Zürichs Kreis 5: Wenn der Schmelztiegel zum Trendquartier wird
Wo in den 80er-Jahren Alkoholiker vor ihrem Bier sassen, gehen heute vegane Smoothies über die Theke. Der Zürcher Kreis fünf gentrifiziert sich nach und nach.
Zürich drohe die Seele zu verlieren, fürchtet Christian Schmid, Professor für Soziologie am Departement Architektur der ETH in einem Interview mit dem „Tages-Anzeiger“. Für ihn zeichnet sich Urbanität dadurch aus, dass in einer Stadt Menschen unterschiedlichster Herkunft aufeinandertreffen. Als Beispiel für diese Entwicklung führt Schmid den Kreis 5 an, wo er während der 80er-Jahre zu Hause gewesen ist. „Auf der Strasse waren erstens ziemlich viele Leute unterwegs, und zweitens waren die wirklich sehr unterschiedlich.“ Heute sei der Kreis 5 längst nicht mehr so belebt, und man treffe vor allem auf ziemlich gut situierte „urban professionals“ oder Hipster, die sich noch immer alternativ vorkämen – obwohl eine Homogenisierung stattgefunden habe. Im Zuge der Gentrifizierung sind nicht nur die Migranten sondern auch zahlreiche Läden und Werkstätten aus den Hinterhöfen der Langstrasse verschwunden. Sie haben laut Schmid als wichtige Treffpunkte gedient . Er vermutet, dass diese Bewohner „irgendwo in der S-Bahn-Region rund um Zürich“ abgetaucht sind. „Die ganze Innenstadt ist zu einem privilegierten Ort geworden.“ (mai)