Stimmen zur Flughafenregion: Den Grundstein für künftige Generationen legen
FRZ-Mitglieder aus der Bau- und Immobilienbranche setzen sich mit digitalem Wandel und Nachhaltigkeit im Bausektor auseinander. Lieferengpässe und Inflation jedoch fordern die Unternehmen und ihre Partner heraus. Wir haben diese zur aktuellen Situation in der Flughafenregion befragt.
Quelle: Kevin Schmid, Unsplash
Blick auf die Fassaden der Circle-Überbauung am Flughafen Zürich. (Symbolbild)
Allen Mitgliedern wurden dieselben Fragen gestellt:
1. Welche Trends sind für Ihr Unternehmen besonders interessant?
2. Wie geht Ihr Unternehmen mit der Inflation und der Lieferkettenproblematik um?
Markus Brechbühl, CEO / VR Corenta AG
www.corenta.ch
Trends:
Knappe Ressourcen «hüben und drüben»! Dieser Trend ist zwar nicht neu, er spitzt sich aber mehr und mehr zu. Wir werden plötzlich konfrontiert mit potenziellen Mangellagen bei Strom und Gas. Steigende Energiepreise beschleunigen die Nachfrage nach neuen, nachhaltigen Systemen enorm, so dass bereits massive Lieferengpässe bestehen. Die Energiewende ist definitiv eingeläutet. Für diesen Wandel braucht es viel (Elektro-)Technik sowie die erforderlichen Spezialisten. Demgegenüber steht jedoch ein grosser Fachkräftemangel. Als Gebäude-Elektroingenieure sind wir gefordert, aber auch prädestiniert, smarte Lösungen vorausschauend aufzuzeigen und die notwendigen Fachspezialisten stetig und gezielt auszubilden.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Bislang sind wir nur indirekt betroffen, die Planungsarbeiten werden nicht beeinflusst. Die Lieferkettenprobleme führen aber bereits seit einiger Zeit zu Terminverzügen sowie Preissteigerungen auf den Baustellen. Diese Unsicherheiten sowie eine weiterhin steigende Inflation könnten zu einem Auftragseinbruch in der Baubranche führen. Wir beobachten daher die Situation genau.
Andreas Breschan, Geschäftsführer Hörmann Schweiz AG
www.hoermann.ch
Trends:
Wir beschäftigen uns mit dem digitalen Wandel, der auch bei unseren Produkten und Anwendungen Einzug hält. Weiter ist Nachhaltigkeit im Bausektor zunehmend relevant. In Zeiten von strenger werdenden Umwelt- und Bauvorschriften muss sich auch unsere Branche mit den Möglichkeiten nachhaltiger Bauweisen auseinandersetzen. Ich bin überzeugt, dass wir heute den Grundstein für künftige Generationen legen können, was die Art und Weise betrifft, wie man mit Baumaterialien überlegt umgehen kann.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Beide Themen beschäftigen uns stark. Gerade die anhaltenden Lieferengpässe sorgen nicht nur bei uns, sondern ebenso bei unserem landesweiten Partnernetz für rauchende Köpfe. Wir tun jedoch tagtäglich alles dafür, dass wir diejenigen Produkte – die lieferbar sind – schnellstmöglich liefern können. Eine Vielzahl weiterer Faktoren können wir leider nicht beeinflussen. Die Teuerung konnten wir über einen gewissen Zeitraum abfedern. Heute kommen wir jedoch nicht mehr darum herum, Preiserhöhungen an unsere Partner weiterzugeben. Wir bleiben jedoch guten Mutes und hoffen, dass sich die Situation auf den Märkten bald entspannt.
Martin Eberhard, CEO Eberhard Unternehmungen
www.eberhard.ch
Trends:
Die beiden Megatrends Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz beschäftigen uns intensiv. Wir sind überzeugt, dass vor allem die Kreislaufwirtschaft massive Veränderung in die Verwendung von Bauprodukten bringen wird. Wie in anderen Branchen bereits vollzogen, wird auch die Baubranche nicht darum herumkommen, sich bereits beim Bau mit dem Rückbau und der zirkulären Wiederverwendung der verwendeten Produkte zu beschäftigen. Wir richten unsere Baustoffe konsequent nach diesen Vorgaben aus und sind bereits heute in der Lage, unseren Kunden die Baustoffe werterhaltend wie auch CO2-optimiert zu liefern.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Die Inflation können wir nur bewältigen, indem wir die Teuerung unseren Kunden weitergeben. Das Verständnis dafür ist zum grossen Teil vorhanden, die Nachweisplicht teilweise extrem herausfordernd, da grosse Schwankungen, was Erdöl oder auch Erdgas anbelangt, nach wie vor an der Tagesordnung sind. Die Lieferketten können wir im Bauumfeld gewährleisten. Im Einkauf von Inventar sind die Lieferzeiten wie auch das Einhalten der Lieferumfänge nicht mehr gewährleistet. Hier sprechen wir zeitweise von über zwei Jahren Lieferzeit – zum Beispiel bei Lastwagen.
