08:02 BAUBRANCHE

RMIT-Forscher tüfteln an Brandschutzverkleidungen aus Pilzen

Teaserbild-Quelle: RMIT University

Eine nachhaltige Brandschutzverkleidung aus Pilzen? Diese Idee verfolgen australische Wissenschaftler der RMIT-Universität in Melbourne. Möglich machen soll es Myzel – ein fadenförmiges Geflecht, das sich als eine Art Wurzelsystem von Pilzen im Boden ausbreitet. 

Brandschutzverkleidung aus Pilzen, Myzelblätter

Quelle: RMIT University

Den Wissenschaftlers gelang es, mit verschiedenen Wachstumsbedingungen dünne Myzelblätter herzustellen. Mittels Chemikalien manipulierte das Team zudem die Struktur des Materials, um dessen feuerhemmende Eigenschaften nutzbar zu machen.

Wissenschaftler des RMIT hätten gezeigt, dass es möglich sei, Pilze in dünnen Schichten zu züchten, die für feuerhemmende Verkleidungen verwendet werden könnten, hiess es unlängst in einer Mitteilung der Universität.

Als Grundlage für die Brandschutzverkleidungen dient Myzel – eine feine, wurzelartige Struktur, die aus einer Masse von verzweigten, fadenförmigen Pilzzellen besteht. Dieses lässt sich laut Tien Huynh, Assoziierte Professorin an der School of Science am RMIT und Experte für Biotechnologie und Mykologie, aus erneuerbaren Abfällen züchten.

«Wir haben einen Weg gefunden, reine Myzelschichten zu züchten, die geschichtet und für verschiedene Zwecke verwendet werden können – von flachen Platten für die Bauindustrie bis hin zu einem lederähnlichen Material für die Modeindustrie», so Huynh. Das Team konnte so Myzelblätter herstellen, die so dünn wie Tapeten sind – ohne dabei das Fadennetz des Myzels zu zerstören.

Dabei nutzten die Wissenschaftler verschiedene Wachstumsbedingungen und Chemikalien, um die Struktur des dünnen, einheitlichen Materials zu manipulieren und auf diese Weise dessen feuerhemmenden Eigenschaften nutzbar zu machen. Die Erkenntnisse wurden kürzlich im Rahmen einer Studie in der Fachzeitschrift «Polymer Degradation and Stability» veröffentlicht.

Pilze als Feuerschutz für Gebäude

Gemäss Mitteilung konzentrierten sich die Wissenschaftler bei ihrer Arbeit auf die Herstellung von biologisch hergestellten, feuerhemmenden Verkleidungen für Gebäude. Laut Everson Kandare, Assoziierter RMIT-Professor, Mitautor und Experte für die Entflammbarkeit und die thermischen Eigenschaften von Biomaterialien, biete Myzel ein grosses Potenzial als feuerfestes Material.

«Das Tolle an Myzel ist, dass es eine thermische Schutzschicht bildet, wenn es Feuer oder Strahlungswärme ausgesetzt wird. Je länger und je höher die Temperatur, bei der das Myzel überlebt, desto besser kann es als Feuerschutzmaterial verwendet werden», erklärt Kandare in der Mitteilung.

Forscherteam hinter Brandschutzverkleidung aus Pilzen

Quelle: RMIT University

Das Forschungsteam Nattanan (Becky) Chulikavit (links), Tien Huynh (Mitte) und Everson Kandare (rechts) in ihrem Labor auf dem RMIT-Campus in Melbourne.

Abgesehen davon könnten Verkleidungen auf Basis von Myzel aus erneuerbaren organischen Abfällen hergestellt werden und seien bei der Verbrennung nicht umweltschädlich. Dies im Gegensatz zu Verkleidungsplatten aus Verbundwerkstoffen, die laut Kandare in der Regel Kunststoffe enthalten, die beim Verbrennen giftige Dämpfe und starken Rauch erzeugen.

«Bromid-, Jodid-, phosphor- und stickstoffhaltige Flammschutzmittel sind zwar wirksam, haben aber gesundheits- und umweltschädliche Auswirkungen. Sie stellen ein Gesundheits- und Umweltproblem dar, da Karzinogene und Neurotoxine, die entweichen und in der Umwelt verbleiben können, Pflanzen und Tiere schädigen.»

Nutzung von Abfall aus Pilzindustrie

Laut Huynh könnte ihre Arbeit zu verbesserten und umweltfreundlichen Gebäudeverkleidungen führen. Kunststoffe liessen sich im Vergleich zu den langsam wachsenden Pilzen zwar schnell und einfach herstellen. Jedoch sei die Pilzindustrie an die Forscher herangetreten, um eine Verwendung für ihre mit Pilzen verarbeiteten Abfallprodukte zu finden.

Eine solche Zusammenarbeit mit der Industrie würde wiederum den Bedarf an neuen Farmen zur Herstellung des Materials beseitigen und gleichzeitig die Herstellung von Produkten ermöglichen, die die Anforderungen des Brandschutzes auf nachhaltige Weise erfüllen, so die Forscherin.

In einem weiteren Schritt wollen die Wissenschaftler Pilzmatten herstellen, die mit technischen Fasern verstärkt sind. Damit soll die Entzündung verzögert, die Flammenintensität verringert und die Brandssicherheit weiter verbessert werden. (mgt/pb)

Zur Studie in der Fachzeitschrift «Polymer Degradation and Stability»: doi.org/10.1016/j.polymdegradstab.2023.110419

Zur Mitteilung der RMIT-Universität: www.rmit.edu.au

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