PwC-Studie: Bau in der Schweiz muss umdenken
Nicht die Billigsten, sondern die Besten werden in der Schweizer Baubranche überleben, so das Fazit einer neuen Studie des Beratungsunternehmens PwC. Statt Austauschbares zu leisten, sollten sich die Akteure im Markt klar differenzieren.
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Baukrane, Symbolbild.
Die Schweizer Baubranche kämpft
vielerorts seit Jahren mit mangelnder Ertragskraft. Die Hauptgründe dafür sind
der Preiskampf aufgrund des Überangebots an austauschbaren Leistungen,
mangelnde Integration von Planung und Ausführung und teils wenig Innovation. Zudem
ist aktuell auch der Bau von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen und
hat mit einem absehbaren Rückgang der Bautätigkeiten zu rechnen. Doch wie
müssen sich die Unternehmen der Baubranche positionieren, um dennoch eine
Zukunft zu haben?
Das Beratungsunternehmen PwC Schweiz beantwortet diese Frage
im Rahmen einer neuen quantitativen Studie, für die es rund 130
Entscheidungsträger von Schweizer Bauakteuren befragt hat, die in
Projektierung, Hochbau und/oder Tiefbau aktiv sind und für Privatkunden,
Gewerbe- und Industriekunden, die öffentliche Hand und institutionelle Anleger
bauen. Eingeflossen sind zudem die persönlichen Ansichten von bekannten
Branchengrössen wie SBV-Direktor Benedikt Koch.
Differenzierung und Pioniergeist
Das Fazit der Studienautoren liest sich dringlich: Wer im
Bau rentabel überleben will, muss jetzt umdenken, sich klar im Markt
differenzieren und die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Veränderung
und Innovation seien in der Bauindustrie unabdingbar. «Auch schon vor der Corona-Krise
zeichnete sich ab, dass ein Paradigmenwechsel erforderlich ist, um im Bau
Bestand zu haben – und dies obwohl die Schweizer Baubranche in zahlreichen
Lebensbereichen auch in Zukunft eine tragende Rolle spielen wird», meint Roland
Schegg, Leiter Consulting Familienunternehmen und KMU bei PwC Schweiz.
Gemäss 90 % der Teilnehmenden an der Studie liegen die grössten Herausforderungen in der mangelnden Differenzierung (88 %), im Preiskampf (85 %) und der Zinswende (88 %). Unternehmen müssten heute also den Mut haben, die Dinge anders zu machen als ihre Mitbewerber. Dies gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, kompetitive Preise zu bieten. Wer zum Beispiel einen durchdachten Ansatz für Arealentwicklungen vorlegen oder komplexe Überbauungen handhaben kann, grenze sich klarer gegenüber Mitbewerbern ab und realisiere grössere Gewinnspannen, so die Autoren. Ferner seien Kreativität, Pioniergeist, eine integrale Führung und Ausdauer unabdingbar für den Fortbestand in der Baubranche.
Vorsprung durch Digitalisierung
Insbesondere die Digitalisierung birgt gemäss der Studie interessantes
Potenzial, das meist noch nicht richtig ausgeschöpft wird. Der Einsatz
digitaler Technologien hat zwar schon vor Jahren begonnen, vor allem jedoch in
Supportprozessen wie Administration, Marketing, Kommunikation oder beim
Zeichnen der Pläne. Damit ist es aber nicht getan. Auch Kernprozesse wie
Realisierung und Betrieb müssen nun zweckmässig digitalisiert werden, wie aus
der Studie klar hervorgeht. Digitale Lösungen erlauben es grundsätzlich, alle am
Bau Beteiligten frühzeitig einzubeziehen und Nachjustierungen auch in der Realisierungsphase
vorzunehmen.
Hier liegt also das grosse Digitalisierungspotenzial, denn
so können sich entlang der Wertschöpfungskette neue Modelle mit integrierter
Kooperation bilden. Insbesondere könnten die heute vielfach abgetrennten Plan-
und Ausführungsprozesse intelligent verbunden werden. Gerade auch die teils
enormen Fehlerkosten auf dem Bau könnten damit gezielt bekämpft werden. Doch
obwohl 87 % der Unternehmen in der Digitalisierung eine Chance sehen, räumen
ihr nur 62 % einen hohen Stellenwert ein, noch weniger ist dies in kleinen Unternehmen
der Fall. Zurecht frage man sich, ob hier eine Chance noch brach liegt, so die
Autoren.
Das Gewusst-wie ist zentral
Natürlich sind die einzelnen Faktoren auf dem Weg zu
optimierten Prozessen immer nur so gut wie sie angewendet werden: Eine
Kombination aus neuen Technologien, digitalen Modellen und innovativen
Materialien kann nur erfolgreich und nachhaltig beständig sein, wenn der Mensch
sie richtig anzuwenden weiss. Mobilisiert ein Unternehmen das gesamte Potenzial
vom Lehrling und Arbeiter über die Fachkraft und den Polier bis zum Bauführer
und der Geschäftsleitung für das gemeinsame Ziel, erzeugt es Hochleistung – sei
es hinsichtlich Effizienz, Fehlerkosten oder Innovationen. Dazu sind föderale
Führungsmodelle gefragt, die auf Respekt und Wertschätzung basieren.
Bei Materialien und Verfahren sind ebenfalls innovative
Ansätze erkennbar. Diese nehmen globale Megatrends wie Nachhaltigkeit,
Automatisierung oder Digitalisierung auf und haben das Potenzial, die
Baubranche zu revolutionieren. Doch noch nicht vieles davon sei massentauglich.
«Um diesen innovativen Weg zu gehen und auch in Zukunft bestehen zu können,
braucht es daher auch Mut und Weitsicht», so Schegg.
Corona-Krise trübt Stimmung
Die Baustudie von PwC Schweiz wurde seit März 2020 kurz vor
Fertigstellung aufgrund der Corona-Krise um weitere Analysen zu den
Auswirkungen von Covid-19 auf die Zukunftserwartungen der Bauakteure ergänzt.
Aus den zusätzlichen Rückmeldungen wurden die Einschätzungen «seit Covid-19»
abgeleitet und diese der ursprünglichen Einschätzung «vor Covid-19» gegenübergestellt.
Deutlich wird bei dieser Gegenüberstellung, dass die
Bauakteure die Zukunftsperspektiven ihres Unternehmens im Kontext der
Corona-Krise deutlich negativer einschätzen als zuvor: Neu sind nur noch 58 %
der Studienteilnehmenden positiv gestimmt (92 % vor Covid-19) und die negativen
Erwartungen haben sich verfünffacht. Mehr als je zuvor ist nun also ein
Umdenken in der Bauindustrie erforderlich. (gd/mgt)
Weitere Informationen unter www.pwc.ch/baustudie