Jürg Girsberger, Verwaltungsrat Girsberger Holding AG
www.girsberger.com
Trends:
Nebst der Weiterentwicklung unserer Kollektionen Office und Home haben wir in den vergangenen Jahren auch die Geschäftsbereiche Customized Furniture und Remanufacturing kontinuierlich auf- und ausgebaut. Damit unterstützen wir den Trend zu mehr Individualität. Hierbei entwickeln und fertigen wir kundenspezifische Möbellösungen nach objektbezogenen Entwürfen von Architekten, Innenarchitekten und Designern an. Zudem leisten wir durch markenunabhängige Aufarbeitung und Wiederinstandsetzung von erhaltenswerten Bestandsmöbeln – und vermehrt auch mit Upcycling – den gesellschaftlich notwendigen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zur Förderung der Circular Economy.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Sowohl die Inflation als auch die Lieferkettenproblematik beschäftigen uns täglich. Preiserhöhungen sind unausweichlich geworden. Die Lieferengpässe betreffend haben wir frühzeitig reagiert und unsere Materiallagerbestände massiv erhöht. Deshalb sind unverändert alle unsere Modellreihen der Kollektionen Office und Home innerhalb der bisherigen Durchlaufzeiten lieferbar. Dies gilt auch für den Holzhandel, ein weiterer Geschäftsbereich von Girsberger.
Rebecca Kull, COO/Inhaberin und Mitglied des Verwaltungsrats HRS Real Estate AG
www.hrs.ch
Trends:
Da möchte ich die Digitalisierung und Nachhaltigkeit nennen. Dank der Digitalisierung können wir effizienter planen, ressourcenschonender und verdichteter bauen. Nachhaltigkeit – in einem umfassenden Sinn, nicht nur ökologisch, sondern auch bezüglich des sozialen Zusammenlebens und des smarten Einsparens von Kosten – ist das Gebot der Stunde. HRS hat dank hochkarätiger Projekte die Möglichkeit, nicht nur darüber zu reden, sondern etwas zu tun – etwa beim Circle, der mit einer Leed-Platinum-Rekordpunktzahl zertifiziert wurde.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Das sind grosse Herausforderungen! Bezüglich der Lieferketten ist eine intelligente Terminplanung mit langer Vorlaufzeit das A und das O. Wer gut plant, kann einen massgebenden Teil des Lieferproblems zumindest minimieren. Dabei sind wir, ebenso wie beim Umgang mit Kostensteigerungen, natürlich auch auf den Bauherrn angewiesen. Je früher wir ihm die Fragen vorlegen und je früher er sich entscheidet, desto besser können wir lange Lieferfristen abfedern. Digitale Prozesse helfen dabei. Bei der Teuerung braucht es die Bereitschaft der Bauherrschaft, der Total- bzw. Generalunternehmung sowie den Subunternehmen, einen Beitrag zu leisten, um das Problem zu lösen.
Thomas Leugger, CEO Keller-Frei AG
www.keller-frei.ch
Trends:
Dazu gehört einerseits der Megatrend der Nachhaltigkeit. Dabei geht es um die Realisierung der Kreislaufwirtschaft und die konsequente Umstellung auf E-Mobility. Andererseits wollen wir die Herausforderungen im Fachkräftebereich und in der Digitalisierung angehen.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Im Tief- und Strassenbau inklusive der Asphaltproduktion funktioniert aktuell die Versorgung – allerdings auf einem signifikant anderen Preisniveau als vor dem 28. Februar 2022. Die adäquate Weitergabe der teilweise massiven Teuerungen ist sehr anspruchsvoll. Am schwersten wiegt die grosse Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Versorgung mit Gas und Bitumen – dem Bindemittel im Asphalt.
Mathias Prüssing, CEO BKW Building Solutions AG
www.bkw.ch
Trends:
Erneuerbare Energien spielen eine Schlüsselrolle in unserer Strategie und leisten einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie 2050. Bekanntlich ist der Gebäudepark für rund einen Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich. Mit der Optimierung durch ganzheitliche, intelligente Gebäudetechnik können die Ziele der Energiestrategie 2050 erreicht werden. Auf diesem Markt ist derzeit eine massive Beschleunigung im Gang. Wir ermöglichen den Weg zur Transformation des Energiesystems und differenzieren uns durch den Ausbau der technologischen Bereiche IT, der Automation und nachhaltiger Energielösungen. Damit erschliessen wir ein weiteres Puzzleteil, um integrale Lösungen im Energie-Bereich anzubieten. Wir werden in den nächsten Jahren unsere Kompetenzen im Bereich der erneuerbaren Energielösungen weiter ausbauen, um eine schweizweite Abdeckung zu ermöglichen.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Wir haben ein starkes Netzwerk und gute Einkaufs- und Partnerbeziehungen. Durch die direkten Kontakte zu strategischen Partnern können wir Lieferungen antizipieren und sind einem weniger hohen Lieferengpass-Risiko ausgesetzt als viele Marktanbieter. Auch im Photovoltaik-Bereich setzen wir auf eine durchdachte und intelligente Lieferkette. Dadurch können wir Lieferengpässen entgegenwirken.
