Nidwalden, Obwalden, Uri: Tiefe Steuern und rote Zahlen
Nidwalden steigt zum steuergünstigsten Unternehmensstandort
der Welt auf. Der Kantonshaushalt weist aber nach wie vor ein strukturelles
Defizit auf. Mit roten Zahlen kämpfen auch Uri und Obwalden, das wegen
millionenschwerer Infrastrukturprojekte die Schuldenbremse gelockert hat.
Weltnummer eins: Von diesem Titel träumt der Nidwaldner
Finanzdirektor Alfred Bossard (FDP) schon lange. Dieses Ziel ist jetzt in
Griffnähe gerückt. Wird die Steuerbelastung für Unternehmen zum Massstab
genommen, belegt Nidwalden nicht nur in der kleinen Schweiz den Spitzenplatz,
sondern bald auch weltweit. Denn Anfang dieses Jahres ist in Nidwalden die
kantonale Steuerreform im Gefolge der nationalen AHV- und Steuervorlage (Staf)
in Kraft getreten. Gemäss einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts BAK
Economics wird der Zentralschweizer Kanton damit bis spätestens 2025 der
steuergünstigste Flecken auf der Welt sein und den bisherigen Leader Hongkong
vom Siegerpodest stossen.
Die Steuerreform mit der Senkung des Gewinnsteuersatzes von
6 auf 5,1 Prozent wurde von den Nidwaldner Stimmberechtigten mit einem
Ja-Stimmenanteil von 59,4 Prozent gutgeheissen. Die Grünen hatten die Steuersenkung
für Unternehmen bekämpft. Sie erklärten, Nidwalden dürfe den Steuerwettbewerb
nicht weiter anheizen. Steuerdumping belaste den Zusammenhalt unter den
Kantonen. Ausserdem müssten die Unternehmen ihren Beitrag an das Funktionieren
des Kantons leisten, gerade auch in Zeiten von Corona. Die bürgerlichen
Parteien verwiesen auf andere Kantone, die die Staf-Vorlage rascher umgesetzt
und ihre Steuern bereits gesenkt hatten. Nidwalden dürfe nicht ins
Hintertreffen geraten, sondern solle seine schweizweit führende Stellung in der
Unternehmensbesteuerung verteidigen.
Für den Finanzdirektor sind die Steuern einer der wichtigsten Standortvorteile des Kantons. Nur mit der schönen Landschaft locke man keine Leute und Unternehmen nach Nidwalden, sondern mit tiefen Steuern. «Wir müssen alles daran setzen, in diesem nationalen und internationalen Steuerwettbewerb, der an sich nichts Schlechtes ist, an der Spitze zu bleiben.» Sonst könnten Firmen und auch private gute Steuerzahler dem Kanton den Rücken kehren.
Auch wenn man die Steuern senke, gehe die Rechnung unter dem
Strich für den Kanton auf. «Dank zusätzlicher Steuerzahler steigen im Endeffekt
die Steuereinnahmen», so Bossard. Mit dem neuen Industriegebiet Fadenbrücke auf
dem Flugplatzareal in Buochs versuche man, weitere Firmen trotz knapper
Baulandreserven anzuziehen. Eine globale Mindeststeuer für Unternehmen, wie sie
den G7-Staaten vorschwebt, wird laut dem Finanzdirektor für Nidwalden eine
Herausforderung sein. 18 Kantone müssten die Steuern demnach erhöhen. Zu ihnen
gehört auch Nidwalden. Bossard sieht aber den Kanton mit seinen
Rahmenbedingungen in einer guten Ausgangslage. Dass viele Unternehmen bei einer
Einführung einer Mindeststeuer abwandern würden, sei nicht anzunehmen.
Defizite von 5 bis 10 Millionen
Der Kantonshaushalt weist allerdings seit Jahren ein
strukturelles Defizit auf. Für die kommenden Jahre rechnet der Kanton mit
Aufwandüberschüssen zwischen 5 und 10 Millionen Franken. Dank seiner
Konjunktur- und Ausgleichsreserven kann er die Fehlbeträge jeweils auf knapp 2
Millionen Franken begrenzen. Die Rechnung 2020 schloss zwar bei einem Aufwand
von 389 Millionen mit einem Plus von 1,2 Millionen Franken ab – um fast 7
Millionen besser als erwartet. Der Hauptgrund war aber die höhere
Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank: Zusätzliche 8,4 Millionen
flossen nach Nidwalden. Bei den Investitionen stand Nidwalden auf der Bremse.
