Rückbau des Atomreaktors im Kohlenkeller der Uni Basel
Die Universität Basel lässt gerade ihren Atomreaktor abreissen. Fast 60 Jahre tat er, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, seinen Dienst. Kein Wunder, seine Leistung hätte lediglich ausgereicht, um einen Föhn zu betreiben.
Selbst viele Basler wussten nichts von seiner Existenz mitten in der Stadt. 1958 war der Leichtwasserreaktor AGN-211-P das Prunkstück der Weltausstellung in Brüssel. Er stand unter dem Atomium, das heute noch zu den Wahrzeichen der belgischen Hauptstadt zählt. Dort kaufte die Universität Basel ihn an. Sie richtete ihren zweistöckigen Kohlenkeller im physikalischen Institut für ihn her. Den benötigte sie dank modernerer Heizmethoden nicht mehr. 1959 ging der Forschungsreaktor in Betrieb. Bis zum 31. Oktober 2013 diente er für die Ausbildung der Studenten.
Beim Reaktor handelte es sich um einen so genannten Swimmingpool-Typ. Wie der Name schon andeutet, befanden sich seine Brennstäbe tatsächlich in einem oben offenen Wassertank. Man konnte von der Plattform am Steuerpult aus sehen, wie die Steuerstäbe ein- und ausgefahren wurden. Im Betrieb konnten die Studenten dann das bläuliche Leuchten der Tscherenkow-Strahlung beobachten, das die hochenergetisch geladenen Teilchen in dieser Art Reaktor im Betrieb hervorrufen.
Quelle: IGN Consult
Vorbereitung der Demontage mit installierten Hilfseinrichtungen. Da es sich um einen Reaktor mit geringer Leistung handelt, ist der Abbau recht zügig möglich.
Stillstand seit sechs Jahren
2013 also war Schluss für den ältesten Reaktor der Schweiz. Er hatte zwar im selben Jahr noch eine Inspektion ohne Beanstandungen überstanden, aber das rettete ihn auch nicht mehr. Die Zeiten und die Forschungsschwerpunkte haben sich geändert. Man brauchte ihn schlicht nicht mehr. Exakt 60 Jahre nach seiner Inbetriebnahme in Basel wird der Atomreaktor nun abgerissen.
Unauffällig hatte er im Keller des physikalischen Instituts ohne Zwischenfälle seinen Dienst getan. Seine Leistung: Zwei Kilowatt, gerade genug, um einen Föhn zu betreiben. Die Abschaltung des altgedienten Reaktors hat mehrere Gründe. Einerseits entsteht am aktuellen Standort des physikalischen Instituts in absehbarer Zeit ein Neubau. Es wäre aussichtslos gewesen, eine Betriebsgenehmigung für den Reaktor am neuen Ort zu erhalten.
Die Brennstäbe wurden bereits 2015 entfernt. Seit diesem Zeitpunkt galt AGN-211-P offiziell als ausser Betrieb gesetzt. Blieb nur das Problem, das hochangereicherte Uran wieder loszuwerden, das dem Reaktor seine Energie geliefert hatte. Es stammte ursprünglich aus den USA und hätte an sich für etwa 800 Jahre Betrieb ausgereicht.
Die Vereinigten Staaten sind ausgesprochen daran interessiert, all das waffenfähige Uran aus Sicherheitsgründen wieder einzusammeln, das sie befreundeten Staaten in aller Welt über die Jahrzehnte beschafft hatten. Das Rückführprogramm war bereits verlängert worden, sollte allerdings 2016 auslaufen. Gerade noch rechtzeitig, im September 2015, wurde das gesamte Basler Uran, 2,2 Kilogramm, mit einem vergünstigten Sammeltransport in die Anlage Savannah River (South Carolina) verschifft, wo es zu nicht waffenfähigem Uran umgewandelt werden soll.
Quelle: IGN Consult
Aufgeschnittener Reaktortank mit Blick auf das Core.
Kosten von zehn Millionen Franken
Hätte man diesen Termin verstreichen lassen, hätte die Schweiz das Uran auf eigene Faust in die USA verschiffen müssen. Die Kosten dafür wären, so ein Bericht des «Tages-Anzeigers», um ein Vielfaches höher gewesen, mindestens 1,7 Millionen Franken.
