09:33 BAUBRANCHE

Verkehr Zentralschweiz: Bindeglied zwischen Nord und Süd

Geschrieben von: Nadine Siegle
Teaserbild-Quelle: Zentralbahn AG

Die Transitachse über den Gotthard stösst chronisch an ihre Kapazitätsgrenze. Bund und Zentralschweizer Kantone beseitigen Engpässe auf den Zufahrtsstrecken mit Grossprojekten. Erstes Hauptziel ist es, auf der Schiene bis Ende 2020 für die Neat-Volleröffnung bereit zu sein – dank Doppelspurausbau am Zugersee.

Die Anzahl der Personenwagen in der Schweiz hat sich seit 1980 gemäss Bundesamt für Statistik verdoppelt. 2017 waren es 4,6 Millionen. Der Personenverkehr auf der Schiene kommt 2017 auf knapp 198 Millionen Zugskilometer, das ist eine Zunahme von 50 Prozent verglichen mit dem Jahr 1995. Sowohl das Strassen- als auch das Schienennetz sind somit zunehmend stark belastet.

Das Bevölkerungswachstum, die Siedlungsentwicklung und die Wirtschaftssituation haben einen grossen Einfluss auf das Verkehrsgeschehen. So gibt es auch in der Zentralschweiz viele Engpässe und Lösungsansätze. Insbesondere die meist hohen Kosten, aber auch die Lärmbelastung oder Veränderungen für Anwohner lösen in der Regel grosse und vor allem langandauernde Diskussionen aus. Verschiedene Zentralschweizer Projekte haben diese Hürde aber überwunden und werden nun vorangetrieben.

Luzern: Gesamtsystem in Trennung

Im Kanton Luzern hat die Regierung Grund zur Freude: National- und Ständerat haben gerade in zwei Grossprojekten wichtige Entscheidungen getroffen; sowohl der Bypass Luzern als auch der Durchgangsbahnhof sind ihrer Umsetzung ein grosses Stück nähergekommen. Auf der Strasse bedeutet das, dass die Finanzierung des 1,7 Milliarden Franken teuren Bypasses durch den Bund nun gesichert ist. Das Parlament hat dem Ausbauschritt 2019 für die Nationalstrassen zugestimmt, worin auch die Autobahn-Umfahrung enthalten ist. Mit ihr soll die Verzweigung Rotsee entlastet und die Verkehrssituation auf den Autobahnen A2 und A14, welche bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen stossen, verbessert werden.

Der Bypass Luzern ist Teil eines Gesamtsystems, das allerdings in unterschiedliche Zuständigkeiten fällt und alles andere als in seiner Gesamtheit geplant und umgesetzt wird. Der Bund realisiert den Bypass, während der Kanton Luzern für den Autobahnzubringer Spange Nord zuständig ist. Mit letzterem soll die Innenstadt dank einer neuen Hauptverkehrsachse westlich der Reuss entlastet werden.

Dass die Spange Nord insbesondere in der Stadt Luzern äusserst umstritten ist und die Stadtregierung sie ausdrücklich ablehnt, erschwert die Situation. Während der Kanton verschiedene Varianten der Spange Nord prüft, hat die SP Stadt Luzern im April eine Initiative gegen das Verkehrsprojekt eingereicht. Die Ergebnisse der Variantenprüfung durch den Kanton werden im Herbst erwartet. Letztlich wird aber die Kantonsbevölkerung das letzte Wort über den Projektkredit haben.

Für die Seeunterquerung, die Teil des Projekts des Durchgangsbahnhofs in Luzern ist, muss der Vierwaldstättersee in Teilstücken nacheinander trockengelegt werden.

Quelle: Zentralbahn AG

Für die Seeunterquerung, die Teil des Projekts des Durchgangsbahnhofs in Luzern ist, muss der Vierwaldstättersee in Teilstücken nacheinander trockengelegt werden.

Doch was geschieht mit dem Bypass, fallsdie Spange Nord wegfällt? Jürg Röthlisberger,Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra), äusserte sich im Februar gegenüber der Luzerner Zeitung dazu: «Die Wirkung des Bypasses wäre vermindert, aber nicht verloren.» Der Bypass ohne Spange sei «eine Möglichkeit, wenn auch nicht wünschenswert».

Auf jeden Fall geht es nunvorwärts beim Grossprojekt des Bundes, unabhängig der Spange-Nord-Entscheidung: Voraussichtlich im Frühjahr 2020 erfolgt die öffentliche Auflage. Kommt nichts dazwischen, könnte 2024 mit dem Bau des zusätzlichen Autobahntunnels zwischen den Gebieten Ibach in Luzern Nordund Grosshof in Kriens begonnen werden. Eswird mit einer Bauzeit von zwölf Jahren gerechnet, die frühestmögliche Inbetriebnahme des Bypasses Luzern ist auf 2036 angesetzt.

