucht keinen Strom. Es besteht aus einfachen Holz-Lamellen, die sich autonom bewegen können und parallel angeordnet eine Art Dach bilden, das sich selber öffnen und schliessen kann.
Natürliches Funktionsprinzip von Kiefernzapfen
Die Entwicklung von Chiara Vailatibasiert auf dem Funktionsprinzip von Kiefernzapfen, dessen Schuppen auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit reagieren können. Nimmt der Feuchtigkeitsgehalt ab, verbiegen sich die Schuppen und gehen in eine gebogene Form über. Möglich ist das aufgrund ihrer Bauweise. Denn die Schuppen eines Kiefernzapfens bestehen aus zwei verbundenen Gewebeschichten, die sich bei sinkender Luftfeuchtigkeit unterschiedlich stark zusammenziehen.
Dieses Prinzip der Kiefernzapfen hat Chiara Vailatinun auf zweischichtige Lamellen aus Holz übertragen. Die Schichten bestehen dabeiaus unterschiedlichen Holzarten, deren Fasern senkrecht zueinander orientiert sind. So sind die Lamellen in der feuchten Morgenluft und nachts flach und stehen senkrecht. Gegen Mittag hingegen, verbiegen sie sich aufgrund der Sonne und der trockenen Luft und spenden Schatten. Das «natürliche» Beschattungssystem benötigt auf diese Weise keinen Strom.
Alternative zu motorisierten Lamellen
Für die Entwicklung war mehrjährige Forschungsarbeit nötig. Denn es galt erst einige Herausforderungen zu meistern. Vailati musste zum einen die sehr kleinen Doppelschicht-Strukturen auf die marktübliche Lamellenlänge von bis zu einem halben Meter vergrössern, ohne dass sich das Material unkontrollierbar verformt. Zum anderen reagierte das System im Vergleich zu motorisierten Lamellen erstmal zu langsam. Die Lösung waren schliesslich ins Holz gefräste Streifenmuster sowie ein fein justiertes Verhältnis der Schichtdicken. Die ETH Zürich hat die Erfindung bereits zum Patent angemeldet. (mgt/pb)
Quelle: Chiara Vailati / ETH Zürich
Die gekoppelten Lamellen stehen bei hoher Luftfeuchtigkeit senkrecht (links) und biegen sich bei niedriger Luftfeuchtigkeit (rechts).