Für die Stilllegung und den Rückbau inklusive der bereits erfolgten Rückführung der Brennelemente sind zehn Millionen Franken budgetiert. Diese werden auf Basis des Staatsvertrags der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft über die gemeinsame Trägerschaft der Uni ausschliesslich durch den Kanton Basel-Stadt finanziert. Die Rückbauarbeiten sowie die damit verbundene Entlassung der Anlage aus der Kernenergiegesetzgebung sollen bis Ende 2020 abgeschlossen sein.
Es wird nun zurückgebaut. Die Ingenieurgesellschaft IGN Consult aus Speyer (D), die auf den Kraftwerks- und Nuklearbereich spezialisiert ist, zeichnet für die Planung und Ausführung vor Ort verantwortlich. Ihr Geschäftsführer Jörg Thiess empfängt das Baublatt im ehemaligen Kohlenkeller der Uni, um den Baufortschritt zu zeigen. Da es sich um einen Forschungsreaktor mit geringer Leistung und somit geringer Aktivierung seiner Materialien handelt, ist die Dosisleistung relativ gering und der Abbau recht zügig möglich. Messungen ergaben, dass sämtliche vorhandene Aktivität ausschliesslich in gebundener Form als radioaktive Aktivierung in kernnahen Bauteilen vorliegt.
Quelle: krumnack.H, CC-BY-SA 2.0, Wikimedia Commons
Der Forschungsreaktor befand sich an der Weltausstellung in Brüssel 1958 unter dem Atomium.
Unterhalb der Grenzwerte
Der nach oben offene Tank, in dem sich die Brennstäbe befanden, enthielt acht Kubikmeter vollentsalztes Wasser, das zum Abfangen der Neutronen diente. Dieses Reaktorwasser wurde kontinuierlich beprobt. Seine Messwerte lagen unterhalb der entsprechenden Grenzwerte oder gar unterhalb der Nachweisgrenze. So hat man es bereits vor einigen Jahren abgelassen. Thiess musste sich für weitere Abbaumassnahmen jedoch erst einmal in Geduld üben: Bis zum Erhalt der Stilllegungsverfügung durch das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) und die Phasenfreigabe vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) musste der Reaktor in dem Zustand bleiben, für den die Betriebsbewilligung erteilt worden war. Vorbereitende Arbeiten und Umbauten waren im Rahmen von Anzeigen und Änderungsanträgen zu planen.
Ingenieur Thiess berichtet: «Wir haben so begonnen, die Baustelle einzurichten: Abtrennung eines Demontagebereichs mit Schleuse, um eine Übertragung eventueller Kontaminationen zu vermeiden, eine spezielle Lüftungsanlage, Bühnen, Hebezeuge und alle sonstigen nötigen Vorkehrungen.»
Rasterförmige Wischtests, Probenahmen sowie Aktivierungsrechnungen hatten im Vorfeld bereits ergeben, dass Radioaktivität oberhalb der Grenzwerte nur in kernnahen Bauteilen vorhanden war, etwa dem Bodenbereich des Aluminiumtanks sowie im oberen Bereich des Betonbodens unterhalb des Tanks. Bohrkerne, die die Firma Diamantbohr zog, bestätigten die Berechnungen.
Quelle: IGN Consult
Zerlegung der Safetüren.
Ungewöhnlich unkompliziert
So gestaltet sich der technische Abbau an sich ungewöhnlich unkompliziert für einen Atomreaktor. Thies erläutert: «Die Strahlung ist so gering, dass wir nirgends mit Fernhantierung und Abschirmung arbeiten müssen.» Es sei lediglich eine Trennung in verschiedene Strahlenschutzbereiche nötig, brauche Rückhalteeinrichtungen und natürlich konsequente Kontaminationskontrollen sowie eine Überwachung der Abluft. Dafür wurde eine Umluftfilteranlage mit Hepa-Filter (High Efficiency Particulate Air) installiert und die vorhandene Abluftanlage modernisiert.
