10:13 BAUBRANCHE

Qualitätshölzer aus Japan: Hinoki und Sugi machen ihre Aufwartung

Geschrieben von: Manuel Pestalozzi (mp)
Teaserbild-Quelle: Manuel Pestalozzi

Holz ist in Japan wie in der Schweiz ein beliebtes Baumaterial. Oft stammt es hüben wie drüben aus einer traditionsreichen Waldbewirtschaftung. Die Hölzer Hinoki und Sugi aus der Region Yoshino suchen hierzulande nach neuer Kundschaft. Geworben wird unter anderem mit dem Argument Nachhaltigkeit, wie an einer Veranstaltung in Zürich zu erfahren war.

Holz Hinoki Sugi Japan

Quelle: Manuel Pestalozzi

Das Holz von Hinoki (links) und Sugi (rechts) kommt aus Japan auf den Schweizer Holzmarkt. Die beiden Zypressenarten und ihr Anbau wurden in einer Veranstaltung in der alten Kantonsschule in Zürich vorgestellt.

Seit 160 Jahren pflegen die Schweiz und Japan diplomatische Beziehungen. Zu diesem runden Geburtstag organisiert die Botschaft Japans in der Schweiz diverse Veranstaltungen, in denen Eidgenossinnen und -genossen japanische Erzeugnisse und japanisches Qualitätsbewusstsein nähergebracht werden. Sie bedient sich dabei der fünften Schweizer Landessprache Englisch. Deshalb machten die Stars der Veranstaltung vom 22. Februar ihre Aufwartung unter dem Namen «Yoshino Wood». Die Präsentation erfolgte in der ehrwürdigen Aula der alten Kantonsschule, wo sich das Asia-Orient Institute der Universität Zürich einquartiert hat.

Qualitätsprodukt aus Fernost

Im Rampenlicht stehen bei «Yoshino Wood» Hinoki und Sugi. Yoshino nennt sich eine Region im Zentrum einer Halbinsel zwischen der Bucht von Osaka und der Ise-Bucht, rund 400 Kilometer südwestlich von Tokio. Im 8. Jahrhundert war das bewaldete, hügelige Gelände eine eigene Provinz, heute gehört es zur Präfektur Nara. Hinoki ist der japanische Name für Scheinzypresse, Sugi wird im Internet als Sicheltanne oder Japanische Zeder präsentiert. Die miteinander verwandten Koniferen werden unter anderem für traditionelle japanische Bauwerke wie Teehäuser in Parks oder Schreine verwendet. Ihr Holz ist bekannt für die feine Maserung, und es ist die edle Qualität, über welche dieses seinen Weg in die helvetische Holzverarbeitung finden soll.

Yoshino Wood Kojiro Yamanaka und Dr. Yutaka Goto

Quelle: Manuel Pestalozzi

Holzvermarkter Kojiro Yamanaka (links) und der wissenschaftliche Beirat Dr. Yutaka Goto informierten über die Tradition, die hinter «Yoshino Wood» steht.

Kojiro Yamanaka hat 2013 in Osaka das Unternehmen «ICHI Inc.» gegründet, welches seit einigen Jahren «Yoshino Wood» in Europa vermarktet. «Seit 2018 sind wir in Österreich aktiv», erklärte Yamanaka an der Veranstaltung in Zürich, «und im Sommer 2022 haben wir unsere Präsenz in der Schweiz begründet.» Im Fokus stehen bei der Anwendung qualitativ hochstehende Interieurs und ausgeklügelte Designobjekte. Denn er wisse, so Yamanaka, dass Handwerkskunst gerade bei der Holzbearbeitung in der Schweiz wie in Japan hohe Wertschätzung geniesst.

