Abbruch Hotel Continental in Zürich: Betonzange beisst zu
Die Abbrucharbeiten des Hotels Continental in der Zürcher Innenstadt sind in vollem Gange. Im Februar wurde mit dem Rückbau begonnen, momentan rückt ein grosser Abbruchbagger dem ausgehöhlten Stahlbetonskelett zu Leibe. Nur die Bodenplatte wird übrigbleiben.
Es dröhnt, kracht und knirscht. Ab und zu kommt eine grosse Staubwolke in Richtung Strasse geweht, ein Wasserstrahl kämpft dagegen an. Der grosse Langarm des Abbruchbaggers schwenkt ein wenig nach rechts und schnappt mit seiner Zange etwas tiefer wieder zu. Zuerst bröckelt der Beton. Der Baggerführer lässt das kräftige Stahlgebiss immer wieder zuschnappen bis grössere Betonteile herausbrechen. Beda Grob ist seit 30 Jahren begeisterter Maschinenführer und Spezialist für diese Arbeiten. Anschliessend werden die Stahleinlagen herausgerissen und mit einem kräftigen Hieb abgetrennt. Nach und nach arbeitet sich das Gerät durch die Geschossdecke der oberen Hoteletage.
Quelle: Claudia Bertoldi
Die Baustelle liegt in dicht bebautem Gebiet. Mit dem Wasserstrahl gehen die Bauarbeiter gegen den Staub an, der beim Abbruch des Stahlbetonskeletts entsteht.
Jeden Tag wird der einst luxuriöse Hotelbau ein wenig kleiner. Die vordere Front fehlt bereits komplett. Der dahinterliegende Flügel wartet mit dunklen Fensterhöhlen auf das Ende. «Ende August sollten die Arbeiten hier beendet sein. Doch es gibt auf Baustellen immer wieder Überraschungen, die die Arbeiten verzögern können», weiss Rolf Montalta, Geschäftsführer der Toldo Rückbau AG, die für den Abbruch des Gebäudes verantwortlich ist. Die Rheintaler Firma mit Hauptsitz in Sevelen ist auf Rückbauarbeiten dieser Art spezialisiert. Beim vorangegangenen Entkernen des Gebäudes war gleichzeitig ein spezialisiertes Unternehmen zur Entfernung der Schadstoffe am Werk. Wie bei vielen Gebäuden aus den 60er- und 70er-Jahren war auch hier Asbest verbaut worden, das zunächst entfernt werden musste.
Nicht mehr zeitgemäss
Lange Zeit zählte das Hotel Continental in der Zürcher Stampfenbachstrasse 60 zu den besten Adressen der Stadt. Nur fünf Minuten Fussmarsch vom Hauptbahnhof entfernt und dementsprechend schnell auch vom Flughafen zu erreichen, in der Nähe der Shoppingmeilen sowie von Kultur und Museen, checkten hier jahrzehntelang Geschäftsleute und Touristen ein, die seine ideale Lage schätzten. 138 Zimmer, zwei Restaurants, eine Bar, Garten und Living Room standen zur Verfügung, dazu Tagungsräume, Business Corner und Concierge Service. Doch das im Jahr 1968 erbaute 4-Sterne-Haus war nun in die Jahre gekommen. Weder das früher sehr geschätzte gemütliche Ambiente noch die mit gehobener Ausstattung angepriesenen Zimmer schienen mehr die Zürich-Besucher zu überzeugen. Da nicht mehr zeitgemäss, wurde der Abbruch beschlossen. An gleicher Stelle wird in den kommenden zwei Jahren ein Hotelneubau entstehen.
Beda Grob startet wieder den Motor. Der Volvo EC480EHR setzt sich langsam in Bewegung. Um den Arbeitsraum optimal im Blick zu haben, kippt der Baggerführer die Kabine rund 30 Grad nach hinten. Diese Position ist für ihn komfortabel, da er den Kopf so nicht immer starr nach oben richten muss, um den korrekten Abbruch vornehmen zu können. Baumaschinenführer verbringen ansonsten täglich viele Stunden in dieser, für den Bewegungsapparat ungünstigenPosition. Für ihr körperliches Wohlbefinden sind der Komfort und eine optimale Ausstattung der Kabine entscheidend. «Seit 30 Jahren ist die Kabine quasi mein Zuhause. Der Volvo-Bagger bietet mir sehr viel Komfort, auch die Bedienelemente sind gut angeordnet, was bei den vielen Arbeitsstunden in der Kabine wichtig ist», betont Grob.
Ein Mitarbeiter wartet bereits im oberen Baustellenbereich mit dem Wasserschlauch. Er hat hier in der kurzen Pause die Zufahrt gesäubert. Auch wenn die Fahrbahnen und Fusswege durch die Baustelleneinrichtung etwas eingeschränkt sind, fliesst der Verkehr rund um die Abbruchstelle uneingeschränkt weiter. Deshalb müssen regelmässig Staub und Bodenmaterial von den Strassenbelägen entfernt werden. Sobald die Betonschere ihre Arbeit wieder aufnimmt, zieht ein kräftiger Wasserstrahl in ihre Richtung. Damit wird versucht, die Anrainer vor zu starker Staubbelästigung zu schützen – im eng bebauten Quartier ist das ein fast aussichtsloses Unterfangen. Wenn möglich, schützt eine grosse, am Arm eines Mobilkrans hängende Gummimatte das angrenzende Wohnhaus vor zu starken Emissionen.