Hepa-Filter sind auf die Entfernung kleinster Schwebteilchen ausgelegt. Daher findet man solche Anlagen auch in Reinräumen und Operationssälen. Thiess: «Die gesamte Abluft geht über eine Fortluftmessstelle. Wir müssen natürlich kontinuierlich nachweisen, dass wir die Grenzwerte einhalten. Deshalb behalten wir auch alle Filter zur Beweissicherung zurück.»
Nun steht die Entfernung des Tanks an, einer verstrebten Aluminiumkonstruktion mit zwölf Millimeter Wandstärke. Innen hat er einen Araldit-Glasfaseranstrich. Aussen ist er mit einer Betonabschirmung von einem Meter Dicke ummantelt. Darüber zieht sich eine Stahlträgerbrücke, die das Core und die Antriebe der Regelstäbe trug. Zur Demontage dieser radioaktiv aktivierten Strukturen werden staubarme mechanische Trennverfahren eingesetzt. Im Moment wird der Tank abgebaut. Er wird gesägt und gegebenenfalls genibbelt, also mit winzigen Perforationslöchern versehen, ein wenig nach dem Prinzip, das man von alten Briefmarkenbögen kennt.
Alle abgebauten Teile werden für die spätere Verpackung passend abgelängt. Das radioaktive Material wird nach entsprechender Triage in 200-Liter-Fässer verpackt und so lange im Reaktorraum gelagert, bis der Transport ins Bundeszwischenlager auf dem Gelände des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) erfolgen kann. Thiess erläutert das Vorgehen: «Das Paul-Scherrer-Institut übernimmt die Konditionierung und macht das Material endlagerfähig. Die PSI-Fachleute verpressen wenn nötig das Material und vergiessen es mit Zement druckfest in geeignete Abfallgebinde.»
Quelle: IGN Consult
Probenahme im Beton zur radiologischen Klassierung.
Abfallaufkommen gestiegen
Thiess aktueller Schätzung nach sollte das verstrahlte Material in etwa zehn 200-Liter-Fässer passen. Das erwartete Abfallaufkommen hat sich zuletzt durch die Revision der Strahlenschutzverordnung deutlich erhöht. Diese betrifft die Regelungen zu Freigrenzen und zur Freigabe. Der Ingenieur erläutert: «Durch die Harmonisierung mit den Richtlinien der Europäischen Atomgesellschaft Euratom wurden einige Strahlenschutzgrenzwerte teilweise um den Faktor zehn gesenkt. Das spüren wir natürlich bei der Abfallmenge, die wir verpacken müssen.»
«Die Herausforderung besteht darin, dass der Raum eng ist, sich aber über zwei Etagen erstreckt und wir gut organisieren müssen, wie wir das Material dort herausbringen», so der Ingenieur weiter. «Neben dem freizugebenden Material müssen wir etwa zwei Tonnen radioaktiven Abfall aus dem Gebäude schaffen.» Darunter sind etwa 200 Kilo Aluminium, 160 Kilo Blei, 40 Kilo Stahl, 160 Kilo Graphit und 1000 Kilo Beton.
Daneben gibt es auch zwei massive, aus Beton gegossene Tresore. «Dort hinein hätte man, bei einer Tankreinigung oder auch in einem Kriegsfall, die Brennstäbe bringen können, sodass niemand mehr daran gekommen wäre», erzählt Thiess. Die stählernen Abschirmtore sind bereits entsorgt.
Quelle: IGN Consult
Jörg Thiess, Geschäftsführer der IGN Consult.
Der dienstälteste Reaktor der Schweiz
In den 1950er-Jahren wuchs das Interesse an der Atomenergie als Energiequelle. So wurde auch die Atomforschung an der Uni Basel zunehmend bedeutender. Für Institutsleiter Paul Huber war sie, so sagte er bei seiner Rektoratsrede 1958, eine der «tiefgreifendsten Entdeckungen der Menschheit».
Aus diesem Grunde griff er auch zu, als der Leichtwasserreaktor AGN-211-P der amerikanischen Aerojet General Nucleonics Corporation nach der Weltausstellung in Brüssel im Jahr 1958 zu verkaufen war. Der Erwerb des Ausstellungsstücks war eine einmalige Gelegenheit, einen Forschungsreaktor für die Ausbildung der Studenten zu beschaffen. Der Kohlenkeller der Uni wurde zum neuen Standort. Pünktlich zum Ende der Weltausstellung hatte die Universität die notwendigen baulichen Voraussetzungen zur Installation geschaffen.