Die Kobe-Rinder der Holzwirtschaft

Dr. Yutaka Goto machte das Publikum mit dem kulturellen und wirtschaftlichen Umfeld von Hinoki und Sugi vertraut. Der Bauingenieur, der an der ETH Zürich seine Dissertation verfasste, wurde von der Präfektur Nara zum Berater für die Vermarktung von «Yoshino Wood» ernannt. Er vermittelte in einem Kurzreferat faszinierende Einblicke in die historische Entwicklung des sich über rund 390 Quadratkilometer erstreckenden Waldgebiets mit moderat kalten Wintern, moderat warmen Sommern und einer hohen Niederschlags- und Luftfeuchtigkeitsrate.

Die Bewirtschaftung des Waldes begann schon im Mittelalter, und die Methode, die sich damals etablierte, hat sich bis heute nicht geändert: dichte Anpflanzung, mit bis zu 1000 Setzlingen pro Hektare, und später gezielte Ausdünnung. Das Holz wurde verwendet für Bauelemente, die Papierherstellung, Gefässe, zeitweise auch für Schiffe. Im Laufe der Jahrhunderte drohte ein Kahlschlag. Das Gebiet wurde in der Folge für heilig erklärt und die Waldwirtschaft verboten.

Kirschbäume in Region Yoshino

Quelle: Tawashi2006 / Eigenes Werk / Wikimedia / CC BY 2.1 JP DEED

Zwischen den Waldgebieten finden in der Region Yoshino auch Kirschbäume Raum.

In der Zeit der kompletten Abschottung des Landes im 18. Jahrhundert stellte man aus dem Holz der regenerierten Wälder Fässer her für Saké. Mit dem Reiswein sollte die Wirtschaft angekurbelt werden. Das Shogunat von Edo ordnete als Eigentümerin die koordinierte Anpflanzung und Ausdünnung des Baumbestands nach der vertrauten Methode an. Aus diesem System entwickelte sich eine Bewirtschaftung, die in ihrer Essenz bis heute betrieben wird und die hohe Qualität des Holzes sicherstellt. Dr. Goto hob unter anderem die kleinen Bewirtschaftungseinheiten hervor, die jeweils für rund 15 Hektaren zuständig sind.

Die Sorgfalt, mit dem der Wald gepflegt wird, erinnert den Laien an die Streicheleinheiten, welche man Kobe-Rindern angedeihen lässt, damit am Schluss besonders feines Fleisch auf den Teller kommt. Dr. Goto wies darauf hin, dass die Art der Bewirtschaftung auch bewährt nachhaltig ist. «Es handelt sich um einen kulturellen Wert, eine 500 Jahre alte Tradition, die für kommende Generationen bewahrt werden soll», erklärte er in Zürich. Auch die langen Transportwege nach Europa sieht er nicht als wesentliche Trübung der Nachhaltigkeitsbilanz. Der Hafen von Osaka für die Verschiffung ist relativ nah, das im Holz gespeicherte CO2 sei ein Vielfaches der Menge, welches durch den Transport freigesetzt wird.

Yosino Wood

Quelle: Manuel Pestalozzi

Anhand von kleineren Exponaten wurde die Sinnlichkeit von Hinoki und Sugi spürbar gemacht.

«Waldbaden» vor dem Einkauf

Markus Barmettler, altershalber scheidender Direktor der Firma Bollinger Furniere AG aus Nürensdorf (ZH), liess sich nach Yoshino locken und erstand dort eine Containerladung voll Hinoki und Sugi. Die Firma vertreibt Holz, das aus allen Teilen der Welt stammt, erklärte Barmettler dem Publikum in Zürich. Der Holzfachmann wurde von einem «Dissemination Agent» von «Yoshino Wood», also einem Markenbotschafter des Produkts, zu einem Besuch der Region animiert. «Sie eignet sich prima zum Waldbaden», urteilte Barmettler nach einem Ausflug in die streng kuratierte Natur. Anschliessend konnte er einen der traditionellen Holzmärkte besuchen, unter kundiger Beratung als Einkäufer seine Wahl treffen und die Zubereitung seines Kaufs im Sägewerk verfolgen. Dort stellt er fest, dass die Schneidtechniken wie auch die Furnierherstellung sich stark von den hierzulande gewohnten Verfahren unterscheiden, auch hinsichtlich des Zeitaufwandes, der nach seinen Ausführungen in Japan beträchtlich grösser ist.

