Verkehr in Nordwestschweiz: Kantone planen Grosses auf der Schiene
In den beiden Basler Kantonen sind unter anderem unterirdische Bahnhöfe, ein weitverzweigtes S-Bahnnetz und damit die Erschliessung des Dreiländerecks vorgesehen. Auch der Kanton Solothurn rüstet bahntechnisch auf.
Quelle: M. Strīķis/CC BY-SA 3.0 DEED/Wikimedia Commons
Zur Entlastung der verstopften Strassen in der Stadt Basel plant der Bund den «Rheintunnel», eine neue unterirdische Autobahnverbindung zwischen Muttenz und Basel-Nord.
Die Basler Infrastruktur ist vollkommen
überlastet: verstopfte Strassen, überfüllte Trams und eine S-Bahn, die sich auf
einem viel zu knappen Schienennetz von Station zu Station quält, beschreibt die
«bz Basel» die aktuelle Verkehrslage.
Um die Situation zu entschärfen, werden das
Bundesamt für Strassen (Astra) mit den Kantonen Basel-Stadt und
Basel-Landschaft den Rheintunnel realisieren: Zwei Tunnel von je rund vier
Kilometern Länge verschwinden bei der A2 in Birsfelden langsam unter der Erde,
um dann den Rhein 18 Meter unter dem Flussgrund zu unterqueren und im Basler
Quartier Kleinhüningen wieder an die Oberfläche zu kommen, beschreibt das Astra
das Grossprojekt.
Problemzone Osttangente
«Der Nord-Süd-Hauptverkehrsachse A2
Osttangente Basel, die mitten durch die Stadt führt, ist der Flaschenhals in
Basel Nord», bringt es die «bz Basel» auf den Punkt. Sie sei einer der
meistbefahrenen Abschnitte der Schweiz – insbesondere zu Stosszeiten. «Ein
grosser Teil des Agglomerations- und Durchgangsverkehrs auf der heutigen
Osttangente wird durch den Rheintunnel entlastet» beruhigt der Astra-Direktor
Jürg Röthlisberger in einem Interview mit dem Gewerbeverband Basel-Stadt dessen
Leserschaft.
Das Verkehrsaufkommen auf dem chronisch
verstopften Strassenabschnitt könne dank dem Rheintunnel um rund 30 Prozent
sinken», fügt der Astra-Direktor gegenüber der «Basler Zeitung an.
Quelle: Astra
Die Nord-Süd-Hauptverkehrsachse A2 Osttangente Basel ist eine der am stärksten befahrenen Autobahnen der Schweiz.
Ausführungsprojekt abgeschlossen
Das Projekt zieht sich seit Ewigkeiten hin,
es gab unzählige Diskussionen, Interessengruppen, Einsprachen, Referenden und
Petitionen. Die Zeitungen aus dem Raum Basel haben seitenweise darüber
geschrieben. Doch die grundsätzlichen Fragen zur unterirdischen Autobahn
zwischen Muttenz und Basel-Nord sind trotz hitziger Kontroversen inzwischen
geklärt: Die Arbeiten am Ausführungsprojekt sind abgeschlossen. Vom
15. November bis zum 14. Dezember 2023 findet in Muttenz BL die öffentliche
Planauflage statt.
Der Rheintunnel kostet voraussichtlich 2,6
Milliarden Franken. Die Bauarbeiten beginnen 2029 und dauern mindestens zehn
Jahre. Mit der Inbetriebnahme der unterirdischen Autobahn rechnet man
frühestens 2040.
Es gibt allerdings noch eine Schattenseite.
Dem Strassenausbau fallen sämtliche Schrebergärten auf der Anlage Scheuerrain
in Muttenz zum Opfer. Ein Teil der betroffenen Fläche wird aufgeforstet – was
mit dem Rest passiert, ist ebenso unklar wie eine mögliche Kompensation der
Pächter, gibt die «Basler Zeitung» zu bedenken.
Das Projekt «Herzstück» BS / BL
Die «bz Basel» sagt klipp und klar: «Ja,
wir brauchen den Rheintunnel, und wir brauchen den Tiefbahnhof Basel SBB. Wir
brauchen den S-Bahnausbau und vor allem das ‹Herzstück›!»