Jan Schibli, Inhaber und Delegierter
des Verwaltungsrates
Schibli-Gruppe
www.schibli.com
Trends:
Alles, was mit Energiepolitik und Energiewende und ganz einfach mit Energie zu tun hat. Die Entwicklung – weltpolitisch und auch in der Schweiz – hilft, unsere Dienstleistungen auszubauen. Wir können uns im Energiebereich als Gesamtanbieter positionieren und so den Bedürfnissen des Marktes entsprechen. Aktuell und in Zukunft gefragt sind Energieerzeugung, Energiemanagement, Energiespeicherung, Datenübertragung und Sicherheit. Deswegen beobachten wir den Trend mit grosser Spannung. Der Trend hin zu flexiblem Arbeiten beschäftigt uns. Und wir haben es umgesetzt: Bei uns bestimmt der Kunde wann, wo und wie gearbeitet wird. Flexibilität in der Arbeitszeit ist kein Fremdwort mehr. Die grösste Herausforderung ist, genügend Personal für unseren zukunftsträchtigen Beruf zu begeistern.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Wir beobachten und berechnen den Materialpreis und die Inflation. Bis jetzt haben wir dem Kunden noch keine Preiserhöhungen auferlegt, wir werden dies allerdings in Zukunft, je nach Entwicklung, machen. Die Inflation hätte meines Erachtens schon lange anziehen müssen. Nun ist es soweit, und wir versuchen mit exaktem Monitoring des Marktes die richtigen Schlüsse zu ziehen. Unseren Mitarbeitern wird die Teuerung immer ausgeglichen.
Roman Schneider, National Key Account Manager Viessmann AG
www.viessmann.ch
Trends:
Unser Fokus liegt vor allem auf Sanierungsmassnahmen, welche die Energieeffizienz in Gebäuden steigern und damit zur Umsetzung der Energiestrategie des Bundes beitragen. Ein klarer Trend zeigt sich bei den Heizsystemen für Private: Wärmepumpen boomen, Gasheizungen sind out. Ein wichtiges Thema bleibt zudem der Fachkräftemangel: Auch für uns wird es zunehmend schwieriger, geeignete Mitarbeitende zu finden.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Wir kommen nicht darum herum, die gestiegenen Kosten für Rohmaterialien, Zulieferprodukte, Transport und Energie zu einem gewissen Teil an unsere Kunden weiterzugeben. Der Koordinationsaufwand ist aufgrund der aktuellen Herausforderungen ebenfalls gestiegen. Gleichzeitig investieren wir aber mehrere Milliarden Franken in die Entwicklung und Fertigung europäischer Wärmepumpen.
Urs Stieger, Inhaber & CEO Stimo Unternehmungen
www.stimo.ch
Trends:
Ökologische Alternativen zu langjährig verwendeten Systemen oder zu bewährten Baustoffen sowie ökologische Innovationen beschäftigen uns seit geraumer Zeit. Da sich Investitionen in nachhaltige Systeme meist erst nach längerer Zeit finanziell bewähren und der Markt sowie die Möglichkeiten stets wachsen, liegt unsere Aufgabe als beratende Instanz darin, sinnvolle und individuelle Lösungen für die zukünftigen Liegenschaften und Bauherren zu erarbeiten. Die Möglichkeiten von Prozessoptimierungen durch digitalisierte Abläufe beschäftigen uns ebenso von Anfang an in der Planung, der Umsetzung wie auch im Hinblick auf den darauffolgenden Unterhalt der Immobilien. Auch hier kann nicht alles Neue sofort und auf einmal erfolgreich umgesetzt werden. Gefragt ist eine bewusste Selektion von Innovationen.
Inflation und Lieferkettenproblematik:
Dank dem persönlichen Gespräch mit unseren ausführenden Unternehmern und Lieferanten konnten wir bis anhin immer individuelle Einigungen über den Teuerungsausgleich erzielen, dies auch dank unserer transparenten Preispolitik. Dank der starken Zusammenarbeit mit langjährigen Partnern sind wir täglich im Austausch über tendenzielle Lieferengpässe und können so zum Glück frühzeitig reagieren und auf alternative Handelswege ausweichen.
Sonderausgabe zur Flughafenregion Zürich
Die FRZ Flughafenregion Zürich veröffentlicht am 19. August 2022 gemeinsam mit dem Baublatt eine Sonderausgabe. In Fachbeiträgen werden unter anderem laufende oder geplante Projekte vorgestellt und die aktuelle Situation der Region beleuchtet. Alle Beiträge des Hefts werden in unserem Dossier «Die Flughafenregion Zürich im Fokus» gesammelt.