09:36 BAUBRANCHE

NPK: Grundlage für rechtssichere Ausschreibungen

Teaserbild-Quelle: Petra Bork, www.pixelio.de

Mit dem Normpositionen-Katalog (NPK) lassen sich Bauleistungen in Bezug auf Art, Qualität und Quantität klar beschreiben. Doch der NPK stellt auch aus rechtlicher Sicht eine geeignete Grundlage dar, um übersichtliche, vollständige und verständliche Ausschreibungen durchzuführen.

Von Carlo Peer

Mit der Beschreibung der Bauleistung zeigt die Bauherrschaft den offerierenden Bauunternehmern im Rahmen der Ausschreibung an, was in quantitativer und qualitativer Hinsicht gebaut werden soll. Dies geschieht häufig mit einem Leistungsverzeichnis, was dessen herausragende Bedeutung in der Baupraxis unterstreicht.

Mit einer «klaren Ausschreibung» ist natürlich nicht eine Submission gemeint, die sämtliche Missverständnisse ausräumt und spätere Streitigkeiten gänzlich verhindert. Nach diesem Verständnis dürfte nämlich nur dann von einer klaren Ausschreibung gesprochen werden, wenn die Ausschreibung sowohl dem bauherren- als auch dem unternehmerseitigen Idealzustand entspricht. Das ist utopisch.

Im Folgenden wird der Ausdruck «klare Ausschreibung» deshalb nicht in seiner strengsten terminologischen Form verwendet, sondern aus einer bescheideneren Perspektive betrachtet. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, ob der NPK aus rechtlicher Sicht eine übersichtliche und verständliche Ausschreibung ermöglicht, die Missverständnisse unter den Beteiligten minimiert und Streitigkeiten vermeidet.

Vorteile bei Ausschreibungen mit dem NPK

Der NPK ist in der Schweiz nicht die einzige, aber eine weitverbreitete und standardisierte Methode, um Leistungsverzeichnisse zu erstellen. Er umfasst über eine Million standardisierter Normpositionen aus dem Hoch-, Tief- und Untertagbau sowie der Gebäudetechnik. Auf Grundlage der Ausführungsunterlagen (Ausschreibungspläne, Baubeschrieb usw.) kann mit den standardisierten Textbausteinen der einzelnen Normpositionen ein Leistungsverzeichnis erstellt werden, das alle Leistungen beinhaltet, die der Bauunternehmer zur Ausführung des Bauwerkes zu erbringen hat. Damit bildet der NPK das Gerüst, um Bauarbeiten auf Grundlage eines Leistungsverzeichnisses auszuschreiben.

  • Rationalisierung der Ausschreibung

Die Aufgliederung der Bauleistung in Einzelleistungen ist ein komplexer Vorgang, der vom Ersteller des Leistungsverzeichnisses hohe Fachkenntnisse erfordert. Je komplexer die auszuschreibende Bauarbeit ist, desto detaillierter fällt für gewöhnlich die Beschreibung der Einzelleistungen aus. Indem die Anwender auf standardisierte, vorgefertigte Normpositionen zu den bauspezifischen Arbeitsleistungen zurückgreifen können, wird die Aufgliederung der Bauleistung stark vereinfacht. Damit geht auch eine Rationalisierung der Ausschreibung einher.

Darüber hinaus kann der Unternehmer auf Grundlage der standardisierten Textbausteine im NPK das Leistungsverzeichnis direkt in seine Kalkulationssoftware importieren, um die Preise der einzelnen Leistungen zu bestimmen. Auch deshalb wird die Offertstellung und damit die Ausschreibung rationalisiert.

  • Rechtssicherheit

Die einheitliche Formulierungsweise, der einheitliche Aufbau und die einheitliche Gliederung des NPK tragen dazu bei, dass die an der Ausschreibung beteiligten Personen (Architekt, Ingenieur, Bauherr, Unternehmer usw.) das Leistungsverzeichnis besser und vor allem gleich verstehen.

Damit werden einerseits die Risiken für Widersprüche und Lücken im Leistungsverzeichnis minimiert. Andererseits helfen standardisierte Textbausteine somit, den Ausschreibungen mehr Rechtssicherheit zu verleihen, indem sie für Klarheit, Beständigkeit und Vorhersehbarkeit bei der Aufgliederung der Bauleistung in Einzelleistungen sorgen.

Standardisierte Textbausteine verleihen Ausschreibungen mehr Rechtssicherheit, indem sie für Klarheit, Beständigkeit und Vorhersehbarkeit sorgen.

Quelle: Petra Bork, www.pixelio.de

Standardisierte Textbausteine verleihen Ausschreibungen mehr Rechtssicherheit, indem sie für Klarheit, Beständigkeit und Vorhersehbarkeit sorgen.

  • Adaption und Rückgriff auf Erfahrungswerte

Die NPK-Kapitel sind einem steten Wandel unterworfen. Auf Antrag der Fachverbände werden neue NPK-Kapitel geschaffen und bestehende Kapitel überarbeitet. In der Begleitgruppe arbeiten Fachleute der Planer- sowie der Unternehmerseite zusammen, und im Tiefbau kommen noch Bauherren dazu.

Damit wird einerseits gewährleistet, dass der NPK dort modifiziert bzw. erweitert wird, wo Bedarf besteht. Andererseits können Fehler ausgemerzt werden, indem auf Erfahrungswerte und auf den Sachverstand der Begleitgruppe zurückgegriffen wird. Dies trägt dazu bei, dass der NPK und schlussendlich auch die Ausschreibung auf der Grundlage des NPK an Qualität gewinnen.