Im Mai 1959 wird der Reaktor in Betrieb genommen. Zum 1. Juli 1960 macht das neu eingeführte Schweizerische Atomgesetz dann doch noch eine Betriebsbewilligung nötig. Sie wird durch das damalige Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement Eped (heute das Uvek) gerade noch rechtzeitig am 30. Juni erteilt – für eine thermische Dauerleistung von 100 Watt. Ende 1961 wurde die Betriebsbewilligung für eine thermische Nennleistung von zwei Kilowatt ausgestellt. Etwa so viel wie ein durchschnittlicher Haarföhn.
Um die in den Kernreaktionen entstehenden freien Neutronen und Gammastrahlen abzuschirmen, wurden die Uranbrennstäbe des Reaktors in einem 3,5 Meter tiefen Wasserbecken versenkt und zusätzlich mit Beton- und Metallplatten umgeben. Aufgrund der niedrigen, auf zwei Kilowatt gedrosselte Maximalleistung und der geringen Strahlendosis eignete sich der Reaktor sehr gut als Versuchsreaktor zu Ausbildungszwecken.
Seit 1961 stand er für Studenten als Versuchsreaktor bereit. Er hatte jedoch auch andere Nutzer. Das Basler Kantonslabor bestimmte mit Hilfe der darin erzeugten freien Neutronen den Schadstoffgehalt von Lebensmitteln aus Übersee. Archäologen nutzten die Neutronen zur Elementanalyse von alten Tonscherben. Seit 1997 wurden die zukünftigen Operateure von schweizerischen Kernkraftwerken am Basler Reaktor ausgebildet. 1985 wurde der Reaktor vollständig überholt und erhielt ein neues Steuerpult. Bereits 1965 wurde die Bewilligung erteilt, die wöchentliche integrierte thermische Leistung auf 30 Kilowattstunden zu erhöhen. Diese behielt er, bis er am letzten Oktobertag des Jahres 2013 zum letzten Mal in Betrieb war. (ava)
Quelle: IGN Consult
Blick in den Swimmingpool-Reaktor: Die Brennstäbe befanden sich in einem oben offenen Wassertank.
Lucens Das grösste Schweizer Reaktorunglück
Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Josef Schmid, Com_L17-0251-0105 / CC BY-SA 4.0
Der Kontrollraum des Versuchsatomkraftwerks Lucens (1968).
Nach dem zweiten Weltkrieg legte auch die Schweiz ein ambitiöses Forschungsprogramm zur Nutzung der Kernkraft als Energiequelle auf. Ziel war die Entwicklung eines Schweizer Kernreaktors. Seit 1953 sass die AKR (Arbeitsgemeinschaft Kernreaktor) an der Entwicklung eines Forschungs- und Materialprüfreaktors. Er sollte Schwerwasser als Moderator benutzen, also als Mittel zum Abbremsen der freien Neutronen, und dafür unangereichertes Natur-Uran als Spaltstoff. Schwerwasser enthält Deuterium und ist dadurch dichter und hat eine höhere Molekülmasse.
Der Knackpunkt: Uran unterlag in der westlichen Welt faktisch einem US-Monopol. Nicht angereichertes Uran, so hoffte die Schweiz, könne man dagegen eines Tages im eigenen Land schürfen.
«Saphir» und «Diorit»
1957 hatte man bereits am Standort Würenlingen (AG) den Versuchsreaktor «Saphir» in Betrieb genommen, einen Leichtwasserreaktor, den man von den USA erworben hatte. Leichtwasser meint, dass er, wie der Basler Forschungsreaktor auch, gewöhnliches Wasser statt schweres Wasser als Kühlmittel und Moderator verwendete. Dafür benötigte er aber einen höheren Gehalt des Isotops Uran-235 im Kernbrennstoff.
1960 ging dann «Diorit» in Betrieb. Mit ihm testeten die die Wissenschaftler des Eidgenössischen Instituts für Reaktorforschung (EIR) verschiedene Reaktorkonzepte. Zudem entstanden an verschiedenen Orten in der Schweiz mehrere Projekte zur Energieerzeugung, die 1961 zur «Nationalen Gesellschaft zur Förderung der industriellen Atomtechnik», NGA, zusammengeführt wurden.
