Raumplanung: Wenn die Gesundheit unter der Sackgasse leidet
Bei undurchlässigen Strassennetzen leidet die Gesundheit. Diesen Schluss ziehen US-Wissenschaftler in einer Studie, für die sie weltweit über 46 Millionen Kilometer Strasse unter die Lupe genommen haben.
Quelle: Victória Kubiaki, Pixababay-Lizenz
Auch wenn die Studie den Strassennetzen in den USA eine schlechte Durchlässigkeit attestiert, so haben Orte wie New York nur wenig "Dead Ends" oder vielmehr Sackgassen. Sie sind auf der interaktiven Karte, die die Wissenschaftler im Rahmen ihrer Untersuchungen erstellt haben, als gut erschlossen markiert.
Sackgassen undundurchlässige Strassennetze sind ungesund. Zu dieser Erkenntnis gelangten Adam Millard-Ball von der Universität von Santa Cruz und Christopher Barrington-Leigh von der McGill University in einer Studie, für diesie die Ausbreitung von Strassennetzen in städtischen Gebieten und deren Folgen auf der Basis von hochaufgelösten Daten von Open Street Map und Satellitenbildern ab 1975 weltweit analysiert haben.
Kreuzungen und Verbindungsstrassen
In Stadtteilen mit durchlässigen Strassennetzen – das heisst mit vielen Kreuzungen, Verbindungen und Durchgangsstrassen –ist laut den beiden Wissenschaftlern die Anzahl der unter Adipositas, Diabetes und Herzproblemen leidenden Anwohner geringer, als in schlecht erschlossenen, von Sackgassen geprägten Quartieren. Zudem tendieren weniger gut erschlossene Umgebungen dazu, auch soziale Probleme zu befördern. „Weil das Wirtschaftswachstum zu einer zunehmend motorisierten Welt führt, werden der Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr voraussichtlich dramatisch zunehmen“, erklären sie. Daraus folgern sie wiederum negative Folgen für die Gesundheit.
Quelle: Screenshot/ www.sprawlmap.org
Karte zur Qualität der Strassennetze weltweit: Je blauer umso kompakter und durchlässiger das Strassennetz, und je mehr Rot, umso mehr Sackgassen und fehlende Verbindungen.
Interaktive Karte
Die Wissenschaftler haben im Rahmen ihrer Studie eine interaktive Karte erstellt, die Online eingesehen werden kann: Sie bietet eine Übersicht über die ganze Welt, aber auch detaillierte Ansichten, zum Beispiel zur Schweiz. Mehr auf www.sprawlmap.org
Um die Auswirkungen besser quantifizieren zu können, erstellten sie einen Algorithmus, der unter anderem die Anzahl durchgängiger Strassenverbindungen und Sackgassen sowie die Gehdistanz zu wichtigen Plätzen wie Geschäften, Bahnhöfen oder Freizeitmöglichkeiten miteinbezieht. Auf diese Weise erstellten sie einen Erschliessungsindex. Sie fanden heraus,dass dieStrassennetze etwa inJapan, Südamerika und in Teilen von Europa durchlässiger und kompakter sind, als zum Beispiel in den USA, wie obenstehende Karte zeigt. (Je blauer, umso besser verbunden das Strassennetz.)
Priorität für nachhaltige Raumplanung
In Gebieten, in denen sich die Städte schnell ausdehnen, leidenDurchlässigkeit und Verbindungsqualität des Strassennetzes: In der Mehrheit (90 Prozent) der 134 bevölkerungsreichsten Länder der Welt ist der Erschliessungsgrad der Strassennetze von ab 1975 errichteten Siedlungsgebieten laut Millard-Ball und Barrington-Leigh gesunken. Die Wissenschaftler empfehlen, dass in solchen Gebieten einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung höchste Priorität eingeräumt wird. (mai)
Quelle: Screenshot/ www.sprawlmap.org
Im Detail zeigt sich in der Schweiz ein differenzierteres Bild: Gemäss Studie verkehrstechnisch gut und durchlässig erschlossen sind urbane Regionen wie Zürich, Bern, Basel, Lausanne und Genf.