Quartalsbericht 1/2024: Wohnsegment wächst dank Umbauten
Der Bau von Mehrfamilienhäusern steht vor einem Investitionsschub. Das Umbaugeschäft legt zu, während Industrie- und Gewerbe beim Kapazitätsausbau zurückhaltend sind. Das Bürosegment überrascht positiv. Zinssenkungen könnten der Konjunktur auf die Sprünge helfen.
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Die geplante Hochbausumme erreichte im Startquartal einen Höchstwert. Die künftige Bautätigkeit stützen dürften neben dem Wohnbau auch bedeutende Segmente des übrigen Hochbaus.
Beim Bauhaupt- und Ausbaugewerbe haben sich im Anfangsquartal die Aussichten auf die künftige Bautätigkeit aufgehellt. Noch nie in den letzten zehn Jahren verlief das Startquartal dermassen fulminant. Die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme erhöht sich im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal nominal um 7,2 Prozent und zum Schlussquartal um 17,7 Prozent.
Ein weiteres Zeichen für die erhöhte Dynamik sind die Anzahl Bauprojekte. Im Vorjahr erreichte die Zahl bereits ein hohes Niveau, das noch leicht übertroffen wurde. Im Vergleich zum Schlussquartal erhöhte sich die Zahl um 16,1 Prozent. Gesamthaft werden voraussichtlich deutlich über zwei Milliarden Franken mehr in Hochbauprojekte fliessen als im Schlussquartal, wobei insbesondere der Wohnbau zur Ausweitung des Investitionsvolumens beitragen wird.
Mehrfamilienhäuser im Hoch
Die geplanten Investitionen in Wohnbauten erhöhten sich insgesamt im Vergleich zur Vorjahresperiode um 14,6 Prozent. Über die Hälfte des höheren Wohnbauvolumens entfällt auf Mehrfamilienhäuser (MFH), das Segment lag im Vergleich zum Vorjahresquartal 18,0 Prozent im Plus. Gegenüber dem Schlussquartal betrug die Zunahme sogar 24,8 Prozent, was auf ein Erstarken des wichtigsten Hochbausegments hindeutet.
Der eigentliche Wachstumsbereich bildet das Geschäft mit Um- und Anbauten sowie Kombinationen davon. Um 59,2 Prozent ist auf Jahressicht die Summe fürs Bauen im Bestand in die Höhe geschossen, während das Neubaugeschäft eine Zunahme von 7,9 Prozent verzeichnete. Insgesamt beschreiben Investitionen in Umbauten seit dem Anfangsquartal des letzten Jahres einen positiven Trend. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal erhöhte sich die Gesamtsumme für den Umbau von bestehenden Ein- oder Mehrfamilienhäusern um fast einen Drittel oder annähernd einer Dreiviertel Milliarde Franken.
Bei den Einfamilienhäusern (EFH) ergab sich in den ersten drei Monaten ein Anstieg der Bausumme von 4,4 Prozent, wobei in diesem Fall das Neubaugeschäft die Oberhand behielt, wie aus Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH / Infopro Digital Schweiz GmbH hervorgeht. Trotz rückläufigen Phasen erwies sich die Summe für geplante Umbauten über die letzten Quartale als erstaunlich stabil.
Industrie überzeugt nicht
Investitionsrechnungen von Industrie und Gewerbe sind geprägt von Erwartungen in die Zukunft. Bei den Plänen für den Ausbau der Gebäudeparks waren die Unternehmen zum Jahresbeginn weniger zuversichtlich als im Startquartal des Vorjahres. Die projektierte Summe für den Bau von Produktionsgebäuden sank im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode um 15,9 und zum Vorquartal um 13,8 Prozent, wobei aufgrund der ausserordentlich hohen Bezugswerte Basiseffekte zu berücksichtigen sind.
Trotz der schwächelnden globalen Konjunktur sind die Aussichten des Baugewerbes für Auftragseingänge aus diesem Segment trotzdem nicht dermassen schlecht wie die quartalsweise Momentaufnahme vermuten lässt. Im ersten Quartal erreichten die geplanten Investitionen der Unternehmen gesamthaft einen Wert, der den Durchschnitt des letzten Jahres fast erreicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Investoren im Vorjahr neben dem guten Einstand im Startquartal auch einen markanten Schlusspunkt setzten.
