St. Galler Kantonsrat bewilligt umstrittene Änderungen im Baugesetz
Der St. Galler Kantonsrat hat am Mittwoch verschiedene Anpassungen im Planungs- und Baugesetz beschlossen. So sollen künftig Neubauten in Weilerzonen möglich sein. Die Verpflichtung, in Parkieranlagen Ladestationen für Elektrofahrzeuge einzubauen, wurde gestrichen.
Quelle: Uwe Häntsch flickr CC BY-SA 2.0
Blick auf Amden oberhalb des Walensees im Kanton St. Gallen. (Symbolbild)
Es war am Mittwoch bereits der zweite
Anlauf für eine kleine Revision des St. Galler Planungs- und Baugesetzes. Im
Februar hatte die Vorlage gleich ein Dutzend Anträge ausgelöst. Daraufhin
entschied der Rat, das Geschäft an die Kommission zurückzugeben, um einige
Themen, bei denen die Meinungen weit auseinandergingen, nochmals vorzubereiten.
Die Kommission tagte erneut – und entschied bei den
umstrittensten Punkten nochmals gleich wie vor der Februarsession. Das gilt
beispielsweise für Änderungen, die 59 Weiler im Kanton St. Gallen betreffen,
die nicht in der Bauzone liegen. Die Kommission will dort Neubauten
ermöglichen, «wenn sie nicht zu einer Ausdehnung des überbauten Gebiets führen».
Vorschlag «bundesrechtswidrig»
Für die Regierung ist dieser Vorschlag «bundesrechtswidrig».
Er widerspreche auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und den Vorgaben
des Bundesamts für Raumentwicklung. Bei diesem Thema gebe es keinen Raum für
abweichende kantonale Reglungen.
Noch vor der Session reagierte die Mitte-EVP-Fraktion auf
die rechtlichen Probleme. Sie kündigte ein Standesbegehren an, das auf
Bundesebene «eine massvolle Entwicklung in Weilerzonen» ermöglichen soll.
In der Debatte erklärte der Sprecher der SP-Fraktion, wenn
der Vorschlag der Kommission gutgeheissen werde, würden die Umweltverbände in
einem konkreten Fall klagen und Recht bekommen.
Die Rechtslage sei nicht klar, hiess es hingegen von der
FDP-Fraktion. Eine massvolle Entwicklung in Weilerzonen müsse möglich sein. In
der Abstimmung setzte sich der Antrag der Kommission, Neubauten in Weilerzonen
zu ermöglichen, mit 60 gegen 50 Stimmen bei einer Enthaltung durch.
Keine Verpflichtung für Ladestationen
Ebenfalls unverrückbar war die Position der Kommission beim
Thema Ladestationen. Die Regierung schlug vor, dass bei neuen Parkieranlagen
oder Tiefgaragen ab einer bestimmten Grösse Ladestationen für Elektrofahrzeuge
mitgeplant werden müssen. Die Vorschrift sollte auch für Umbauten gelten. Diese
Bestimmung wollte die Kommission streichen.
Die Mitte-EVP-Fraktion sprach sich in einem Kompromissantrag
dafür aus, dass zumindest für grosse Parkieranlagen Ladeinfrastrukturen für
Fahrzeuge mit alternativem Antrieb Pflicht werden sollten. Dies wäre «ein
kleiner Schritt in die richtige Richtung», hiess es dazu.
Gegen die Verpflichtung sprachen sich dann aber die
Fraktionen von FDP und SVP sowie einzelne Kantonsräte der Mitte-EVP-Fraktion
aus. Bauchefin Susanne Hartmann (Mitte) plädierte in ihrem Votum dafür, «den
Worten im Energiegesetz auch Taten folgen zu lassen».
Zuerst lehnte der Rat den Kompromissantrag der
Mitte-EVP-Fraktion ab und versenkte danach die von der Regierung vorgeschlagene
Verpflichtung zur Installation von Ladestationen mit 75 gegen 41 Stimmen bei
einer Enthaltung.
Grünflächenziffer ohne Gehalt
Ein weiterer Streitpunkt war die Grünflächenziffer. Damit
ist es möglich, die Baudichte in einem Quartier zu steuern und auf Themen wie
Klima und Biodiversität zu reagieren. Die Kommission verlangte, dass die
Grünflächenziffer «nicht zu einer Beschränkung der Baumöglichkeiten führen darf».
Damit werde diese Nutzungsziffer «ihres Gehalts vollkommen entleert», wehrte
sich die Regierung gegen die Forderung.
Auch bei diesem Thema setzte sich in der Abstimmung die
Version der vorberatenden Kommission gegen die Anträge der Regierung durch. Das
Resultat fiel allerdings knapp mit 60 gegen 59 Stimmen bei einer Enthaltung
aus. Es brauchte den Stichentscheid der Ratspräsidentin. (sda)