Studie: Die Auswirkungen der Wohnschutzinitiative im Kanton Basel-Stadt
Nachdem die Wohnschutzverordnung im Kanton Basel-Stadt Ende Mai 2022 in Kraft getreten ist, sind die Baugesuche eingebrochen, und zwar um 76 Prozent. Dies zeigt eine Studie des Swiss Real Estate Institute, des Schweizer Hauseigentümerverbandes und des Schweizerischen Verbands für Immobilienwirtschaft (SVIT).
Wie in anderen grossen Schweizer Städten sind auch in Basel bezahlbare Wohnungen Mangelware. Um die arg angespannte Situation zu entschärfen, lancierte der Basler Mieterverband die Initiative “Ja zu echtem Wohnschutz”, die Ende 2021 vom Stimmvolk angenommen worden ist.
Im Mai 2022 traten die Bestimmungen in Kraft. Damit gelten nun Maximalnettomietzinsen bei einem Abbruch oder Ersatzneubau, sowie Maximalmietzinsaufschläge bei Sanierungen und Umbauten. Und: Sollen Mietwohnungen in bereits bestehenden Liegenschaften in Stockwerkeigentum umgewandelt werden, muss eine Bewilligung eingeholt werden.
Nicht von diesen Auflagen betroffen sind Wohnungen, die “auf der grünen Wiese” oder im Zuge einer Umnutzung von Industriebrachen erstellt werden. Angesichts kaum vorhandener Baulandreserven im Kanton ist der Anteil solcher Projekte am Wohnbau laut Studie gering. Auch Genossenschaftwohnungen tangiert die Wohnschutzverordnung nicht, dasselbe gilt für Immobilien mit Luxuswohnungen sowie für Liegenschaften, in denen zur Kurzmiete respektive höchstens drei Monate gewohnt wird.
Zudem muss für Sanierungen und Umbauten – selbst wenn kein Baugesuch vorliegt – eine Bewilligung eingeholt werden, sofern sie den Wert der Immobilie vermehren oder wenn der Mieter dies geltend macht.
67 Wohneinheiten statt 1078
Was dies für den Wohnungsbau im Kanton bedeutet, untersuchte die Studie von SVIT, HEV und Swiss Real Estate. Dazu wurden die Entwicklung der Anzahl Baugesuche in Basel-Stadt mit jener in Referenzstädten Zürich, Winterthur, Luzern und Bern sowie dem Kanton Basel-Landschaft verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Wohnschutzverordnung bislang ihre gewünschte Wirkung kaum entfalten konnte.
So stellten die Autoren fest, dass die Zahl der geplanten, bewilligungspflichtigen Wohneinheiten in Basel-Stadt regelrecht eingebrochen ist: Nach einem Höchststand von 1078 Einheiten im Jahr 2018, sank die Zahl 2023 auf 67 Einheiten, was einem Minus von 95 Prozent entspricht. Die Planungs- und Bautätigkeit sei damit faktisch zum Stillstand gekommen, hält SVIT dazu in der Medienmitteilung fest. Vergleiche man mehrjährige Zeiträume - in der Studie sind dies die Perioden 2021 bis 2023 gegenüber 2014 bis 2020 - resultiere ein Rückgang in Basel-Stadt um 76%.
Allerdings: Bezüglich der Anzahl fertig gestellter Wohneinheiten macht sich in der Wohnbaustatistik des statistischen Amts des Kantons Basel-Stadt noch kein massiver Rückgang bemerkbar. Sie liege mit für das Jahr 2023 mit 865 Einheiten zwar unter dem Höchstwert des Vorjahrs, aber weiterhin auf hohem Niveau, wobei 60 Prozent auf zwei Grossprojekte entfielen, heisst es in der Studie. Solche grossangelegten Einzelprojekte können auch in nächster Zeit die Basler Wohnbaustatistik prägen, weil laut den Studienautoren verschiedene Arealentwicklungen vor dem Abschluss stehen. “Sie überspielen damit noch für eine gewisse Zeit den Trend der rückläufigen Baugesuche.”
Basel im Vergleich mit Bern, Luzern, Winterthur und Zürich
Was der Vergleich mit den Referenzstädten anbelangt, zeichnet die Studie folgendes Bild: In der Periode 2021 bis 2023 wurden in der Stadt Zürich im Schnitt pro Jahr 20 Prozent mehr Baugesuche für Wohneinheiten eingereicht, als in der Periode 2014 bis 2020.
Wegen des Zinsanstiegs ab 2021 verzeichneten die übrigen Referenzstädte - Bern, Winterthur und Luzern – in den beiden Perioden bei der Zahl geplanter Wohneinheiten einen Rückgang von –2 bis –35 Prozent. Derweil war der Rückgang in Basel mit -76 Prozent einiges grösser. Diese schweizweite Entwicklung führen die Studienautoren auf die schwache Baukonjunktur zurück, ausgelöst von steigenden Baupreisen und vorübergehend steigender Zinsen. Die Entwicklung werde durch die zunehmende Überregulierung und Einsprachen, welche die Frist für die Erteilung von Baubewilligungen verlängern, noch verstärkt, schreiben sie. “Dies vermag jedoch im besten Fall die Hälfte des Rückgangs in Basel zu erklären.”
Durchzogene Bilanz nach über einem Jahr Wohnschutzbestimmungen
Die baselstädtische Regierung zog letzten August – mehr als ein Jahr nach dem Inkrafttreten der Wohnschutzbestimmungen – eine durchzogene Bilanz: "Gemäss ersten Erkenntnissen reduzieren die neuen Bestimmungen Mietzinserhöhungen. Gleichzeitig zeigt sich eine Abnahme der Sanierungstätigkeit”, teilte die Präsidialabteilung damals mit. Dieser Rückgang scheine alle Wohnungen zu erfassen, nicht nur Renditesanierungen.
Die in diesem Zusammenhang durchgeführte Umfrage zeigte laut dem Communiqué, dass eine Mehrheit der befragten Personen von einem Rückgang der energetischen Sanierungen ausgeht. Dies sei eine Folge des Rückgangs bei den Totalsanierungen, schrieb die Präsidialabteilung weiter. Weil laut Kanton energetische Sanierungen meist im Rahmen von Totalsanierungen erfolgen, besteht damit wiederum ein Zielkonflikt zwischen den Verfassungsbestimmungen des Wohnraumschutzes und dem Klimaschutz respektive dem Netto-Null-Ziel 2037. (mai/mgt)
Die Studie hier herunterladen: www.svit.ch