Aussenhandel verhalten
Aufgrund des unvorteilhaften Euro-Franken-Wechselkurses war die Industrie über längere Zeit einem stärkeren Preiswettbewerb ausgesetzt, was bei den stark auf Exporte orientierten Unternehmen den Margendruck erhöhte. Doch war die Teuerung über Monate rückläufig und bewegte sich im Zielband der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von zwei Prozent. Im März lag sie sogar bei einem Prozent. Die SNB sah daher – zur Überraschung vieler – Möglichkeiten für eine erste Leitzinssenkung.
In den nächsten Monaten dürfte laut einer Analyse der Raiffeisenbank die Gesamtinflation zwar aufgrund höherer Wohnungsmieten und Dienstleistungspreise nochmals etwas anziehen, doch innerhalb des Zielbands bleiben. Den Entscheid der Notenbank werden Mieterinnen und Mieter mit Erleichterung zur Kenntnis genommen haben, da es nicht zu weiteren Mietpreiserhöhungen kommen wird, die auf erneuten Anpassungen des Referenzzinssatzes basieren.
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Beim Segment Mehrfamilienhäuser boomt das Umbaugeschäft, während sich Bauen im Bestand bei den Einfamilienhäusern über die letzten Quartale stabil entwickelte.
Die Intervention der SNB dürfte auch Industrie und Gewerbe entlasten und die Position der Maschinen- und Anlagebauer stärken, da die Produkte tendenziell im Ausland billiger werden. Trotz der Unterstützung durch die Notenbank wird sich die Schweiz der globalen Konjunkturflaute aber nicht entziehen können. Tatsächlich schrumpfte der Schweizer Aussenhandel im ersten Quartal. Nominal gingen die Exporte saisonbereinigt um 0,8 Prozent (real: +0,6%) und die Importe um 1,9 Prozent (real: -0,2%) zurück. Acht von elf Warengruppen wiesen laut dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) im Startquartal einen Exportrückgang aus. Die Exporte nach Europa befanden sich aber doch noch auf Vorquartalsniveau.
In kleinen Schritten aus Talsohle
Wegen der anhaltend schwachen Auslandsnachfrage bleibt das Umfeld für die kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) der Schweiz herausfordernd. Der Purchasing Managers’ Index (PMI), einem Gemeinschaftswerk des Fachverbands für Einkauf und Supply Management «Procure.ch» sowie der UBS, bewegt sich seit Anfang letzten Jahres sehr zaghaft in Richtung der Wachstumsschwelle von 50 Zählern.
Im März erhöhte sich der «PMI Industrie» saisonbereinigt auf 45,2 von zuvor 44,0 Punkten. Der Auftragsbestand und die Produktion haben sich laut den befragten Unternehmen deutlich verbessert, was auch einen positiven Einfluss auf die Beschäftigung hat. Allerdings sind die Lieferfristen wieder kürzer geworden, was auf eine Verlangsamung der Industrieaktivität hindeutet, wie es in der Mitteilung heisst.
Übriger Hochbau uneinheitlich
In Krisensituationen stimulieren Investitionen der öffentlichen Hand zusätzlich das Wirtschaftswachstum. Die Segmente «Bildung» und «Gesundheit» dürften sich jedoch gegenläufig entwickeln. Während die Summe für den Bau von Schulen im Vergleich zum Vorjahresquartal zulegen (+16,7%) und den anhaltenden Wachstumstrend des letzten Jahres fortsetzen konnte, bleibt es im Gesundheitsbereich vorerst bei der Negativserie (-31,5%). Beide Segmentsummen lagen aber über dem Fünfjahresdurchschnitt.
Dagegen dürfte der Bereich «Gesellschaft, Kultur & Freizeit» wie während des gesamten letzten Jahres auch künftig zum baukonjunkturellen Wachstum beitragen (+65,1%), die geplante Bausumme war unterdurchschnittlich. Dies gilt auch für geplante Hotelbauten. Das Segment kommt trotz gut verlaufender Saisons und steigender Logiernächte nicht in die Gänge (Q1: -47,8%). Ähnlich präsentiert sich die Lage im Bereich «Infrastruktur», und zwar sowohl auf Jahressicht (-27,8%) als auch beim Fünfjahresmittel, das bei Weitem nicht erreicht wurde (-21,7%).
