Monovalent oder monoenergetisch
Leider fallen Heizleistung und Effizienz einer Wärmepumpe mit steigendem Temperaturhub – also der Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle (zum Beispiel der Aussenluft) und Wärmesenke (dem Heizungssystem). Während die Temperaturen der Wärmequellen «Erdreich» und «Grundwasser» ganzjährig mehr oder weniger unabhängig von Schwankungen sind, schwankt der Temperaturhub bei Luft/Wasser-Wärmepumpen erheblich.
Im Renovierungsmarkt sind Luft/Wasser-Wärmepumpen sehr beliebt, weil der Installationsaufwand vergleichsweise gering ist und häufig – besonders bei liebevoll angelegten Gärten – eine Erdsondenbohrung für eine alternative Sole/Wasser-Wärmepumpe als Quellenerschliessung nicht in Frage kommt.
Bei niedrigen Aussentemperaturen etwa im Winter, wenn auch die höchsten Heizungsvorlauftemperaturen erforderlich sind und die höchste Heizleistung benötigt wird, ist die Heizleistung und Effizienz von Luft/Wasser-Wärmepumpen am niedrigsten. Üblicherweise werden Luft/Wasser Wärmepumpen daher so ausgelegt, dass die Wärmepumpe bis zu einer Aussentemperatur von beispielsweise minus 7 Grad Celsius, dem sogenannten Bivalenzpunkt, respektive Aussentemperatur für die Dimensionierung von Heizungsanlagen gemäss SIA, den Wärmebedarf des Gebäudes abdecken kann.
Unterhalb des Bivalenzpunkts wird die Wärmepumpe in der Regel durch eine elektrische Zusatzheizung unterstützt. Diese Auslegung wird «monoenergetisch» genannt.
Der Strombedarf der elektrischen Zusatzheizung liegt bei der wirtschaftlich vernünftigen monoenergetischen Auslegung bei etwa 1 bis 2 Prozent der gesamten Heizenergie, fällt also kaum ins Gewicht. Problematisch ist diese monoenergetische Auslegung dann, wenn der Wärmebedarf deutlich höher ist als geplant, zum Beispiel durch falsche Angaben oder nachträgliche Anbauten, und sich der Bivalenzpunkt dadurch in den Bereich über 0 Grad Celsius verschiebt. Dann springt die Zusatzheizung zu häufig an und ihr Anteil steigt auf bis zu 10 Prozent der Heizenergie – und kann damit 30 Prozent des Heizstroms ausmachen.
Durch neuere Technologien, insbesondere beim Kompressor, kann diese Aufgabe zumindest teilweise gelöst werden. Bei Scroll-Verdichtern ist die Heizleistung nicht mehr so stark abhängig vom Druckverhältnis im Kältekreis wie bei den früher überwiegend eingesetzten Hubkolbenverdichtern. Bei Scroll-Verdichtern mit Dampfeinspritzung in die Spirale zur Zwischenkühlung des komprimierten Gases ist die Heizleistungskurve vergleichsweise flach. Die Effizienz ist allerdings auch bei diesen Verdichtern bei grossen Druckverhältnissen nur gering. Dies fällt jedoch bei der Ermittlung der Jahresarbeitszahl nur unwesentlich ins Gewicht, da derartige Zustände – Aussentemperaturen um minus 15 Grad Celsius – nur wenige Stunden oder Tage im Jahr auftreten.
Leider sind auch mit den neuen Verdichtern mit Dampfeinspritzung bei Standardgeräten kaum Vorlauftemperaturen über 60 Grad Celsius zu erreichen. Wird die Standard-Wärmepumpe im Neubau eingesetzt, ist dies nicht problematisch. Selbst wenn hier keine Flächenheizsysteme (Niedrigtemperatur) eingesetzt werden, können normale Heizkörper mit grossem konvektivem Anteil so grosszügig dimensioniert werden, dass sie bei 45 oder 50 Grad Celsius Vorlauftemperatur die geforderte Heizleistung abgeben können. Im Altbau lassen sich nachträglich nur schwer Flächenheizungen einbauen. Auch grosszügig dimensionierte Heizkörper, die mit 60 Grad Celsius Vorlauftemperatur auskommen, lassen sich in den dafür vorgesehenen Heizkörpernischen oft nicht unterbringen, da die Heizleistungen, die pro Heizkörper zu erbringen sind, im Altbau wegen der schlechteren Wärmedämmung und der daraus resultierenden grösseren Heizlast mehr als doppelt so gross sein können wie im Neubau. Diese Verhältnisse rufen nach der Sanierung der Gebäudehülle.
Wird die Wärmepumpe darüber hinaus auch für die Warmwasserbereitung genutzt, können mit einer maximalen Heizungs-Vorlauftemperatur von 60 Grad Celsius mit bestehender Technik (Warmwasserspeicher mit üppig dimensioniertem Glattrohrwärmeaustauscher) nur wenig über 50 Grad Celsius Warmwassertemperatur erreicht werden. Dies genügt dann nicht, wenn Legionellen im Trinkwasser bekämpft werden sollen. Warmwassertemperaturen über 50 Grad Celsius können bei konventionellen Wärmepumpen nur mit Hilfe direkt elektrischer Nacherwärmung erreicht werden, was natürlich einen höheren Stromverbrauch bewirkt und sich negativ auf die Arbeitszahl für die Warmwasserbereitung auswirkt.
