Umstrittene Solaranlagen-Pflicht im Thurgau – St. Gallen sagte Nein
Grüne, Grünliberale und SP fordern im Kanton Thurgau eine Solaranlagen-Pflicht nicht nur für Neubauten, sondern auch für bestehende Gebäude. Nur so könnten die Klimaschutz-Ziele erreicht werden. In St. Gallen schickte der Kantonsrat eine ähnliche Motion bachab.
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Geht es nach den St. Galler Grünen sollen spätestens bis 2035 alle geeigneten Dach- und Fassadenflächen bestehender Gebäude mit Photovoltaik oder Solarthermie ausgerüstet werden.
Die Motion «Flächendeckende Produktion von erneuerbaren Energien für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz» wurde in der Aprilsession in St. Gallen mit 78 zu 36 Stimmen abgelehnt. Damit bleibt der Bau von Solarstrom- oder Solarwärmeanlagen auf bestehenden Gebäuden freiwillig. Die Regierung war ebenfalls gegen die Motion.
Die Motionäre (Grüne, GLP und SP) hatten eine Pflicht gefordert, geeignete Dach- und Fassadenflächen bei Gebäudesanierungen, spätestens aber bis im Jahr 2035 mit Solaranlagen auszurüsten. Um die Klimaschutz-Ziele zu erreichen, brauche es einen massiven Ausbau der Energiegewinnung aus Photovoltaik und Solarwärme.
Solar-Ausbau zu langsam
Mit dem aktuellen Ausbautempo würde der Kanton sein Solarenergie-Potenzial erst in etwa 200 Jahren voll ausschöpfen. Die Nutzung der Solarenergie führe längerfristig zu tieferen Energiekosten, stärke das lokale Gewerbe und schaffe Arbeitsplätze. Ausserdem würde die Abhängigkeit vom Ausland verkleinert.
Die St. Galler Regierung beurteilte die Motion als «aus fachlicher Sicht zielführend». Die Forderung entspreche weitgehend der Zielsetzung des St. Galler Energiekonzepts 2021-2030. Trotzdem lehnte sie die Motion ab. Bei der Solarenergie müsse auf Freiwilligkeit, Solidarität und Kooperation gesetzt werden.
Freiwilligkeit fördere die Eigeninitiative, argumentierte die Regierung. Zwänge und Verbote hingegen würden die Eigeninitiative erheblich senken. Gleichzeitig räumte die Regierung ein: «Der Handlungsbedarf ist unbestritten und gross.»
Eingriff in Eigentumsgarantie
Im Thurgauer Grossen Rat reichten Grüne, GLP und SP Mitte 2021 eine fast identische Motion ein. Bis 2030 müsse im Thurgau mindestens 40 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Dies würde etwa 700 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr entsprechen. Das Potenzial zur Solarstromproduktion auf den Dächern sei doppelt so gross.
Die Motion von Marco Rüegg (GLP, Gachnang), Simon Vogel (Grüne, Frauenfeld) und Elina Müller (SP, Kreuzlingen) wurde von 40 weiteren Ratsmitglieder mitunterzeichnet. Die Regierung teilt gemäss ihrer Stellungnahme das Anliegen der Motion, den Ausbau der Solarenergie voranzutreiben. Damit würden «offene Türen eingerannt».
Allerdings sei der Weg über weitere Vorschriften nicht zielführend. Ein gesetzliche Verpflichtung zum Bau von Solaranlagen stelle «einen weitgehenden Eingriff in die Eigentumsgarantie dar», schreibt die Regierung. Es sei deshalb praktikabler, die Ziele weiterhin mit Anreizen, Beratung und Information zu verfolgen.
Anreize für Solaranlagen statt Zwang
Die Regierung meldete noch weitere Vorbehalte gegen die Motion an. So sei unklar, was unter dem Begriff «geeignete Flächen» für Solaranlagen genau zu verstehen sei. Zudem könnte der Ausbau auf Kosten von Grünflächen gehen. Der Grosse Rat wird die Motion frühestens am 18. Mai behandeln.
Auch im Ausserrhoder Kantonsrat sind die Solaranlagen ein Thema. 20 Mitglieder reichten im Februar eine dringliche Interpellation ein. Sie stören sich daran, dass der Kanton mit seinem Leitfaden Solaranlagen unnötig einschränkende Auflagen mache. Erfreulich sei, dass der Kanton mehr Geld für Solaranlagen zur Verfügung stelle. (sda/pb)