Aufgrund der verhaltenen konjunkturellen Entwicklung in Europa und der Welt geht die Expertengruppe des Bundes nach wie vor von einem unterdurchschnittlichen Wachstum der Schweizer Gesamtwirtschaft aus und bestätigt im März ihre frühere BIP-Prognose für 2024 von 1,1 Prozent und jene für nächstes Jahr (+1,7%).
Wiederholt habe sich der Dienstleistungssektor als massgebliche Wachstumsstütze erwiesen. Davon könnte auch das Segment «Handel und Verwaltung» profitieren. Denn in den letzten vier Quartalen zeigte sich bei den geplanten Investitionen in Bürogebäude ein positiver Trend mit einem Seitwärtstrend auf hohem Niveau im letzten Halbjahr. Das Investitionsvolumen ist überdurchschnittlich und lag im Vergleich zum Vorjahresquartal 18,0 Prozent im Plus, wie Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH / Infopro Digital Schweiz GmbH zeigen.
Von einem Wachstum der Schweizer Wirtschaftsleistung von 1,0 Prozent im 2024 gingen zu Beginn des Quartals die Ökonominnen und Ökonomen der Swiss Life aus. Ab Mitte des Jahres werde sich die Lage zum Besseren wenden. Kräftige Impulse könnten vom Konsum ausgehen nach Reallohnerhöhungen in Frankreich und Deutschland.
Deutschlands Wirtschaft stagniert
Deutschland hat innerhalb der Eurozone seine Führungsrolle in den letzten Quartalen nicht in gleichem Mass wahrnehmen können, wie das ansonsten der Fall war. Letztes Jahr musste das Land bei der Wirtschaftsleistung eine Schrumpfung von 0,3 Prozent vermelden, wobei die Ökonominnen und Ökonomen der Hans-Böckler-Stiftung davon ausgehen, dass mit rezessiven Risiken auch im ersten Halbjahr zu rechnen ist. Erst danach werde das Land wieder zum Wachstumspfad zurückfinden, ein Abflauen der Inflation vorausgesetzt. Nach aktuellem Stand sieht es danach aus, dass die Teuerung im Nachbarland weiter zurückgehen wird. Laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts sank die Teuerungsrate vor allem wegen gesunkener Nahrungsmittel- und Energiepreise im März auf 2,2 von 2,5 Prozent im Februar (Januar: 2,9%). Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise noch um 0,4 Prozent.
Und in der mittlerweile drittgrössten Volkswirtschaft der Welt – Deutschland lief Japan den Rang ab – ist im Februar das Geschäftsklima besser geworden. Der vom Ifo-Institut berechnete Indikator ist gegenüber dem Vormonat um 0,3 Punkte angestiegen nach einem Rückgang im Januar. Trotz der positiveren Erwartungen der befragten Unternehmen zum künftigen Geschäftsklima blieb der wichtigste Frühindikator für die deutsche Wirtschaft bei der Bewertung der aktuellen Lage unverändert. Unlängst hatte die Bundesregierung zudem ihre Konjunkturerwartungen für das laufende Jahr deutlich gesenkt. Demnach sei in diesem Jahr davon auszugehen, dass sich die Wirtschaftsleistung nur noch knapp im Wachstumsbereich halten könne.
USA: Inflation bleibt hartnäckig
In der Eurozone hat sich im März der Preisauftrieb abgeschwächt. Die Preise stiegen im März um 2,4 Prozent nach 2,6 Prozent im Februar (Januar: +2,8%) und befinden sich nicht mehr weit entfernt vom Zielband der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. Vor einem Jahr lag die Inflationsrate im Euroraum noch bei 6,9 Prozent. Doch wollen laut der Nachrichtenagentur Keystone-Sda die europäischen Währungshüter mit einer ersten Senkungsrunde bis Mitte des Jahres zuwarten, bis weitere Marktdaten für allfällige Entscheide vorliegen. Der Zinssatz, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, liegt weiterhin bei 4,5 Prozent.
Support für die Weltkonjunktur dürfte von der US-Wirtschaft kommen, die zum Schlussquartal ein aufs Jahr hochgerechnetes BIP-Wachstum von 3,2 Prozent ausweisen konnte, wobei sowohl die Staatsausgaben als auch die Exporte sowie der private Konsum dazu beitrugen. Trotz geldpolitischer Interventionen der US-Notenbank Fed verharrte im März die Kerninflationsrate aber bei 3,8 Prozent. Die Bekämpfung der Inflation hat im Wahljahr für den amerikanischen Präsident Biden daher «oberste wirtschaftliche Priorität».