Um sinnvoll Vorlauftemperaturen über 60 Grad Celsius auch bei niedrigen Quellentemperaturen bereitstellen zu können, muss die Kompression des Kältemittels so effizient wie möglich erfolgen. Sehr effizient ist eine mehrstufige Verdichtung mit Zwischenkühlung, wobei der Mitteldruck idealerweise beim geometrischen Mittelwert zwischen Hoch- und Niederdruck liegt. Hier wird eine 2-stufige Kompression mit zwei drehzahlgeregelten Verdichtern realisiert, wobei die Drehzahlen der Verdichter so geregelt werden, dass der ideale Mitteldruck erreicht wird. Die Zwischenkühlung erfolgt durch die Einspritzung von unterkühltem Kältemittel, das mittels Economizer teilweise verdampft wurde.
Mit dieser Technologie lassen sich hohe Vorlauftemperaturen und hohe Warmwassertemperaturen vergleichsweise effizient bereitstellen. Für die Heizung ist dies in Bild 4 (unten) beispielhaft für ein Heizsystem mit maximal 75 Grad Celsius Vorlauftemperatur dargestellt. Das Diagramm zeigt, dass die dargestellte Wärmepumpe bei niedrigen Druckverhältnissen ähnlich effizient ist wie eine herkömmliche Luft/Wasser-Wärmepumpe mit modernster Technologie – dabei aber einen deutlich erweiterten Einsatzbereich abdecken kann.
Das Ende der blauen Kurve stellt die Einsatzgrenze des Scrollverdichters mit Zwischeneinspritzung dar. Ein Heizungssystem mit einer Auslegungsvorlauftemperatur von 75 Grad Celsius benötigt unterhalb einer Aussentemperatur von minus 3 Grad Celsius eine Vorlauftemperatur von mehr als 60 Grad Celsius, sodass eine Wärmepumpe mit einer maximalen Vorlauftemperatur von 60 Grad Celsius unterhalb von minus 3 Grad Celsius Aussentemperatur nicht mehr betrieben werden kann und dies auch nicht den Vorschriften der kantonalen Musterenergieverordnungen MuKEn gerecht werden würde. Der Heizbetrieb müsste dann über beispielsweise eine elektrische Zusatzheizung aufrechterhalten werden. Da diese dann aber bei abgeschalteter Wärmepumpe arbeitet, anstatt sie, wie beim monoenergetischen Betrieb, nur zu unterstützen, liegt der Strombedarf der elektrischen Zusatzheizung in diesem Fall nicht bei 1 bis 2 Prozent, sondern bei etwa 20 Prozent. Dadurch verschlechtert sich die Jahresarbeitszahl einer Luft/Wasser-Wärmepumpe mit Scroll-Verdichter mit Zwischeneinspritzung so erheblich, dass ihr Einsatz in Heizungsanlagen, die Vorlauftemperaturen über 65 Grad Celsius benötigen, praktisch nicht in Frage kommt.
Auch bei modernster herkömmlicher Wärmepumpentechnologie (Scroll mit Zwischeneinspritzung) sind Warmwassertemperaturen über 50 Grad Celsius nur mit Abstrichen bei der Effizienz erreichbar, da hier die elektrische Nachheizung oberhalb der Einsatzgrenze der Wärmepumpe zum Einsatz kommt.
Mit einer eigens dafür vorgesehenen Wärmepumpe kann dagegen selbst eine Warmwassertemperatur von 65 Grad Celsius allein erreicht werden. Nur mit dieser Technologie lässt sich daher eine vergleichsweise effiziente Legionellenbekämpfung realisieren. Bedingt durch die zwei Kompressoren kann ausserdem die Leistung in einem grösseren Bereich variiert werden, als dies mit nur einem Kompressor möglich wäre. Gute drehzahlgeregelte Verdichter können mit Drehzahlen zwischen 30 und 120 Hz betrieben werden, dies entspricht 25 bis 100 Prozent Heizleistung. Mit zwei drehzahlgeregelten Verdichtern ist eine Leistungsregelung von 12,5 bis 100 Prozent möglich. So kann eine Luft/Wasser-Heizungswärmepumpe gebaut werden, bei der die Wärmeleistung gegenläufig der normalen Charakteristik des Kältekreises verläuft, indem bei hohen Druckverhältnissen die Verdichter mit höchster Drehzahl betrieben werden und bei niedrigen Druckverhältnissen nur ein Kompressor mit der niedrigsten Drehzahl läuft. Damit entspricht der Verlauf der Heizleistung der Wärmepumpe genau dem Heizwärmebedarf eines Wohnhauses, wie in Bild 6 gezeigt. Der Anstieg der Leistung über etwa 10 Grad Celsius Aussentemperatur ist durch die Minimaldrehzahl des Verdichters bedingt.
Vorteilhaft ist auch, dass die Kälteleistung über den gesamten Bereich der Aussentemperaturen nahezu konstant ist. Dies bedeutet, dass Verdampfer und Luftmenge relativ klein ausfallen können – im Vergleich zu einer konventionellen Luft/Wasser-Wärmepumpe mit gleicher Leistung am kältesten Punkt etwa 60% kleiner. Durch diese Auslegung ist es möglich, die Luft/Wasser-Wärmepumpe monovalent zu betreiben. Am Auslegungspunkt wird die erforderliche Heizleistung bereitgestellt ohne dass die Wärmepumpe bei höheren Aussentemperaturen völlig überdimensioniert wäre, hohe Investitionen erfordern oder die Warmwasserbereitung zusätzlich erschweren würde. (Stephan Peterhans, ist Geschäftsführer der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz, FWS, Bern)