Die Basler stellen sich zur
Verkehrsentlastung ein Jahrhundertprojekt vor: Unter dem Bahnknoten Basel
sollen Tiefbahnhöfe und ein weitverzweigtes Bahnnetz entstehen. Der
Zusammenschluss des Bahnhofs Basel SBB mit dem Badischen Bahnhof und der Station
St. Johann könnte die Innenstadt endlich ans S-Bahn-Netz anschliessen. Der
Ausbau des trinationalen S-Bahnnetzes ergäbe direkte Verbindungen nach
Deutschland und Frankreich. Mit dem Anschluss des Euro-Airports ans
Schienennetz schliesslich wären direkte Fahrten im Viertelstundentakt zum
Flughafen möglich.
Quelle: SBB CFF FFS
Gleise des Bahnhofs Basel SBB aus der Luft: Unter der Anlage könnte ein neuer Tiefbahnhof mit einem unterirdischen Bahnnetz entstehen.
Realisierung dauert Jahrzehnte
Mit diesem Plan geben die Stadt und Region
dem Bund ein deutliches Zeichen. Doch das «Herzstück» zieht sich dahin. Seit
Jahrzehnten schon spricht man darüber, manche glauben gar, dass das
Riesenprojekt niemals umgesetzt werden wird, beschreibt das neue
Onlinemagazin für die Region Basel, «Bajour», die Stimmung in Stadt
und Land.
Die Skepsis ist verständlich, denn die
Regierungen beider Kantone inklusive Bundesparlamentarier haben geschlafen. Die
Planung des «Herzstücks» und damit des Ausbaus der regionalen S-Bahn kam in der
Vergangenheit nur schleppend voran, kritisiert die «bz Basel». Der Zeitung ist
aber auch aufgefallen, dass die Politiker nun aufs Gaspedal drücken
wollen.
Die SBB hingegen treten auf die Bremse und
halten fest, «dass das ‹Herzstück› nur über mehrere Jahrzehnte und Schritt für
Schritt» realisiert werden könne. Zudem müsse man auf dem Weg zum
vollausgebauten Projekt zuerst zwingend ein «umfassendes Ertüchtigungspaket im
Umfeld des Bahnhofs Basel SBB» umsetzen.
Bundesentscheid erst 2026
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat
immerhin den Auftrag erteilt, zwischen 2022 und 2024 im Rahmen der Vorstudie
«Kapazitätsausbau Knoten Basel» die besten Varianten für die Projekte eines
neuen Tiefbahnhofs und des «Herzstücks» zu erarbeiten.
Noch ist nichts in trockenen Tüchern: Vorstudien sind sehr frühe Phasen der Planung von Bahnprojekten, aber sie bilden immerhin die Grundlage für spätere Projektierungsarbeiten im Rahmen der Planungsphasen, erklären die SBB. Ob dieses Ertüchtigungspaket Teil des nächsten Ausbauschritts des Bundes wird, entscheiden Bund und Parlament voraussichtlich im Jahr 2026.
Doppelspurausbau im Laufental BL
Die S-Bahnstrecke zwischen Delémont, Laufen
und Basel verläuft grösstenteils einspurig. Während den Hauptverkehrszeiten
werden wegen Überlastung Verstärkungswagen eingesetzt. Zudem donnern
Fernverkehrszüge durch die Jura-Landschaft: Die Bahnstrecke ist überlastet.
Kreuzungsmöglichkeiten gibt es keine, weshalb man den Takt nicht verdichten
kann.
Ein Ausbau ist dringend nötig, deshalb
erteilte das BAV die Baubewilligung für den Doppelspurausbau zwischen
Grellingen und Duggingen. Damit ist das Bahnprojekt rechtskräftig. Der Bund,
die Kantone und die SBB haben einen weiteren Meilenstein im öffentlichen
Fernverkehr erreicht, teilen die SBB in einem Pressecommuniqué mit.
Quelle: SBB CFF FFS
Die Doppelspur zwischen Grellingen und Duggingen verlängert einen Abschnitt, auf dem sich Züge kreuzen können. Fernverkehrszüge werden Ende 2025 im Halbstundentakt verkehren.
Arbeiten auf engstem Raum
Der Bau eines durchgehenden zweiten Gleises
zwischen den Ortschaften Grellingen und Duggingen schafft einen insgesamt vier
Kilometer langen Doppelspurabschnitt, auf dem sich Züge kreuzen können. Damit
verkehren die Fernverkehrszüge auf der Linie Basel–Laufen–Delémont–Biel gegen
Ende 2025 künftig im Halbstundentakt. Zudem wird jede zweite Verbindung bis
nach Lausanne verlängert. So erhält der Jura wieder eine umsteigefreie
Fernverkehrsverbindung zwischen Delémont und dem Genferseebecken, so die
SBB.