Barmettlers 2000 Kubikmeter Sugi und 4000 Kubikmeter Hinoki wurden in einem klimatisierten Container von Osaka nach Rotterdam verfrachtet und von dort in ein Furnierwerk in Graz, Österreich, weitertransportiert. Die Ausführungen des Schweizer Holzfachmanns liessen darauf schliessen, dass noch nicht genau festgelegt ist, in welcher Verarbeitung «Yoshino Wood» idealerweise in Länder wie die Schweiz gelangt und welche Arbeitsschritte hin zum handelbaren Produkt man in Japan und welche in Europa vornehmen soll.

Regionalprodukt wird international

Der «Dissemination Agent», der Markus Barmettler zur Reise nach Japan animierte, war Architekt Yuichi Kodai. Der einstige Mitarbeiter der Stararchitekten Herzog & de Meuron gründete 2018 in Zürich sein eigenes Büro und betreut daneben für «Yoshino Wood» die Märkte Schweiz und Italien. In seinem Kurzvortrag in Zürich erklärte er, wie schön sich Holzbautraditionen Japans und der Schweiz kombinieren oder ergänzen lassen. Bei einem 2017 fertiggestellten Kunstpavillon beim Shinshoji Zen Museum in der Stadt Fukuyama, der auf Stützen steht, verwendete er bei der Verkleidung der Untersicht eine Schindeltechnik, die er in der Schweiz kennengelernt hatte. 

Bei kleineren Aufträgen für Wohnräume in der Schweiz liess er sich wiederum von japanischen Anwendungen von Holz inspirieren, auffallend sind dabei die Sanitärgefässe, die an die zuvor erwähnten Saké-Fässer denken liessen. Yuichi Kodai liess durchblicken, dass er für seine Kundschaft in der Schweiz gerne auf ein lokales Angebot von Hinoki oder Sugi zurückgreifen würde. Man darf gespannt abwarten, welche Resultate die Bekanntschaft mit Bollinger Furniere künftig produzieren wird. Kodais Präsentation von sinnlichen, weich konturierten Schreinerarbeiten zeigten das Gestaltungspotenzial, das die japanischen Hölzer bergen, deutlich, und der Architekt schwärmte von den sanften, polierten Oberflächen, die oft gar keine Behandlung mehr bräuchten.

Die abschliessende Fragerunde war bemerkenswert engagiert. Sie lieferte etliche Zusatzinformationen, die unter anderem zeigten, dass sich dieser Holzexport aus Japan noch in einer Pionierphase befindet. Die Suche nach internationalen Abnehmern von Hinoki und Sugi aus der Region Yoshino ergibt sich, wie Dr. Goto auf Anfrage ergänzte, aus einer rückgängigen Nachfrage in Japan. Einst eher als Massenware angebaut, muss das Holz sich nun als jenes Edelprodukt bewähren, das es beansprucht zu sein. Denn die reine Holzästhetik verlangt nach einem geschulten Sinn für das Schöne, den sich nicht alle leisten. Sugi zeige sich resilient genug für einen Klimawandel, während das zartere, edlere Hinoki wohl etwas mehr Mühe zeigt, so Dr. Goto. 

Wie die in Zürich ausgestellten Muster zeigten, findet man traditionell auch für das beim Ausdünnen anfallende Holz eine sinnvolle Verwendung, etwa zur Herstellung von Essstäbchen oder kleineren Trinkgefässen. Eine weitere Frage betraf die Reaktion der Hölzer auf die Luftfeuchtigkeit, die in Europa generell niedriger sei als in Japan. Dr. Goto erwiderte, dass man darauf ein Auge halten müsse. Doch er sieht in der Schweiz gute Chancen für Hinoki und Sugi; schliesslich seien diese Hölzer langlebig und zeigten über grosse Zeiträume eine hohe Massbeständigkeit.

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Freier Mitarbeiter für das Baublatt.

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