Naturkatastrophen: Ein 100-Milliarden-Megaprojekt zur Rettung von Tokio
Taifune, Tsunamis, Erdbeben, Hochwasser: Tokio wird ständig von Naturgewalten bedroht. Durch den Klimawandel werden solche Ereignisse immer häufiger und stärker. Abhilfe schaffen soll das milliardenschwere «Tokyo Resilience Project».

Quelle: Ryo Yoshitake, unsplash
Die Stadtverwaltung will Tokio mit zahlreichen Massnahmen vor Naturkatastrophen schützen.
Das «Tokyo Resilience Project» (TRP) ist wahnsinnig ambitioniert. 17 Billionen Yen (rund 101 Mrd. Franken) will die Stadtverwaltung darin investieren und die Stadt damit auf jede erdenkliche Katastrophe vorbereiten. Denn Tokio zählt durch seine geographische Lage zu den erdbebengefährdetsten Regionen der Welt: Die Stadt befindet sich am Pazifischen Feuerring und damit am Schnittpunkt von vier tektonischen Platten.
Bedroht wird die Metropole aber auch von Tsunamis und von Taifunen aus dem Pazifischen Ozean oder von den über 100 teilweise aktiven Vulkanen im Land. Diesen Umstand hat Tokio in der Vergangenheit bereits gespürt: die Stadt wurde im Laufe ihrer Geschichte mehrfach dem Erdboden gleichgemacht. Daraus wurden aber stets Lehren gezogen. So wird die Infrastruktur heute etwa durch modernste Technik vor Erdbeben geschützt.
Da Überschwemmungen oder Stürme durch den Klimawandel noch verstärkt werden, überrascht es nicht, dass sich die Stadtverwaltung Gedanken über die Zukunft von Tokio macht und für die nächsten 100 Jahre vorsorgen will. Daraus ist das «Tokyo Resilience Project» (TRP) entstanden. Das im Dezember 2022 vorgestellte Projekt erstreckt sich über 18 Jahre und umfasst zahlreiche Massnahmen zum Schutz der Stadt vor Naturkatastrophen.
Unterirdisches Hochwassersystem wird erweitert
Zu den Plänen des TRP gehört die Verstärkung von
Unterseekabeln und der Bau von riesigen Flutstollen. Auch sollen bestehende
Flüsse verbreitert werden, um bei Überschwemmungen grössere Wassermengen
bewältigen zu können. Tokio wird von mehr als 100 Flüssen und Kanälen
durchzogen, zudem liegt ein Fünftel des Stadtzentrums unterhalb des
Meeresspiegels – Hochwasser ist somit eine ständige Bedrohung.
In diesem Zusammenhang wurde bereits vor rund 20 Jahren mit
dem sogenannten «G-Cans» ein gewaltiges, unterirdisches Hochwassermanagementsystem
geschaffen. Dieses leitet Hochwasser aus den Flüssen durch ein Tunnelnetzwerk
in fünf riesige Betonkavernen, die rund 65 Meter hoch und 32 Meter breit sind und rund 50 Meter unter der Erde liegen. 17 Jahre lang wurde am
System gebaut, die Kosten beliefen sich auf umgerechnet über 1,7 Milliarden
Franken.
Das TRP will aber noch einen Schritt weiter gehen und das bestehende System erweitern. Durch neue Umleitungskanäle und Tunnel soll sich die Kapazität des «G-Cans» verdoppeln und ein insgesamt 13 Kilometer langes Netzwerk entstehen. Für den Bau soll eine Tunnelbohrmaschine mit einem Durchmesser von fast 12 Metern eingesetzt werden. Zudem werden die Tunnelwände mit Stahlbetonringen verstärkt.
Ein Video zeigt die Pläne des «Tokyo Resilience Projects». (Quelle: 東京都政策企画局 / Youtube-Kanal des Büros für Politik und Planung der Stadtverwaltung von Tokio)
Erdbebensichere Wolkenkratzer und Feuerschneisen
Auch Wolkenkratzer werden im Zuge des TRP vor Naturkatastrophen geschützt, unter anderem gegen Erdbeben. Ein Beispiel dafür ist der 2023 fertiggestellte Mori JP Tower. Er verfügt über unabhängige Energieversorgungen, Lagerräume mit Lebensmittelvorräten und weitere Systeme, die auch nach einer Katastrophe funktionieren. Zudem minimieren spezielle Dämpfer, die im Gebäude verbaut sind, Schwankungen bei Erdbeben.
Die Stadtplanung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Grossprojekt: Stadtviertel mit vielen Holzhäusern, die in der Vergangenheit verheerende Feuerstürme verursachten, werden mit Feuerschneisen, unterirdischen Versorgungsleitungen und neuen, feuerfesten Gebäuden ausgestattet. Zusätzlich werden massive Deiche errichtet, um die Stadt vor Tsunamis zu schützen. Und über 400 Brücken werden erdbebenertüchtigt.
Das «Tokyo Resilience Project» ist in seinem Umfang und seiner Zielsetzung wohl beispiellos. Die darin enthaltenen Ansätze, Massnahmen und ingenieurtechnischen Konzepte und Ideen dürften auch für andere Länder interessant sein. Man darf gespannt sein, welche Projekte in den kommenden Jahrzehnten noch umgesetzt werden.
Weitere Informationen zum «Tokyo Resilience Project» unter: tokyo-resilience.metro.tokyo.lg.jp/en