Das Bahnunternehmen startete diesen März
mit den Vorarbeiten. Gearbeitet wird auf engstem Raum. Damit die Teams ein
zweites Gleis verlegen können, müssen sie zuerst die Fläche des Trassees
verbreitern und die bestehende Spur Richtung Hang verschieben. Die neue Strecke
wird teils auf Wander- und Velowegen verlaufen, beschreibt die «Aargauer
Zeitung» die Lage vor Ort.
Die BAV-Vizedirektorin Anna Barbara Remund
unterstrich in einer Ansprache die verkehrstechnische und symbolische Bedeutung
des Doppelspurausbaus Laufental: «Mit diesem Ausbau werden die wirtschaftlichen
Zentren und die Sprachregionen besser miteinander verknüpft», schreibt die
«Aargauer Zeitung».
Die Kosten für das Projekt betragen 133
Millionen Franken. Auftraggeber und Financier ist der Bund, das Geld fliesst
dank des Ausbauschritts 2035. Die Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura
und Solothurn haben die Planung und Projektierung im Vorfeld mitfinanziert.
Ausbau Bahnhof Lohn-Lüterkofen SO
Um die wachsende Zahl von Fahrgästen bewältigen zu können, plant der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) den Ausbau des Bahnhofs Lohn-Lüterkofen. Das Fahrgastaufkommen auf der Bahnlinie zwischen Bern und Solothurn steige seit Jahren und werde gemäss den aktuellen Prognosen bis 2030 um weitere 30 Prozent wachsen, teilte der RBS mit.
Die Regierungsrätin
Sandra Kolly, Vorsteherin des Bau- und Justizdepartements des Kantons
Solothurn, betonte die Wichtigkeit des Umsteigeknotens Lohn-Lüterkofen für den
öffentlichen Verkehr in der Region (unter dem Bahnhof Bern ist ein neuer
RBS-Bahnhof bereits im Bau, auch in Solothurn und entlang der Strecke wird
gebaut).
ÖV-Drehscheibe der Agglomeration
Im regionalen Bahnnetz lassen sich keine
weiteren Züge mehr einsetzen. Dafür werden infolge steigender Passagierzahlen
längere, nämlich 180 Meter lange Züge, auf den Schienen verkehren, so der RBS.
Demzufolge müsse man die Perrons verlängern. Zudem wird der Bahnhof
behindertengerecht angepasst. Neugestalten will man ebenso den Busbereich und
Bahnhofsplatz. E-Bikern, Auto-, Velo-, Mofa-, oder Motorradfahrern stehen
zusätzliche Veloabstellplätze und Autoparkplätze zur Verfügung. Das historische
Bahnhofgebäude aus dem Jahr 1916 bleibt erhalten.
Die drei Projektpartner, der RBS, der
Kanton Solothurn und die Gemeinde Lohn-Ammannsegg, wollen die Anlage
zukunftsfähig und attraktiver gestalten. Die Kombination von Bus und Bahn soll
den Bahnhof zu einer zentralen ÖV-Drehscheibe in der Agglomeration machen. «Der
Ausbau des Bahnhofes liegt mir und dem Gemeinderat ganz besonders am Herzen»
bekräftigte Sandra Kolly. «Mit dem neuen Bahnhofsareal erhält die Gemeinde die
Visitenkarte, die sie verdient.»
Quelle: RBS
Der neue Bahnhof Lohn-Lüterkofen soll zur ÖV-Drehscheibe der Agglomeration werden.
Ausbau verzögert sich
Bisher sollte das Vorzeigeprojekt 2025
starten. Doch die Bearbeitungsfristen dauerten bei der Bewilligungsbehörde
länger als geplant. Die öffentliche Planauflage finde später statt, ein genauer
Termin sei noch nicht bekannt. Mit dem Bau könne man frühestens 2026 beginnen,
eröffnet werden soll der neue Bahnhof 2028, teilte der RBS mit. Detailtermine
des Bewilligungsverfahrens sowie des Bauprogramms würden publiziert, sobald
diese bekannt seien, schreibt die «Solothurner Zeitung».
Für das Gesamtprojekt sind etwa 55
Millionen Franken budgetiert, wovon der Bund rund 90 Prozent übernehmen wird,
zum Teil mit Geld aus dem Agglomerationsprogramm. Wie der RBS weiter mitteilte,
beträgt der Anteil der Gemeinde rund 3,4 Millionen Franken – die
Gemeindeversammlung in Lohn-Ammannsegg stimmte dem Investitionskredit Ende Juni
einstimmig zu. Auf den Kanton entfallen 2,5 Millionen Franken.
