17:05 BAUBRANCHE

Über den <<schönsten Beruf der Welt>>

Mit seinem Buch «Brückenbau 1960–2005» legt Dialma Jakob Bänziger, einer der bekanntesten Schweizer Bauingenieure, seine Autobiografie vor. Es ist ein Leckerbissen für Fachleute und geeignet, junge Menschen für den Beruf des Bauingenieurs zu begeistern.

Nach seinem Diplom als Bauingenieur an der ETH im Jahre 1951 war Dialma Jakob Bänziger zuerst in der Bauunternehmung und im Ingenieurbüro Locher & Cie. vorwiegend als Baustellen-Ingenieur im Wasserkraftwerkbau tätig. Anschliessend arbeitete er im Ingenieurbüro Hans Eichenberger, Zürich, namentlich als Projekt- und Bauleiter für das Kraftwerk Melchsee-Frutt und dann als Projektleiter für die Weinlandbrücke Andelfingen, ein Pionierwerk der Spannbetonbauweise. Schliesslich lernte er während eines knappen Jahres bei der Sektion für Brückenbau der Kreisdirektion Ill der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auch die Bauherrenseite von innen kennen.

Derart vorbereitet, eröffnete Bänziger 1959 sein eigenes Ingenieurbüro in Zürich, das er sukzessive mit Zweigniederlassungen in der Ostschweiz und Graubünden sowie im Mittelland ausbaute und durch die Integration jüngerer Partner breit abstützte. 1999 übergab er den Vorsitz der Geschäftsleitung an Albert Köppel. Seit 2004 leiten seine Partner die Bänziger Partner AG mit rund 100 Mitarbeitern und Bänziger als Berater.

Rund 500 Brückenbauwerke

Mit seinem Ingenieurbüro war Dialma Jakob Bänziger bis 2004 für rund 500 ausgeführte Brückenbauwerke als Projektverfasser beziehungsweise Bauleiter verantwortlich. Von 1960 bis 1999 nahm er an 50 Brücken-Wettbewerben teil, oft in Arbeitsgemeinschaft mit Bauunternehmungen oder andern Planern. Dabei war er überaus erfolgreich. Sein Büro wurde bei über 40 Prozent der Wettbewerbe mit der Projektierung und Bauleitung beauftragt.

Nach der Beschreibung seiner Lehr- und Wanderjahre sowie der Geschichte seiner Firma legt Bänziger in konziser Form seine aus grosser Erfahrung gereiften Ideen zum Brückenbau nieder.

Dieses Kapitel leitet zum Hauptteil des Buches über, der ausführlichen Beschreibung von 25 ausgewählten Brückenbauwerken (samt späteren Erweiterungen) und einigen weiteren Brückenbeschreibungen in Kurzform. Ein Geleitwort von Daniel Vischer, ein Vorwort von Albert Köppel und ein Nachwort von Christian Menn runden das reich illustrierte und schön gestaltete Buch ab.

Bänziger betont die zentrale Rolle der Entwurfsarbeit, die zum Gesamtkonzept eines Brückenbauwerks führt. Selbst ein Meister dieser höchst anspruchsvollen, aber auch ausserordentlich befriedigenden schöpferischen Tätigkeit, geht er bei den von ihm beschriebenen Brücken nebst deren Gestaltung und Konstruktion insbesondere auf die jeweils gewählten Bauverfahren ein. Zusammen mit der Wahl des Tragsystems beeinflussen diese die Wirtschaftlichkeit einer Konstruktion massgeblich und sind deshalb meist für den Zuschlag entscheidend.

Bänziger betont ferner, dass die wahre Dualität eines Bauwerks hauptsächlich von der fachlichen Kompetenz der beteiligten Ingenieure, Bauleiter, Bauführer und Poliere abhängt. Er hat «...immer wieder die Erfahrung gemacht, dass (...) das gemeinsame Bauwerk gut herauskommt und zeitraubende, enervierende Streitereien vermieden werden können (...) wenn alle Beteiligten an einem Bauwerk sich als Team fühlen und der menschliche Kontakt gut spielt...».

An bedeutenden Brückenbauten beteiligt

Bänzigers Büro war am Bau vieler bedeutender Brücken beteiligt, bei denen stets wesentliche technische Neuerungen eingeführt wurden. Um nur einige zu nennen:

Die Achereggbrücke Stansstad (1961–65), eine der ersten grossen Autobahnbrücken in der Schweiz, zusätzlich genutzt für Eisenbahn und Lokalverkehr; der Hardturmviadukt der SBB in Zürich (1964–69), die damals längste vorgespannte Eisenbahnbrücke Europas; der Lehnenviadukt Beckenried (1976–81), die grösste Autobahnbrücke der Schweiz mit ausserordentlich schwierigen Fundationsverhältnissen; der Sitterviadukt bei St. Gallen (1980–83), eine grosse Autobahn- Zwillingsbrücke mit innovativem Installations- und Lehrgerüstkonzept; die Rheinbrücke Diepoldsau-Widnau (1983–85), die erste Schrägkabel-Strassenbrücke der Schweiz mit einer sehr schlanken Fahrbahnplatte; der Aaretalviadukt bei Schinznach-Bad (1988–93), eine lange, sehr sorgfältig in die Flusslandschaft eingepasste Autobahn-Zwillingsbrücke; die Sunnibergbrücke Klosters (1996–98), die von Christian Menn konzipierte, international mehrfach ausgezeichnete Schrägkabelbrücke mit kurzen Pylonen auf hohen Pfeilern und sehr schlanker, im Grundriss gekrümmter Fahrbahnblatte; die Dreirosenbrücke Basel (1998–2004), eine Doppelstock-Zwillingsbrücke für Autobahn, Lokalverkehr und Strassenbahn mit sehr raffiniertem Bauvorgang.

Alle diese und viele weitere Brücken werden detailliert beschrieben. Die Darstellung der einzelnen Objekte beginnt jeweils mit einer auch für Laien leicht lesbaren Zusammenfassung und endet mit einer Zusammenstellung der am Bau Beteiligten. Fachleute werden die reichhaltigen Bemerkungen zu den verschiedenen Brückenkonzepten und den bei der Ausführung gemachten Erfahrungen ebenso schätzen wie die Hinweise auf weiterführende Literatur.

Mit diesem von der Gesellschaft für Ingenieurbaukunst herausgegebenen Buch ist dem Verfasser eine hervorragende Darstellung seiner Haupttätigkeit als selbstständiger Bauingenieur gelungen. Das Buch kann allen am Brückenbau Interessierten wärmstens empfohlen werden. Es bleibt zu wünschen, dass das Buch weitere Bauingenieure anspornt, von ihrem faszinierenden Beruf in ähnlich profunder und inspirierender Weise zu berichten.

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