Die Datenkennzeichnung beim NPK folgt dabei stets den gleichen Grundsätzen, sodass den Anwendern transparent aufgezeigt wird, wann das NPK-Kapitel publiziert wurde (Ausgabejahr) und welche Version verwendet wird (Versionsjahr).

  • Digitaler Datentransfer: Vermeidung von Fehlern, Widersprüchen und Lücken

Der NPK beinhaltet vorgefertigte, standardisierte Textbausteine, die stets auch in digitaler Form verfügbar sind. Damit können auf Grundlage des NPK digitale Leistungsverzeichnisse erstellt werden, welche den am Bau beteiligten Personen (Architekt, Ingenieur, Bauherr, Unternehmer usw.) die Möglichkeit geben, ihr Verhalten besser aufeinander abzustimmen, weil der im Leistungsverzeichnis definierte Leistungsumfang allen zugänglich gemacht werden kann. Beim NPK wird dieses Ziel mithilfe von zertifizierten Softwareprogrammen sowie mit dem NPK-Editor erreicht, welche einen digitalen Austausch von Leistungsverzeichnissen zwischen den Beteiligten ermöglichen.

Dieser digitale Datentransfer schafft somit transparente Verhältnisse. Damit können Fehler, Widersprüche und Unvollständigkeiten im Leistungsverzeichnis bereits im Rahmen der Ausschreibung erkannt werden, was der Streitvermeidung zuträglich ist.

Verbleibende Risiken trotz NPK

Es liegt in der Natur von Leistungsverzeichnissen, dass sie unvollständig sind, weil sie – wie auch andere Ausschreibungsunterlagen – Aussagen zum auszuführenden Bauprojekt vorwegnehmen. Diese Aussagen sind natürlich mit gewissen Unsicherheiten verbunden. Neben Lücken in der Leistungsbeschreibung ist auch an Widersprüche zwischen dem Leistungsverzeichnis und anderen Ausschreibungsunterlagen (zum Beispiel Pläne, besondere Bestimmungen, Normen usw.) zu denken.

Insbesondere der Bauherr sieht sich deshalb erheblichen Nachtragsrisiken ausgesetzt, wenn das von ihm zur Verfügung gestellte Leistungsverzeichnis, das die vom Unternehmer geschuldete Leistung umschreiben soll, lückenhaft, fehlerhaft oder widersprüchlich ist. Der Unternehmer hat nämlich für Mängel im bauherrenseitig erstellten Leistungsverzeichnis grundsätzlich nicht einzustehen, wenn diese für ihn nicht erkennbar waren. Ihm steht vielmehr eine Mehrvergütung (Nachtragspreis) für die zusätzliche, weil nicht umschriebene Leistung zu. Ebenso können aus der Fehlerhaftigkeit oder Widersprüchlichkeit von Leistungsverzeichnissen Mehrvergütungsansprüche für den Unternehmer erwachsen.

Diese Risiken verbleiben selbst dann beim Bauherrn, wenn standardisierte Ausschreibungstexte – wie der NPK – verwendet werden. Der NPK kann zwar zu einer klaren Ausschreibung beitragen und die Risiken bei der Ausschreibung und späteren Ausführung des Bauprojektes minimieren, doch führt seine Verwendung nicht dazu, dass sämtliche Risiken ausgeschlossen werden können.

Weil vertragliche Vollständigkeitsklauseln nur bedingt helfen, das bauherrenseitige Nachtragsrisiko auszuschliessen, wird in der Baubranche richtigerweise zunehmend versucht, mit umfassenden digitalen Planungsmethoden (wie zum Beispiel BIM) die Koordination unter den am Bauprojekt beteiligten Personen zu optimieren. Aus rechtlicher Sicht wäre es gerade mit Blick auf eine verbesserte Koordination wünschenswert, dass der NPK mit dieser Entwicklung ebenfalls Schritt hält. Das Innovationsprojekt «Bauteilbasierte Ausschreibung» setzt sich mit diesem Thema auseinander. Bis es daraus konkrete Ergebnisse gibt, steht den Anwendern digitaler Planungsmethoden bei der Ausschreibung nur der konventionelle Weg mit dem bestehenden NPK zur Verfügung.

Fazit und Empfehlungen

Es ist wohl unbestritten, dass der NPK als Grundlage für klare Ausschreibungen taugt – auch aus rechtlicher Sicht. Insbesondere Fehler, Widersprüche und Unvollständigkeiten, die bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen immer wieder auftreten und sich auf die Ausschreibung niederschlagen, können durch die Verwendung von vorgefertigten Standards wie dem NPK minimiert werden. Dies ist neben der Zeitersparnis, die mit der Verwendung des NPK einhergeht, ein Grund dafür, dass der NPK in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Dennoch ist der NPK kein «Wundermittel» für klare Ausschreibungen. Zwar können vorgefertigte Standards allfällige Fehler, Widersprüche und Unvollständigkeiten bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen minimieren, sie lassen sich aber nicht gänzlich ausschliessen. Schlussendlich kommt es auch bei Ausschreibungen auf Grundlage des NPK immer darauf an, ob die Beteiligten gewillt sind, ihre Vorstellungen und ihr Verhalten im Rahmen der Ausschreibung der Bauarbeit so aufeinander abzustimmen, dass die Ausschreibung an Übersichtlichkeit und Verständlichkeit gewinnt.

Zu einer transparenten Kommunikation gehören auch eine gemeinsame Kontrolle des Leistungsverzeichnisses und eine Koordination der Ausschreibungsunterlagen, damit Fehler, Unvollständigkeiten und Widersprüche minimiert werden können. Dabei ist eine schriftliche Dokumentation anzuraten – einerseits zu Beweiszwecken und andererseits deshalb, weil Änderungen, die bei der Ausschreibung getätigt werden, bis zum Vertragsschluss oft in Vergessenheit geraten.

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