Hauenstein-Basistunnel BL/SO
Die SBB führten Ende November 2021 eine
Ausschreibung für die Instandsetzung des Hauenstein-Basistunnels zwischen Olten
und Basel durch. Aufgrund von drei Offerten beziehungsweise nach Abschluss des
Verfahrens vergab das Unternehmen den Bauauftrag im Juni 2022 an die
ausgewählten Teams. Einen Monat später legte ein unterlegener Mietbieter eine
Beschwerde gegen die «ungerechte» Arbeitsvergabe an einen Konkurrenten ein. Der
übergangene Bewerber stellte zudem ein Gesuch für eine aufschiebende Wirkung
während des laufenden Verfahrens. Das Gesuch wurde im März 2023 vom
Bundesverwaltungsgericht abgewiesen.
Auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts
bestätigte der Verlierer, dass er eine Weiterführung seines Verfahrens wünsche.
Gesuche für Schadenersatz reichte er jedoch keine ein, wie aus einem
veröffentlichten Entscheid hervorgeht.
Quelle: SBB CFF FFS
Die SBB müssen die Totalsanierung des Hauenstein-Basistunnels zwischen Olten und Basel verschieben.
Rechtsstreit abgeschlossen
Das Gericht hat den Fall nun abgeschrieben,
weil an einem Entscheid weder ein praktisches noch ein aktuelles Interesse
bestehe. Der Beschluss ist noch nicht endgültig und kann vor dem Bundesgericht
angefochten werden.
Der Baustart für den rund acht Kilometer
langen Jura-Durchstich zwischen Tecknau BL und Trimbach SO hatten die SBB auf
Anfang 2023 festgelegt. Nun muss der Betrieb das Projekt auf den Herbst 2023
verschieben. Entsprechend offen seien auch die Dauer der Arbeiten sowie die
genauen Termine der verschiedenen Gleissperren und Fahrplanänderungen. Und es
könne auch nicht beziffert werden, wie hoch die Mehrkosten sein werden, welche
die Verschiebung verursachen wird, meldet die SDA.
Neues SBB-Werk Olten SO
Oberflächenbehandlungen von Wagenkasten
sind für einen zuverlässigen Bahnbetrieb unerlässlich. In Olten, im grössten
SBB-Werk der Schweiz, werden Eisenbahnwagen instandgehalten und modernisiert.
Hier wird geschweisst, gehämmert und lackiert; auf separaten Fahrbahnen düsen
unzählige Gabelstapler herum. Insgesamt 1100 Personen sorgen auf dem
18 Hektaren grossen Areal mit Verve dafür, dass der Bundesbetrieb seine
Fahrzeugflotte in Schuss halten kann, beschreibt das «Oltner Tagblatt» die
Stimmung im Werk.
Doch es sind immer mehr Züge unterwegs, und die steigende Menge der Eisenbahnwagen muss laufend instandgehalten werden. Das bestehende Werk reicht für künftige Wartungsarbeiten jedoch nicht mehr aus. Aus diesem Grund bauen die SBB auf dem Areal einen neuen Hallenanbau. Auf sechs zusätzlichen Plätzen werden Wagenkasten bearbeitet. Zwei Schienen sind für klimatisierte Lackierkabinen vorgesehen, ein Gleis dient der Sandstrahlanlage. Auf drei weiteren Bahnen wird Sand gestrahlt und geklebt.
Quelle: SBB CFF FFS
Das Bahnangebot wird grösser und die Fahrpläne dichter. Mit dem neuen Hallenanbau in Olten sind die SBB auf den Anstieg der Eisenbahnwagen sowie deren künftigen Instandhaltung und Modernisierung vorbereitet.
Parallel zum Neubau der Halle werde das Werk Olten auch andernorts weiterentwickelt: Von 2024 bis 2025 entstehe ein neues automatisiertes Kompaktlager für Drehgestelle und grössere Komponenten wie Radsätze, Kompressoren oder Wechselrichter. Die Anzahl Drehgestelle werde in den nächsten fünf bis zehn Jahren zunehmen, da sich die SBB-Flotten, unter anderem einstöckige Regionalverkehrs-Triebzüge, vergrössern würden. Man sei bereits daran, das gesamte Werkareal mit Behörden und Experten auf die mittel- und langfristigen Bedürfnisse auszurichten, so die SBB.
Die neue, 46 Millionen teure Halle soll im Lauf des Jahres 2025 in Betrieb gehen, wie die SBB schreiben. Die Baubewilligung sei am 31. August vom BAV erteilt worden.