Durchmesserlinie wird konkreter

Wichtige Hürden wurden auch im Luzerner Schienenverkehr genommen: Nach dem Ständerat sprach sich im Juni nun auch der Nationalrat für den Ausbauschritt 2035 für die Bahninfrastruktur aus, in den nach anfänglichen Geduldsproben auch der Durchgangsbahnhof Luzern einbezogen wurde.

Obwohl das Projekt ursprünglich nichtin der Botschaft des Bundesrats enthalten war, gelang es den Befürwortern und kantonalen Vertretern, in Bern erfolgreich für das Luzerner Grossprojekt zu lobbyieren. Damit ist der 100-Millionen-Kredit für die Projektierung des unterirdischen Bahnhofs mit Durchmesserlinie und Seeunterquerung gesprochen.

«Wir gehen von zehn Jahren Planung und zehn Jahren Bauzeit aus», sagte Massimo Guglielmetti, der als SBB-Programm­leiter für den Durchgangsbahnhofzuständig ist, im Juli gegenüber der LuzernerZeitung. Er betont jedoch, dass eine Eröffnungim Jahr 2040 voraussetze, dass das Parlament das Projekt auch in den nächsten Ausbauschritt 2040 aufnehme.

Darüber entscheidet das Parlament 2026. Damit das Projekt bis dahin genügend weit ist, um eine weitere Gutsprache zuerlangen, wird das Vorhaben nun zügig vorangetrieben. Das Ziel sei es, das gesamte Bau- und Auflageprojekt bis im Jahr 2026 fertigzustellen, so Guglielmetti. Unter anderem hat man bereits mit Sondierbohrungen angefangen.

Nidwalden: Massnahmen im ÖV

Anderweitig ist man in Verkehrsprojekten bereits viel weiter: Auf der Autobahn A2 bei Hergiswillaufen die Baumaschinen für Sanierungsarbeiten auf Hochtouren. Hier werden im Rahmen des A2 Erhaltungs- und Lärmschutzprojekts Hergiswil zwischen dem Loppertunnel und dem Tunnel Spier bis Ende 2021 rund 121 Millionen Franken investiert. Neben dem Ersatz der Lärmschutzwand und zahlreichen Instandsetzungsarbeiten wirdder Pannenstreifen zwischen der Verzweigung Lopper A8 / A2 und der Einfahrt Hergiswil zueiner dritten Fahrspur ausgebaut, die bei vielVerkehr temporär geöffnet werden soll.

Auch auf den Schienen läuft gerade viel inNidwalden: Die Passagierzahlen im öffentlichen Verkehr sind im Kanton in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Die Nachfrage übertreffe die Angebotsentwicklung deutlich, wie die Nidwaldner Regierung kürzlich mitteilte. Das Angebot erfährt einen stetigen Ausbau. So arbeitet auch die Zentralbahn mit verschiedenen Massnahmen an der Verbesserung der Strecke zwischen Luzern und Alpnachstad, für gesamthaft rund 140 Millionen Franken. Das Bus- und Bahnangebot soll verdichtet und modernisiert werden.

Ein Teil dieses Vorhabens beinhaltet den Doppelspurausbau in Hergiswil für rund 40 Millionen Franken. Die bestehende Doppelspur wird um rund 750 Meter verlängert, zwischen dem Haldiwaldtunnel und der Haltestelle Matt. Die Strecke soll Ende Dezember in Betrieb genommen und die Haltestelle Hergiswil Matt – in neuem Kleid als kundenfreundliche und hindernisfreie Haltestelle – voraussichtlich ab März 2020 wieder bedient werden können.

Wegen einer Beschwerde vor Bundesverwaltungsgericht kam es zu einer Verzögerung von fünf Monaten, im März erfolgte schliesslich der verspätete Spatenstich. Nun laufen die Arbeiten jedoch auf Hochtouren. Im Frühjahr verlangten diese sogar eine vierwöchige Totalsperre zwischen Luzern und Alpnachstad, welche auch gleich für weitere Sanierungsarbeiten, etwa am Loppertunnel zwischen Hergiswil und Alpnachstad, genutzt wurden.

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Ehemalige Redaktorin Baublatt / ehemals Kommunalmagazin

Nadine Siegle war von September 2016 bis Januar 2019 als stellvertretende Chefredaktorin beim Kommunalmagazin tätig. Nach dessen Einstellung arbeitete sie von Februar bis Juli 2019 als Redaktorin beim Baublatt, mit Schwerpunkt auf kommunale Themen.

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