Stellenmeldepflicht: Bislang wenig Auswirkungen auf Arbeitslosigkeit
Die 2018 eingeführte Stellenmeldepflicht könnte einen wichtigen
Beitrag zu zur Normalisierung des Arbeitsmarktes leisten. Ansonsten zeigt sie
laut einem aktuellen Bericht bislang wenig Wirkung auf Arbeitslosigkeit und Zuwanderung.
Dies sorgt für Kritik vom Schweizerischen Baumeisterverband (SBV).
Wird in einem Beruf, in dem eine Arbeitslosigkeit von 5 Prozent herrscht, jemand gesucht, sind Unternehmen seit Juli 2018 verpflichtet, die offene Stelle den regionalen Arbeitsvermittlungsstellen (RAV) zu melden. Ursprünglich waren es einmal 8 Prozent. – Die Stellenmeldepflicht (STMP) ist nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative eingeführt worden und sollte dafür sorgen, dass das inländische Arbeitskräftepotentials besser ausgenutzt wird. Und nach Möglichkeit auch die Zuwanderung beeinflussen.
Doch bis Ende 2019 hat die Stellenmeldepflicht noch keine erhebliche Wirkung auf die Arbeitslosigkeit und die Zuwanderung gezeigt. Allerdings könnte einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung des Arbeitsmarktes nach Corona leisten. „Wir haben bis Ende 2019 keinen messbaren Einfluss auf die Arbeitslosigkeit und die Zuwanderung festgestellt“, erklärte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), heute Montag an einer Medienkonferenz. Zürcher verwies allerdings auch darauf, dass die Massnahme in einer Phase mit tiefer Arbeitslosigkeit eingeführt worden ist.
Studienautoren empfehlen stärkere Zusammenarbeit zwischen den Kantonen
In gewissen Teilbereichen hat man laut Zürcher jedoch sehr wohl eine kleine Wirkung erkennen können, betonte Zürcher. Hierzu hatte das Seco bei drei Hochschulen und beim Institut IWSB jeweils ein externes Gutachten in Auftrag gegeben. So hätten dank der STMP etwa Männer leichter aus der Arbeitslosigkeit gefunden, so Zürcher. Überdies haben die Studienautoren dem Seco auch Anregungen gegeben, wie sich die Effektivität der STMP steigern lässt. Sie empfehlen etwa eine stärkere interkantonale Zusammenarbeit, sowie den sogenannten „Job-Room“ zu verbessern. Im Rahmen dieses Online-Angebots können sich Arbeitssuchende fünf Tage vor der öffentlichen Ausschreibung für eine gemeldeten Stelle bewerben.
Derweil stellte der sogenannte „Monitoringbericht“ des Bundes die rechtskonforme und effiziente Umsetzung der STMP fest. Und er attestierte, dass im Vollzug bereits Optimierungen erzielt worden seien.
Zwei von drei gemeldete Stellen aus der Baubranche und der Industrie
2020 wurden zwei von drei Stellen aus der Baubranche und der Industrie gemeldet. Die Meldungen in der Hotellerie und Gastronomie snd hingegen - wenig überraschend - stark rückläufig, war doch die Branche besonders stark von den Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie betroffen. Gesamthaft wurde den RAV im Coronajahr 162'000 meldepflichtige Stellen gemeldet. Aufgrund der Corona-Pandemie ist die Meldepflicht im Frühjahr letzten Jahres während beinahe zehn Wochen sistiert worden. Unter Berücksichtigung der befristeten Aufhebung wurden etwa gleich viele Stellen gemeldet wie 2019: Rund 17'000 Stellen pro „aktivem“ Monat, wie das Seco erklärte.
Weil die Arbeitslosigkeit im letzten Jahr deutlich gestiegen ist, fallen seit 2021 deutlich mehr Berufsgruppen unter die Stellenmeldepflicht. 17 Berufsarten sind hinzugekommen. Insgesamt 15 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in einem meldepflichtigen Job. Bei der Einführung der STMP waren es nur 7,6 Prozent. Dies lag aber auch an der anfänglich höheren Schwelle von 8 Prozent Arbeitslosigkeit, ab der ein Job zuerst an ein RAV gemeldet werden musste. Seit Anfang 2020 wird eine Berufsart der Stellenmeldepflicht unterstellt, wenn in dieser eine Arbeitslosenquote von mindestens 5 Prozent besteht.
Die beim RAV gemeldeten offene Stellen werden nun also auf einen grösseren Kreis an potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten treffen, folgerte das Seco. In dieser Situation sei eine "konsequente Umsetzung" der Stellenmeldepflicht entscheidend.
Mit Stellenmeldepflicht gegen Folgen der Corona-Pandemie
„Die Stellenmeldepflicht kann nun einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung am Arbeitsmarkt beitragen“, zeigte sich Zürcher zuversichtlich. Dieser zog ein „insgesamt positives“ Fazit zur Einführung und Umsetzung des Instruments, wenngleich es Möglichkeiten zur Optimierung gebe. „Mehr als marginale Verbesserungen“ am Arbeitsmarkt dank der STMP hätten ihn überrascht. „Deutliche Verbesserungen wären ein Armutszeugnis für die bisherige Arbeitsmarktpolitik der Schweiz gewesen“, schloss dieser sein Votum.
SBV: Stellenmeldepflicht soll optimiert werden
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) sieht den aktuellen Monitoringbericht kritisch. In seinem aktuellen Communiqué hält er fest, dass die Verfasser für die gesamte Wirtschaft keinen Wirksamkeitsnachweis hätten erbringen können. Weder gebe es in den meldepflichtigen Berufen einen statistisch erhärteten Beweis, dass sich die Stellenmeldepflicht auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt habe, noch lasse sich ein Einfluss auf die Zuwanderung nachweisen.
Für den SBV bestätigt der Bericht, dass es überfällig ist, die Stellenmeldepflicht zu optimieren. Die Baumeister begründen dies damit, dass das Seco und das Bundesamt für Statistik (BfS) mit Listen, die vor allem auf Selbstdeklarationen der Stellensuchenden beruhen, ermitteln, ob eine Berufsart eine Arbeitslosigkeit von mehr oder weniger als 5 Prozent betroffen ist. Bezeichne sich eine Person bei den Grundlagenerhebungen des BfS oder bei der Arbeitslosenmeldung selbst als qualifiziert, werde dies im aktuellen Erfassungsprozess nicht überprüft.
Keine präzise Erfassung der Berufsbezeichnungen?
Der SBV moniert, dass zur präzisen Erfassung der kaum Berufsbezeichnungen existieren und es kaum Hilfsmittel gibt, wie zum Beispiel eine Auswahl an Berufsbezeichnungen in verschiedenen Sprachen, die den Betroffenen bei der Selbsteinreihung eine Orientierung geben. Genauso wenig würden die Selbstdeklarationen durch den Bund, die Kantone oder die RAV systematisch überprüft, schreibt der SBV.
Die mangelhafte Datenqualität und der Digitalisierungsrückstand bei der Erfassung der Angaben von Stellensuchenden führten mitunter dazu, dass auch zahlreiche qualifizierte Baustellenberufe wie Strassenbauer EFZ oder in spezifischen Gerätekategorien ausgebildete Baumaschinenführer unter die Stellenmeldepflicht fallen, obwohl für diese Berufe sogar ein Mangel an Fachkräften herrsche. (mgt/mai)