700-jähriges Holzhaus wird in Illgau SZ abgebrochen
Der Schweizer Heimatschutz droht der Gemeinde Illgau mit rechtlichen Schritten, man prüfe mit der Schwyzer Sektion, eine Strafanzeige sowie eine Beschwerde einzureichen. Ursache ist die „mutwillige Zerstörung eines weiteren Kulturgutes von europäischer Bedeutung“: Vor wenigen Tagen ist dort ein über 700 Jahre altes Holzhaus abgebrochen worden – laut Heimatschutz ohne Bewilligung.
Der Rückbau ist aber offenbar nicht gegen den Willen der Behörden erfolgt. Dies geht aus einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom Wochenende hervor. Wie die Zeitung schreibt, stützten sich diese in erster Linie auf die Tatsache, dass das Wohnhaus Wepfenen nicht Teil des kantonalen Schutzinventars und dementsprechend nicht vor dem Abriss geschützt sei.
Im Kanton Schwyz hatte schon das Haus Nideröst für einigen Wirbel gesorgt, als es vor bald 10 Jahren rückgebaut wurde. Es ist aber mittlerweile wieder aufgebaut worden. Die Aufnahme zeigt das Haus vor seinem Abbruch. (Bild: Kanton Schwyz)
Das auf das Jahr 1305 datierte Haus entspricht von seiner Konstruktionsweise her dem Innerschwyzer Wohnbautyp. Der Blockbau mit einer stattlichen, querrechteckigen Form gehört laut Heimatschutz zum prägenden, identifikationsstiftenden Erscheinungsbild der Innerschweizer Kulturlandschaft.
Allerdings hat das Gebäude im Laufe der Zeit einige Änderungen erfahren – und dies wiederum hat laut NZZ bei der Gemeinde den Ausschlag gegeben den Bau nicht als schutzwürdig einzustufen. Die kantonale Denkmalpflege sei hingegen aus fachlicher Sicht zur Empfehlung gekommen, dass das Gebäude insbesondere aufgrund des hohen Alters nicht dem Erdboden gleichgemacht werden dürfe.
Haus Nideröst, das älteste Holzhaus von Europa
Der Kanton Schwzy sorgt schon länger beim Heimatschutz für Ärger, der aktuelle Fall ist laut der Organisation nicht der erste dieser Art: Bereits 2013 sei in Schwyz auf die Rettung von drei mittelalterlichen Holzhäusern verzichtet worden, 2001 sei das älteste Holzhaus Europas (Haus Nideröst, 1176) abgetragen worden, heisst es in der Medienmitteilung.
Film von Claudia Steiner für die Morgartenstiftung zum Aufbau des Hauses Nideröst.
Das Haus Niderröst ist jedoch nicht einfach abgebrochen sondern aufwändig in seine Bestandteile zerlegt und eingelagert worden. Dank der Morgartenstiftung konnte es wieder aufgebaut werden. Allerdings nicht mehr in Schwyz sondern in der Schornen beim Morgarten. Zudem trägt es auch nicht mehr den Namen seines letzten Besitzers (Nideröst) sondern heisst nun Schwyzerhaus. (Mehr dazu im Video oberhalb dieses Abschnitts.)
Ob in den letzten Jahren weitere Gebäude aus der Zeit der Schlacht bei Morgarten (1315) abgebrochen worden sind, lässt sich gemäss Heimatschutz nicht beurteilen: „Obwohl das Thema seit nunmehr zwei Jahrzehnten auf dem Tisch liegt, besteht kein systematisches Inventar dieser bedeutenden Kulturdenkmäler.“ Aktuell prüft er nun zusammen mit der Schwyzer Sektion, sich mit einer Strafanzeige und Beschwerde gegen den illegalen Abbruch des mittelalterlichen Holzhauses in der Gemeinde Illgau zu wehren. Zudem soll vor Ort abgeklärt werden, ob Bruchteile davon noch gerettet werden können.
Die mutwillige Zerstörung und damit die vernachlässigte Verantwortung für die ältesten Holzhäuser in Europa habe nicht nur regionale, sondern nationale und internationale Tragweite, so der Heimatschutz in seiner Medienmitteilung. Er fordert vom Schwyzer Regierungsrat sowie den betroffenen Gemeinden Antworten. (mai)