In Lucens VD sollte ein vom Bund mitfinanzierter Versuchsreaktor, genannt VAKL, errichtet werden. Ab 1962 wurde ein 100 Meter langer Stollen gegraben, an den sich drei unterirdische Kavernen für Reaktor, Turbine und Brennstäbe-Lager anschlossen. Das Ganze war eine Weiterentwicklung des «Diorit»-Reaktors und somit ein Prototyp.
Nennleistung von 30 Megawatt
1968 ging das Versuchsatomkraftwerk in Betrieb, im August lief es erstmals mit einer thermischen Nennleistung von 30 Megawatt. Während des Erprobungsbetriebs gab es immer wieder Probleme mit dem Kühlsystem, vor allem mit den Dichtungen von zwei speziell für den Reaktor konstruierten Gebläsen, die das Kühlgas CO2 im Primärkreislauf umwälzten. Am 21. Januar 1969 wurde nach mehrmaligen Verbesserungen an diesen Gebläsen die endgültige Betriebsbewilligung erteilt und die Versuchsanlage definitiv angefahren. Um 17.14 Uhr waren zwölf Megawatt erreicht, etwa vierzig Prozent der Maximalleistung. Um 17.20 Uhr schaltete sich der Reaktor überraschend automatisch ab.
Schadhafter Kühlkreislauf
Das bislang grösste Reaktorunglück auf Schweizer Boden war eingetreten. Zum Glück war der Versuchsreaktor zu klein, um Katastrophenpotenzial entwickeln zu können. Als Ursache wurde später eine schadhafte Verengung im Kühlkreislauf identifiziert.
Sie behinderte den Durchfluss des Kühlmittels. Ein Brennelement überhitzte und schmolz, dessen Druckbehälter barst. Die Druckwelle reichte bis in den Moderatortank, dessen Aufgabe es ja war, freie Neutronen abzubremsen. Schweres Wasser, Uran-Magnesium-Schmelze und radioaktiv kontaminiertes Kühlgas brachen aus. Nur wenig davon drang in die Umwelt.
Aus für Schweizer Eigenentwicklung
Das Aus für die Schweizer Eigenentwicklung bedeutete es trotzdem. Sie hinkte ihrer Zeit ohnehin hinterher. Bereits seit 1963 prüften Schweizer Elektrizitätsgesellschaften den Bau von Kernkraftwerken mit amerikanischen Kernreaktoren, deren Technologie deutlich weiter fortgeschritten war. Und so kam es dann auch: 1965 begannen die Bauarbeiten an Beznau 1, 1967 an Mühleberg. Beide mit US-amerikanischer Reaktortechnologie.
Kaverne dekontaminiert
Die Kaverne in Lucens wurde dekontaminiert, das Kraftwerk zurückgebaut. Die bei der Demontage angefallenen radioaktiven Abfälle wurden in 230 Standardfässer gefüllt und beim EIR entsorgt. Grössere Komponenten wurden zerlegt in sechs Stahlbehälter verpackt, verschweisst und verblieben auf dem Gelände des VAKL. Die Reaktorkaverne wurde mit Beton verfüllt. Seit 1995 gilt das Gelände mit Ausnahme der Parzelle mit den sechs Abfallbehältern nicht mehr als Kernanlage. Diese Behälter wurden schliesslich 2003 ins zentrale Zwischenlager in Würenlingen transportiert. Auf dem Gelände in Lucens befindet sich heute ein Museumsdepot.
Im Stilllegungsprozess
Die erwähnten Versuchsreaktoren «Diorit» und «Saphir» sind längst ans heutige Paul-Scherrer-Institut in Villigen AG übergegangen, das 1988 aus dem Zusammenschluss von EIR und SIN (Schweizerisches Institut für Nuklearforschung) hervorgegangen ist und heute vor allem Grossforschungsanlagen betreibt. Nuklear- und Reaktorphysik betreibt man dort kaum noch. Entsprechend befinden sich auch die beiden Versuchsreaktoren im Stilllegungsprozess. An der ETH Lausanne ist noch der Unterrichtsreaktor «Crocus» in Betrieb. (ava)