Mulegns: Vom Engpass zum Kulturdorf
Bei viel Verkehr auf der Julierstrasse wird Mulegns zum Nadelöhr, die Durchfahrt ist nur einspurig möglich. Damit Autos und LKW mehr Platz erhalten, müsste die historische Weisse Villa zumindest teilweise weichen. Soweit kommt es nicht. Dank der Stiftung „Nova Fundaziun Origen“ wird sie lediglich versetzt. Das Projekt ist auf der Zielgeraden - aber noch ist nicht alles Geld beisammen.
Quelle: zvg
Weil die Julierstrasse einspurig durch Mulegns führt, hat es immer wieder Unfälle gegeben.
Mulegns leidet schon länger unter einem Engpass: Wer auf der Julierstrasse unterwegs ist und das Dorf quert, kann dies nur einspurig. Laut Bündner Tagblatt hat dies schon zu mehreren Unfällen geführt, denn die Verhältnisse sind derart beengt, dass Personen- und Lastwagen bei Gegenverkehr jeweils zurück manövrieren müssen.
Seit zwei Jahrzehnten bemüht sich der Kanton darum, die Situation zu entschärfen. Der Grund, weswegen entsprechende Massnahmen bislang nicht realisiert worden sind: Um mehr Platz für den Verkehr zu schaffen, müsste mindestens ein Teil der sogenannten Weissen Villa, ein herrschaftliches Wohnhaus aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, abgebrochen werden. In denkmalpflegerischer Hinsicht beeinträchtigte ein solches Projekt die Ortschaft. Gemäss Bündner Heimatschutz verfügt Mulegns über „eines der am besten erhaltenen Ortsbilder im Kanton“.
Versetzung statt Abbruch
Doch nun ist es so weit. Die schwierige Verkehrssituation wird beruhigt und Mulegns kann beinahe so bleiben, wie es ist: Die Weisse Villa wird erhalten. Möglich macht dies die letztes Jahr für ihre Wiederbelebung von Mulegns mit dem Wakkerpreis ausgezeichnete Stiftung "Nova Fundaziun Origen" mit ihrem im April initiierten Projekt "Mulegns Retten". Sein Herzstück bildet die Verschiebung des Weissen Hauses.
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Wird erhalten - aber verschoben: die Weisse Villa.
Die Baubewilligung für das Vorhaben ist erteilt, wie die Stiftung schreibt. Zudem sei die Planung der Baumassnahmen weit fortgeschritten. Durch den Schulterschluss zwischen dem Bündner Tiefbauamt, der Gemeinde Surses, zu welcher Mulegns gehört, und der "Nova Fundaziun Origen" habe eine konstruktive Lösung erarbeitet werden können, die eine massvolle Strassenkorrektion ermögliche, die denkmalpflegerischen Interessen erfülle, zur Wohnqualität im Dorf beitrage und das schützenswerte Dorfbild erhalte, heisst es dazu in der Medienmitteilung der Stiftung
Ein Kulturdorf mit Reisemuseum
Allerdings umfasst „Mulegns Retten“ weit mehr. Die Stiftung beabsichtigt nicht nur, die Villa zu erwerben, sondern auch das Post-Hotel Löwen. Zum Hotel gehören neben Hauptgebäude und dem nicht ganz neuen „Neubau“ mit Jugendstilsaal noch ein kleines Elektrizitätswerk, Pferdeställe, ein Posthaus und eine vollständig erhaltene Schmiede. Die Bauten sind stark sanierungsbedürftig. Unter anderem sollen die Dächer instandgesetzt werden, um Wassereinbrüche zu verhindern.
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Ein Stück Reisegeschichte: das Post Hotel Löwen.
Zudem ist geplant, die Inventare der Weissen Villa und des Hotels zusichten, zu erfassen und schliesslich zu lagern. Ein Teil davon dürfte später im geplanten Reisemuseum zu sehen sein. Denn in Mulegns soll laut Stiftung „ein einzigartiges, innovatives Kulturdorf“ entstehen, das „vom Reisen in all seinen Facetten erzählt“ heisst es weiter. Doch auch bevor es so weit ist, soll es bereits einiges zu sehen geben: Die Stiftung will die Renovationsarbeiten öffentlich zugänglich machen und so zur Sensibilisierung für die historische Substanz beitragen.
Noch fehlen 1,9 Millionen Franken
Insgesamt sind 3.7 Millionen Franken für die Finanzierung der Rettungsaktion sichergestellt. Sie stammen überwiegend von privaten Förderern. Um das Projekt ganz umsetzen zu können braucht es allerdings noch weitere 1,9 Millionen.
Origen-Intendant Giovanni Netzer ist zuversichtlich, dass das fehlende Geld bis Ende Jahr vorhanden sein wird: „Die kommenden Wochen werden für das Projekt von grosser Bedeutung sein. Bis Ende September erwarten wir wichtige Beschlüsse seitens der öffentlichen Hand und von einigen kulturfördernden Stiftungen, mit denen wir im Gespräch stehen.“ Besonders wichtig seien die Beiträge von privaten Förderern, man sei dankbar um kleine und grosse Beiträge.
Läuft die Finanzierung nach Wunsch, erfolgt der Spatenstich für die Weisse Villa diesen Oktober. „Damit das Kantonale Tiefbauamt die Verbesserung der Ortsdurchfahrt in Mulegns in Angriff nehmen kann, ist ein Baubeginn im Oktober notwendig“, erklärt Netzer. – Ab Juli nächsten Jahres fällt die Julierstrasse an den Bund. (mai)