Netto investierte der Kanton lediglich 22,6 statt den veranschlagten 40,5
Millionen Franken. Mehrere Bauprojekte wurden nicht abgeschlossen oder
hinausgeschoben. Im Kantonsparlament wurde deshalb Kritik laut: Die
Investitionsdelle in Nidwalden werde immer grösser, wurde der Regierung
vorgehalten.
In diesem Jahr rechnet der Kanton mit einem Minus von 4,9
Millionen Franken. Weil er 3 Millionen Franken aus den finanzpolitischen
Reserven entnimmt, verbleibt unter dem Strich ein Budgetdefizit von 1,9
Millionen Franken. Die Nettoinvestitionen betragen 35,8 Millionen Franken. Die
grössten Veränderungen zeichnen sich bei den Steuereinnahmen ab, die wegen der
Corona-Pandemie um über 8 Millionen Franken tiefer ausfallen dürften. Vor allem
die Ergebnisse der Holding- und Verwaltungsgesellschaften dürften sich wegen
der Krise verschlechtern und die Erträge aus den Unternehmenssteuern
empfindlich schrumpfen lassen. Erst 2024 dürften diese wieder merklich steigen.
Der Finanzdirektor blickt jedenfalls zuversichtlich in die Zukunft: 2024 könne
ohne Sparpaket oder Steuererhöhung wieder ein ausgeglichenes Budget erreicht
werden, ist Bossard überzeugt.
Obwalden mit steigenden Schulden
Mit roten Zahlen kämpft seit mehreren Jahren auch der
Tiefsteuerkanton Obwalden. Die Rechnung für das vergangene Jahr schloss zwar
bei einem Aufwand von 299,4 Millionen mit einem Plus von einer knappen Million
Franken ab, nachdem das Budget ein Defizit von knapp 2 Millionen vorgesehen
hatte. Diese Verbesserung war aber zu einem grossen Teil dem um 5,9 Millionen
Franken höheren Kantonsanteil am Reingewinn der Nationalbank zuzuschreiben.
Anstehende Investitionen und die Folgen der Corona-Pandemie werden in den
nächsten Jahren die finanzielle Situation von Obwalden verschärfen.
Damit der Kanton für seine künftigen Ausgaben mehr fremdes
Geld aufnehmen kann, wurde die Schuldenbremse gelockert. Der Kantonsrat hat
dafür eine Änderung des Obwaldner Finanzhaushaltsgesetzes genehmigt. Der Rat
erhöhte dabei den sogenannten Nettoverschuldungsquotienten von 100 auf 130
Prozent. Dieser Wert gibt an, welcher Anteil der Steuererträge nötig wäre, um
die Nettoschuld abzutragen.
Um die Zügel bei der Verschuldung nicht zu stark zu lockern,
baute das Kantonsparlament zwei Hürden ein. Zum einen muss nicht nur das
Budget, sondern müssen auch die drei folgenden Finanzplanjahre die Vorgaben
einhalten. Einen entsprechenden Antrag der vorberatenden Kommission hiess der
Rat gegen den Willen der Regierung gut. Zum anderen muss der Kanton bereits ab
einer Nettoverschuldung zwingend Budgetüberschüsse ausweisen. Die Regierung
dagegen hatte dies erst ab einer höheren Verschuldung vorgesehen, um mehr
Spielraum zu erhalten, fand aber im Parlament keinen Rückhalt. Vielmehr musste
sie sich kritische Worte anhören. Nur mit der Gesetzesänderung könne der
Kantonshaushalt nicht im Gleichgewicht gehalten werden, hiess es. Es müssten
umgehende weitere Entlastungsmassnahmen erarbeitet werden. Auch von
«schmerzhaften Eingriffen» war die Rede.
Das Obwaldner Budget 2021 für dieses Jahr peilt bei einem
Aufwand von 326,6 Millionen einen Ertragsüberschuss von 1,1 Millionen Franken
an. Dafür müssen aber 8,1 Millionen Franken aus der Schwankungsreserve
entnommen werden. Gemäss dem Regierungsrat ist wegen der Corona-Pandemie ein markanter
Rückgang der Steuererträge wahrscheinlich. Ein ausgeglichenes Budget könne ohne
Auflösung von Schwankungsreserven nicht erreicht werden. Ein neues
Entlastungspaket mit Leistungsabbau oder Ertragsanpassungen ist für die
Kantonsregierung nach den Spar- und Verzichtplanungen der jüngeren
Vergangenheit sowie der Steuererhöhung im Jahr 2019 «vorderhand nicht
angebracht».