Quelle: Claudia Bertoldi
Beda Grob kippt die Kabine rund 30 Grad nach hinten, um die Arbeiten optimal im Auge zu haben.
Logistische Meisterleistung gefragt
Im innerstädtischen Bereich ist die Anlieferung grosser Geräte kein einfaches Manöver. Bereits der Antransport und die Inbetriebnahme des grossen Volvo-Abbruchbaggers mussten bis ins Detail geplant werden. Er wurde für den Hotelrückbau zuvor extra umgebaut. In der Regensdorfer Werkstatt des Volvo-Konzessionärs Robert Aebi AG erhielt er einen dreiteiligen Abbruchausleger. Er erreicht damit eine Bolzenhöhe von über 28 Metern. Inklusive angebautem Betonbeisser sind sogar Abbauhöhen bis 30 Meter möglich. Die Zufahrt zur Baustelle ist eng, der Wenderadius klein. Dennoch wurde die Strasse für den Antransport nicht extra gesperrt. «Die Stadt Zürich ist in diesem Bereich sehr flexibel. Es kommt zwar zu kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen und leichtem Rückstau, aber wir konnten mitten am Tag ungehindert unser langes Baugerät einparken», berichtet Rolf Montalta.
Der grosse Volvo-Bagger ist die ideale Maschine für diese Art von Rückbau. Sie hat durch den anbaubaren Abbruchausleger und das hydraulisch verstellbare Fahrwerk nicht nur eine grosse Reichweite, sondern auch eine sehr stabile Standfläche. «Der Bagger muss gut funktionieren und zudem betriebssicher sein. Beim EC480EHR kommt noch hinzu, dass er eine ausgezeichnete Treibstoffeffizient besitzt. Nach 500 Einsatzstunden haben wir einen durchschnittlichen Verbrauch von 26,5 Litern Diesel pro Stunde errechnet», berichtet Montalda. Dies sei mit ein entscheidender Punkt für sein Unternehmen, dieses Modell gewählt zu haben. «Für uns ist die Technologie entscheidend. In dieser Gewichtsklasse ist dieser Bagger zurzeit der modernste und effizienteste», sagt er.
Quelle: zvg
Der Abbruchbagger startet nach dem Umbau in der Werkstatt der Robert Aebi AG auf einem Tieflader in Richtung seines Einsatzortes in der Züricher Innenstadt.
Bevor der EC480EHR auffahren konnten, waren allerdings Verstärkungsmassnahmen am Baukörper nötig. Nach dem Abriss der Vorderfront steht der Bagger nun mit seinen 66 Tonnen Einsatzgewicht auf deren Kellerdecke. Zusätzlich kommt noch ein Gewicht von 3,5 Tonnen hinzu – das allein wiegt der Betonbeisser. Die Kellerdecke ist für eine hohe Traglast von mehreren Etagen ausgelegt, aber keineswegs für eine punktuelle Last in dieser Höhe. Deshalb wurden im Untergeschoss massive Baumstämme als provisorische Stützen eingebracht. Sie werden mit fortschreitendem Rückbau wieder ausgebaut.
Der Abbruch geht zügig voran. Noch werden die oberen Etagen abgetragen. Der Baukörper ist in den Hang gebaut und steht im vorderen Bereich auf einer, im hinteren Bereich auf zwei unterirdischen Etagen. «Das Gebäude ist deshalb komplett mit Ankern gesichert. Wir werden das Objekt bis zur Bodenplatte abtragen. Im Anschluss erhält diese dann zusätzlich einige Öffnungen für die Fundation des neuen Gebäudes», erklärt Bauleiter Montalta. Weder sei bekannt, wie viele Anker eingebaut wurden, noch, ob diese immer noch funktionstüchtig, also gespannt seien. Dies müsse während des voranschreitenden Rückbaus geprüft, und die Anker gegebenenfalls ersetzt und mit neuen verstärkt werden.
25'000 Kubikmeter umbauter Raum
Rund 25'000 Kubikmeter umbauten Raum werden zurückgebaut. Dabei fallen voraussichtlich zwischen 6000 bis 7000 Kubikmeter Beton, 3000 Kubikmeter Bauschutt und 800 Kubikmeter Gips, zudem rund 180 Tonnen brennbare Materialien an. Alle Abbruchmaterialien werden bereits vor Ort direkt nach dem Ausbau sortiert. Damit sind zwei kleinere Raupenbagger beschäftigt. Einer befördert kontinuierlich das Material und verlädt es auf die bereitstehenden Tieflader. Der zweite Bagger ist mit einem Magneten ausgerüstet und zieht alle Eisenteile aus dem losen Bauschutt.
Wenn alles nach Plan verläuft, werden die Männer der Toldo Rückbau AG im Sommer den Einsatzort räumen. Dann werden auch die Abbruchbagger mit ihren schweren Anbauteilen von der Baustelle weichen. Doch Ruhe kehrt für die Anrainer trotzdem nicht ein. Gleich im Anschluss sollen der Neubauarbeiten starten. Die Planung für den neuen Hotelbau ist bereits abgeschlossen. Das neue Ibis-Hotel mit 260 Zimmern soll bereits im Sommer 2021 bezugsbereit sein. Auf sechs Obergeschossen entstehen Konferenzräume, Hotelzimmer und Appartements im 3-Sterne-Standard. Im Erdgeschoss wird eine Empfangs- und Frühstücksbereich sowie im Dachgeschoss eine Rooftopbar realisiert.