Die Nettoinvestitionen werden auf 19,8 Millionen Franken
veranschlagt. Die Schwerpunkte bilden die Hochwasserschutzmassnahmen im
Sarneraatal, die Schutzwaldpflege und die A8-Umfahrung Kaiserstuhl. Das
Jahrhundertprojekt für den Hochwasserschutz an der Sarneraa wird nach neuesten
Berechnungen am Ende 144,1 Millionen Franken verschlingen – 29 Millionen
Franken mehr als geplant. Mittelfristig stehen mehrere Hochbauprojekte auf der
politischen Agenda, zum Beispiel für die Psychiatrie und die Polizei.
Uri mit erstem Minus seit 2005
Als einziger der sechs Zentralschweizer Kantone hat Uri im
vergangenen Jahr ein Defizit eingefahren. Uri schloss das Coronajahr 2020 bei
einem Aufwand von 423,6 Millionen mit einem Minus von 8,2 Millionen Franken ab
und rutschte damit erstmals seit 2005 in die roten Zahlen. Insbesondere die
Nationalbank verhinderte aber Schlimmeres. Ihre Ausschüttung fiel mit 11,4 Millionen
Franken doppelt so hoch aus wie erwartet. Das Budget hatte einem
Aufwandüberschuss von 13,8 Millionen Franken vorgesehen. Im Vorjahr hatte der
Kanton noch einen Überschuss von knapp 7 Millionen Franken ausgewiesen.
Quelle: Angel Sanchez
Der Kanton Uri steckt viel Geld in den Um- und Neubau des Kantonsspitals in Altdorf.
Dass sich die finanzielle Situation des Kantons
verschlechterte, hing auch mit dem Ertrag aus dem nationalen Finanzausgleich
zusammen, der um 4,2 Millionen Franken schrumpfte. Hauptverantwortlich für das
Defizit war aber nach Angaben der Regierung die Corona-Pandemie. So gingen die
Steuererträge um 4,4 Millionen auf 89,1 Millionen Franken zurück. Sie blieben
damit nicht nur unter dem Budgetwert, sondern lagen auch tiefer als im Vorjahr.
Im vergangenen Jahr hat der Kanton Uri sehr viel investiert,
vor allem beim Kantonsspital und beim neuen Kantonsbahnhof in Altdorf. «Die
Investitionen, insbesondere beim Kantonsspital und beim Kantonsbahnhof, sind
richtig und wichtig», so Finanzdirektor Urs Janett (FDP). Die
Nettoinvestitionen betrugen 56,3 Millionen Franken – 9,6 Millionen weniger aus
als im Budget vorgesehen. Netto wurden 28,6 Millionen für Hochbauten und 14,6
Millionen Franken bei den Kantonsstrassen aufgewendet. Die hohen Investitionen
wirkten sich auf das Nettovermögen aus. Dieses schmolz im Vergleich zum Vorjahr
um fast 50 Millionen auf 18,8 Millionen Franken. Der Selbstfinanzierungsgrad
betrug 13,4 Prozent.
Auch in diesem Jahr rechnet der Kanton mit einem Defizit.
Der Voranschlag sagt einen Fehlbetrag von 7,9 Millionen Franken voraus. Der
Aufwand steigt gegenüber dem Vorjahresbudget um 10,2 Millionen auf 439,5
Millionen Franken. Der Ressourcenausgleich des Bundes schrumpft um 3,1
Millionen Franken. Zudem wirkt sich die Corona-Krise auf die Steuereinnahmen
aus: Uri rechnet mit einem Rückgang um 1,1 Millionen bei den kantonalen Steuern
und um 0,5 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer. Die Regierung
sprach von einem «guten Budget angesichts der Umstände». Die Vorgaben der
Defizitbeschränkung würden eingehalten. Ein Spar- und Massnahmenpaket sei
vorerst nicht nötig.
Weil in diesem Jahr nochmals sehr hohe Investitionen
anfallen, muss sich der Kanton verschulden. Das Nettovermögen von 30 Millionen
wird Ende 2021 zu einer Nettoschuld von 38 Millionen Franken. Die
Nettoinvestitionen liegen mit 68,9 Millionen Franken über den Zahlen der
letzten Jahre, insbesondere wegen des Spitalneubaus und des geplanten Starts
der West-Ost-Verbindung. Das Kantonsparlament segnete das Budget ohne grosses
Murren ab, auch wenn da und dort der Ruf nach «echten Massnahmen» ertönte.